Mit einem innovativen Solar-Elektroauto will das Münchner Start-up Sono Motors für mehr Nachhaltigkeit auf unseren Straßen sorgen. Aber das Geld wurde knapp, als ein Investment scheiterte; Anfang des Jahres verhinderte nur eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampage das vorzeitige Aus des Projekts. In einem Interview mit dem Automobilclub ADAC erklären zwei der drei Gründer, Laurin Hahn und Jona Christians, wie es gelingen soll, als David gegen Goliath zu bestehen, wie es ist, eine junge Firma mit 100 Angestellten und weiteren 300 externen Projektmitarbeitern zu leiten und wie es sich anfühlt, durch eine Crowdfunding-Kampagne innerhalb von 50 Tagen mehr als 50 Millionen Euro einzusammeln.
„Wir haben uns 2012 gefragt, woran es bei der Elektromobilität hapert. Wir wollten sehen, wie man die Probleme – Preis, Reichweite, Infrastruktur – lösen kann“, erzählt Christians von den Anfängen des Projekts. Damals haben die Tüftler einen Renault Twingo „von vorne bis hinten umgebaut“ und mit Elektromotor und Akku, „den wir uns online aus China bestellt haben“ bestückt. „Und dann merkst du, dass ein Elektroauto kein Hexenwerk ist.“ Mit dem Twingo sind sie, mit dem Segen des TÜV, „mehrere Tausend Kilometer herumgefahren“, so Hahn.
Die mit diesem ungewöhnlichen Prototypen gewonnenen Erkenntnisse „waren extrem wichtig“, sagt Christians: „Wir zwei sind ja Autodidakten, ohne Studium, ohne Berufserfahrung. Jetzt haben wir viele Fachleute als Partner und Zulieferer im Boot. Im Projekt von Sono Motors sind heute 400 Menschen involviert.“
Angst und Risiko scheuen die Gründer nicht, wie Hahn erklärt: „Das gehört beim Unternehmertum immer dazu, dass man risikoaffin ist und Schritte wagt, die normalerweise niemand gehen würde“. Der Vorteil eines Projekts wie jenem von Sono Motors sei, dass sie „eben kein Autohersteller“ seien, „der seine bestehenden Fabriken auslasten muss, und der eine Verantwortung für Hunderttausende von Mitarbeitern hat.“ Deshalb könne das Start-up „schneller und entscheidungsfreudiger sein als etablierte Player“. Außerdem hätten sie „ein anderes Verständnis davon, wer unsere Kunden sind, und wie man sie am besten bedient.“
„Es gab viele Tiefpunkte“
„Es gab viele Tiefpunkte“, sagt Hahn. Der größte Fehler sei gewesen, „dem klassischen Weg eines Start-ups zu folgen: Du gründest, holst Investoren mit rein, blähst das Unternehmen auf, stellst dich als das große Einhorn dar und gehst als Gründer mit einer goldenen Nase raus“. Sono Motors wollte „zwar niemals alles verkaufen und in andere Hände geben“, sei aber „dieser Story doch irgendwie gefolgt, und das war ein Fehler.“
Die Trennung von einem großen Investor im November des vergangenen Jahres sei „ein Schlüsselmoment“ gewesen, so Christians: Nach der siebten Verhandlungsrunde sei „das Thema gekippt. Denn was wir davor vereinbart und an Perspektiven für Sono vereinbart hatten, stand überhaupt nicht mehr zur Debatte. Das war wie vom Tisch gefegt“, beklagt der Gründer. Es habe im Raum gestanden, „dass die Patente abwandern sollten und der Sion in Europa nicht auf die Straße kommen sollte. Es gab kein Interesse daran, dass Sono fortbesteht“.
Die Nachricht über die gescheiterten Verhandlungen „war für alle schockierend“, so Christians weiter. Auf einer unmittelbar daraufhin organisierten Deutschland-Tour mit Events in Köln, Stuttgart, Berlin, Hamburg und München sei die Stimmung wieder deutlich positiver geworden, „dass wir zusammenhalten, dass wir es gemeinsam schaffen können.“ Und nun, nach der erfolgreichen, 50 Millionen Euro schweren Crowdfunding-Kampagne sei das Start-up wieder „ein bisschen“ mehr dorthin zurückgekehrt, wo alles begann: „bei der Community“, sagt Hahn.
„Der Sion ist nicht das letzte Auto, das wir rausbringen wollen“
Mit dem Geld startet Sono Motors nun die nächste Prototypen-Phase, „das ist der Serienstand der Karosserie mit dem Seriendesign. Das werden wir im Herbst vorstellen. Das Geld reicht zumindest bis dahin“, sagt Hahn. Um dann die Produktion starten zu können, die in einem ehemaligen Saab-Werk in Schweden erfolgen soll, braucht das Start-up allerdings „noch einmal 200 Millionen Euro. Dann läuft die Finanzierung außer über Investoren und die Community auch über Banken.“
In dem Interview erklären die Gründer auch, mit welcher Strategie sie den Sion mit Stückzahlen von gut 40.000 im Jahr kosteneffizient auf die Straße bringen wollen. Hahn erklärt: „Erstens, wir nutzen nur Carry-over-Parts, so genannte Übernahmeteile. Zweitens, der Sion hat einen Aluminiumrahmen, und daher brauchen wir keine Presswerkzeuge. Das spart einen dreistelligen Millionenbetrag. Drittens, wir brauchen keine Lackierstraße. Noch ein dreistelliger Millionenbetrag weniger. Viertens, wir haben nur Online-Direktvertrieb. Damit ersparen wir uns das Händlernetzwerk, plus die Marge des Händlers von 15 bis 20 Prozent. Fünftens, wir haben keine eigene Fabrik, wir lassen fertigen. Mit erneuerbaren Energien, Sozialstandards und so weiter. Und sechstens: Der Sion kommt nur in einer Variante.“
Sobald der Sion auf dem Markt ist, „geht’s erst los“, sagt Hahn über die Zukunftspläne. „Der Sion ist nicht das letzte Auto, das wir rausbringen wollen“, außerdem arbeite das Start-up an Sharing-Services.
Quelle: ADAC – Sono Motors: „Aufgeben ist keine Option“