Togg-Chef Karakas: Zukunft sind fahrende Computer

Togg-Chef Karakas: Zukunft sind fahrende Computer
Copyright ©

Togg

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 2 min

Großen Illusionen gibt sich Gürcan Karakas nicht hin: „Weder Deutschland noch die Welt braucht einen weiteren Hersteller von E-Autos“, sagt der Chef des türkischen Herstellers Togg im Gespräch mit Elektroauto-News.net. Die Strategie müsse daher sein, sich voll und ganz auf die Bedürfnisse moderner Kunden zu konzentrieren. Und da sei es nun mal entscheidend, dass der Fahrer nicht von E-Mails abgeschnitten ist und dem Beifahrer nach 20 Minuten nicht langweilig wird.

Der Schlüssel heiße Consumer Electronics, glaubt Karakas. Nur eben auf Rädern. Heißt für ihn unterm Strich: „Ich möchte im Auto dasselbe machen können wie zuhause oder im Büro.“ Dazu brauche es eben einen riesigen Bildschirm mit eigener Kontrolle, ständige Vernetzung und hohe Rechenleistung. Auch er selbst, der gelernte Ingenieur und frühere Bosch-Manager, habe da umdenken müssen.

Traditionelle Autobauer hätten sehr, sehr lange gute Produkte entwickelt, sich aber eben zu wenig an den Wandel und die geänderten Wünsche angepasst. Die Pyramide klassischer Technologien mit ihren Hierarchien sei nicht mehr zeitgemäß, findet Karakas. Entscheidungen müssten heutzutage blitzschnell fallen – in kleinen Gruppen mit hoher Expertise. Da sei ein kleines, junges Unternehmen wie Togg gegenüber den etablierten Konzernen klar im Vorteil.

Bestehende Verbrenner-Modelle an E-Mobilität und Vernetzung anzupassen, bringe eben nicht die beste Lösung. Klüger sei es, mit einem weißen Blatt und einer kompletten Neukonstruktion anzufangen, findet Karakas. Von zentraler Bedeutung seien IT-Struktur und Prozessoren. Spätestens 2033, so seine Prognose, würden sich klassische Technik und digitale Ausstattung beim Wert eines Autos die Waage halten.

Großes Potenzial sieht der aus Antalya stammende Togg-Chef für sein Geburtsland. Die Türkei sei im Grunde deutlich untermotorisiert, aktuell aber immerhin schon Nummer acht der stärksten E-Auto-Märkte Europas. Dass man dort Autos mit hoher Qualität bauen könne, habe das Land mit 85 Prozent Export längst unter Beweis gestellt. Renault, Toyota oder Fiat ließen schließlich nicht ohne Grund am Bosporus fertigen. Eine eigene Marke könne da durchaus Erfolg haben. Den sanften Druck von Staatspräsident Erdogan sieht Karakas dabei sehr gelassen. Staatliche Unterstützung für die heimische Industrie sei doch etwas völlig Normales.

Ob die Pläne für das noch junge Unternehmen auch wirtschaftlich aufgehen, werde sich zeigen. „Wir sind sicherlich wettbewerbsfähiger als die Europäer“, glaubt Karakas, „womöglich aber nicht so stark wie die Chinesen.“ Am Ende werde es bei Togg sein wie überall. „Unternehmen machen Kosten – die Preise machen die Märkte.“

worthy pixel img
Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

Artikel teilen:

Wird geladen...

Ähnliche Artikel

VW: GTI wird zum 50. Jubiläum im ID. Polo rein elektrisch

VW: GTI wird zum 50. Jubiläum im ID. Polo rein elektrisch

Michael Neißendorfer  —  

Der ID. Polo GTI transferiert Volkswagens GTI-Philosophie erstmals in die elektrische Antriebsära – passend zum runden Jubiläum des Golf GTI aus 1976.

Chinas Rolle bei kritischen Rohstoffen wird zum Risiko

Chinas Rolle bei kritischen Rohstoffen wird zum Risiko

Sebastian Henßler  —  

60 kritische Rohstoffe, 80 Prozent der Elemente: Die neue US-Liste zeigt, wie stark moderne Technik von bekannten und kaum beachteten Metallen abhängt.

Natrium-Batterien stehen laut CATL kurz vor dem Durchbruch

Natrium-Batterien stehen laut CATL kurz vor dem Durchbruch

Daniel Krenzer  —  

Natrium-Batterien liefern zwar weniger Reichweite als Lithium-Batterien, haben aber auch einige Vorteile – unter anderem bei den Kosten.

Chile: SQM und Codelco besiegeln Lithium-Partnerschaft

Chile: SQM und Codelco besiegeln Lithium-Partnerschaft

Sebastian Henßler  —  

Chile ordnet seinen Lithiumsektor neu: SQM und der Staatskonzern Codelco bündeln ihre Aktivitäten im Salar de Atacama und schaffen dafür eine neue Gesellschaft.

E-Lkw: Neue Fallstudien zeigen Lösungen für Fernverkehr und Depots

E-Lkw: Neue Fallstudien zeigen Lösungen für Fernverkehr und Depots

Michael Neißendorfer  —  

Zwei neue Fallstudien des Öko-Instituts kommen zu dem Ergebnis, dass die Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs grundsätzlich technisch machbar ist.

Leapmotor will vier Millionen (E-)Autos pro Jahr verkaufen

Leapmotor will vier Millionen (E-)Autos pro Jahr verkaufen

Sebastian Henßler  —  

Leapmotor plant den großen Sprung: Mehr als vier Millionen Autos pro Jahr, eine Million bereits 2026. Wachstum und Expansion treiben den Hersteller an.