Eine neue Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) hat die zukünftige Kostenentwicklung emissionsfreier Lkw analysiert und dafür Kosten für Schlüsselkomponenten aus mehr als 200 Quellen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass emissionsfreie Lkw von schnell sinkenden Kosten für Batterien und Brennstoffzellen profitieren werden. Dies ermögliche eine schnelle Marktdurchdringung und trage zur Erreichung nationaler und internationaler Klimaziele bei, so das Fraunhofer ISI in einer aktuellen Mitteilung.
Nach heutigem Kenntnisstand seien dabei batterie-elektrische Lkw in den meisten Anwendungsfällen die vielversprechendste und kosteneffizienteste Technologie. Daraus folgen die Empfehlungen für Industrie und Politik, sich schnell auf den Aufbau von Produktionskapazitäten, eines flächendeckenden Ladenetzes inklusive Erweiterungen des Stromnetzes, sowie Regulierungen für emissionsfreie Lkw zu fokussieren.
Die notwendige Verringerung der Treibhausgasemissionen im Straßengüterverkehr erfordert einen schnellen Übergang zu emissionsfreien Lkw. Es ist jedoch aktuell unklar, wie schnell und mit welcher Technologie dieser Übergang vonstattengehen wird. Das verdeutlicht auch die rege Debatte um die Rolle von Elektro-Lkw und Wasserstoff-Lkw, insbesondere im schweren Straßengüterverkehr.
Gleichzeitig benötigen der Infrastrukturausbau, Netzerweiterungen, Anpassungen im Produktportfolio, Vorschriften zur CO2-Regulierung, oder mögliche Subventionen viel Zeit und Geld. Jedoch sollten solche Unsicherheiten weder Maßnahmen noch Investitionsentscheidungen in neue Technologien verzögern, so das Fraunhofer ISI in seiner Mitteilung. Dies führe vor dem Hintergrund begrenzter öffentlicher Budgets zu der Frage der Priorisierung auf vielversprechende Technologien, insbesondere beim Übergang von einer Förderung von Forschung und Entwicklung hin zur Markteinführung, die mit deutlichen höheren Ausgaben einhergeht.
Um die Debatte weiter voranzutreiben, haben Forscher:innen des Fraunhofer ISI in einer Studie, die kürzlich in Nature Energy veröffentlicht wurde, die zukünftige Kostenentwicklung für Schlüsselkomponenten – insbesondere Batterien und Brennstoffzellen – von emissionsfreien Lkw im Detail untersucht. Dazu wurden unterschiedliche Kostenentwicklungen aus der Literatur im Rahmen einer Meta-Analyse herangezogen und im Hinblick auf Robustheit, zeitliche Stabilität und Ambitionsniveau diskutiert. Zuletzt wurden ermittelte Kostenentwicklungen mit Zielkosten für den technologischen Durchbruch gemäß anderer Studien verglichen sowie in eine Gesamtkostenrechnung (TCO) eingebettet, um die Kosten von batterie-elektrischen Lkw und Brennstoffzellen-Lkw gegenüber Diesel-Lkw für die Jahre 2020, 2030 und 2040 zu vergleichen.
Kosten für Batterie- und Brennstoffzellensysteme sinken schneller als erwartet
Die Ergebnisse zeigen, dass die Kosten für Batterie- und Brennstoffzellensysteme für schwere Lkw deutlich schneller sinken werden, als in älteren Studien erwartet. So prognostiziert die Studie, dass Batteriesystemkosten bald unter 200 Euro je kWh fallen werden und in den späten 2040er Jahren auf 100 Euro je kWh sinken könnten. Ebenso werden die Kosten für Brennstoffzellensysteme in den späten 2030er Jahren vermutlich deutlich – auf rund 150 Euro je kW – sinken, wobei Prognosen aufgrund der geringeren kommerziellen Reife und Zweifeln hinsichtlich der Realisierbarkeit von Zielkosten mit größerer Unsicherheit behaftet seien.
Die Autor:innen der Analyse betonen die großen Herausforderungen, um sowohl die hohen Kostensenkungen als auch technischen Fortschritte für beide Technologien schnell und in der Praxis zu realisieren.
Nach heutigen Kenntnisstand stellen batterie-elektrische Lkw mit hoher Sicherheit die vielversprechendste Technologie dar, um mindestens das Kostenniveau von heutigen Diesel-Lkw zu erreichen und es für einige Anwendungsfälle teils sogar deutlich zu unterbieten. Gleichzeitig benötigen sie dafür auch weniger finanzielle Unterstützung als Brennstoffzellen-Lkw, die vermutlich gegen Wasserstoffknappheit und hohe Preise anzukämpfen haben. Neben dem Kostenaspekt profitieren batterie-elektrische Lkw auch von einer schnelleren, großskaligen Verfügbarkeit der Technologie am Markt.
Darüber hinaus zeigen weitere Studien, dass batterie-elektrische Lkw auch technisch – in Bezug auf erforderliche Reichweiten oder die Nutzlast – für die meisten Anwendungsfälle in der Logistik bereits heute geeignet sind. Wasserstoff-Lkw könnten sich hingegen als ergänzende Technologie für schwer elektrifizierbare Bereiche oder Spezialtransporte erweisen, insbesondere dann, wenn Wasserstoff für andere Sektoren in großem Umfang zur Verfügung steht. Daher erscheint eine öffentliche Förderung von Brennstoffzellen-Lkw für Forschung und Entwicklung sowie Erprobungen weiterhin angebracht.
Investitionen in Produktionsanlagen und Ladeinfrastruktur sind notwendig
Steffen Link, Hauptautor der Studie, leitet aus diesen Ergebnissen die folgenden Politik-Empfehlungen ab: „Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass die Kosten für emissionsfreie Lkw erheblich und schneller als erwartet sinken werden. Dies erfordert den schnellen Aufbau von großskaligen Produktionsanlagen, um die Marktdiffusion dieser Fahrzeuge zu fördern. Unsere Analyse und der aktuelle Kenntnisstand zeigen, dass batterie-elektrische Lkw die techno-ökonomische Wettbewerbsfähigkeit mit heutigen Diesel-Lkw für die meisten Anwendungsfälle in absehbarer Zeit erreichen dürften. Die priorisierte Förderung von batterie-elektrischen Lkw stellt somit eine politische No-Regret-Option dar, die Unsicherheiten verringert, begrenzte öffentliche Budgets besser nutzt und richtungsweisend für den Logistikmarkt agiert. Dies ist für einen schnellen Übergang zu emissionsfreien Lkw unerlässlich. Dafür müssen die Stromnetze und Ladeinfrastruktur schnell ausgebaut werden, um Verzögerungen zu vermeiden. Dies erfordert jedoch sofortige Investitionen.“
Quelle: Fraunhofer ISI – Pressemitteilung vom 20.06.2024