Der finanziell angeschlagene Autobauer Nissan hat aktuell mit weiteren Rückschlägen zu kämpfen und fährt in mehreren Werken die Produktion unterschiedlicher Fahrzeugmodelle zurück. Laut einem Reuters-Bericht hat Nissan in den USA die Produktion von drei Fahrzeugmodellen, die für den Export nach Kanada bestimmt sind, vollständig ausgesetzt. Grund sind die gegenseitigen Zölle, die die USA und Kanada auf Autoimporte aus dem jeweils anderen Land erheben.
Der Autobauer teilte in einer Erklärung mit, dass er die Produktion der SUV-Modelle Pathfinder und Murano sowie des Pickups Frontier eingestellt habe. Aus der Erklärung geht nicht hervor, wann die Produktion genau ausgesetzt wurde oder wie lange der Produktionsstopp voraussichtlich andauern wird. „Dies ist eine kurzfristige und vorübergehende Maßnahme, und wir bleiben zuversichtlich, dass die laufenden Gespräche zwischen der US-Regierung und der kanadischen Regierung in naher Zukunft zu einer erfolgreichen Einigung führen werden“, heißt es in der Stellungnahme.
Trotz niedriger Absatzzahlen in Kanada: Die Entwicklung unterstreicht die Probleme zahlreicher Autobauer
Nissan erklärte, dass seine meistverkauften Fahrzeuge in Kanada, zu denen die Modelle Versa, Sentra und Rogue zählen, alle entweder aus Mexiko oder Japan stammen und dass die Produktion aus diesen beiden Ländern 80 Prozent des kanadischen Absatzes ausmacht. Kanada ist zudem ein relativ kleiner Markt für Nissan: Im vergangenen Geschäftsjahr verkaufte das Unternehmen dort rund 104.000 Autos – in Mexiko verkauft der japanische Hersteller mehr als doppelt so viel. Der Absatz in Kanada entspricht außerdem nur gut 10 Prozent des Absatzes in den Vereinigten Staaten. Insgesamt machte Kanada im letzten Geschäftsjahr rund 3 Prozent des weltweiten Umsatzes von Nissan aus.
Der Produktionsstopp unterstreicht dennoch, mit welchen Schwierigkeiten global tätige Autobauer angesichts der Strafzölle der Trump-Regierung konfrontiert werden. Im April hatte die US-Regierung zusätzliche Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Autoimporte verhängt, woraufhin Kanada Vergeltungszölle einführte.
Noch vor Marktstart: Nissan schraubt Produktionsziele für den neuen Leaf zurück
Darüber hinaus hat der Hersteller jüngst auch seine Produktionsziele für den überarbeiteten Nissan Leaf zurückgeschraubt – und das, obwohl der neue Leaf bislang noch gar nicht auf dem Markt ist. Laut einem Bericht von Kyodo News hatten chinesische Exportbeschränkungen für Seltene Erden zu einem Mangel an Bauteilen geführt.
Der neue Leaf soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen und gilt als wichtiges Element in Nissans Bestrebungen, seine Kosten zu verringern und das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Konzernchef Ivan Espinosa hatte ein umfassendes Restrukturierungsprogramm angekündigt, zu dem auch Werksschließungen und Entlassungen gehören sollen. Schon im Mai hatte Espinosa angekündigt, bis 2027 sieben von insgesamt 17 Nissan-Werken zu schließen. Zudem will Nissan rund 20.000 Mitarbeiter entlassen, was rund 15 Prozent der globalen Belegschaft entspricht.
Laut einem Bericht des Branchenportals Automotive News will Nissan zudem den Produktionsstart zweier Elektromodelle verschieben, die im US-amerikanischen Canton, Mississippi, gebaut werden sollten. Ein internes Memo habe enthüllt, dass sich die Produktion um etwa zehn Monate verzögern werde. Nissan begründete den Schritt mit der zuletzt schwächeren E-Auto-Nachfrage in den USA, die auf die Abschaffung der Steuergutschrift durch die Trump-Regierung zurückzuführen sei. Eines der E-Autos soll unter der Marke Nissan produziert werden, der neue Produktionsstart wird nun mit November 2028 angegeben. Das zweite Elektromodell soll unter dem Dach der Marke Infiniti im März 2029 vom Band rollen.
Ratingagenturen bescheinigen dem Autobauer eine schlechte Bonität
Die US-Strafzölle setzen dem ohnehin kriselnden Autobauer also offenbar weiter zu. Nissan hatte in der Vergangenheit mit sinkenden Verkaufszahlen und einer veralteten Fahrzeugpalette zu kämpfen. Das Unternehmen meldete für das im März zuende gegangene Geschäftsjahr einen Nettoverlust von umgerechnet gut 3,8 Milliarden Euro und lehnte es ab, eine Prognose für das laufende Geschäftsjahr auszugeben. Nissan ist im aktuellen Geschäftsjahr außerdem mit fälligen Schulden in Höhe von rund 4 Milliarden Euro konfrontiert.
Die Bonität des Autobauers wurde inzwischen von allen drei großen Ratingagenturen auf „Junk“ herabgestuft. Zuletzt hatte Nissan offenbar mehrere seiner Zulieferer in Großbritannien und Europa um Zahlungsaufschub für Lieferungen gebeten – in der Automobilbranche sind Bitten um Zahlungsaufschub allerdings nicht unbedingt ungewöhnlich. Die Taktik wird von verschiedenen Autobauern genutzt um angespannte Liquiditätslagen zu verbessern.
Quellen: Reuters – Nissan says it has halted US production of three models sold in Canada / Automotive News – Nissan delays launch of 2 U.S.-made EVs amid pullback of federal incentives / Reuters – Nissan to scale back production plan for new EV due to China rare earth curbs, Kyodo reports