Nio: Verlust von 35.000 Dollar pro verkauftem Auto

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Sebastian Henßler
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  —  Lesedauer 3 min

Nio, ein chinesisches Elektroauto-Unternehmen, beschäftigt gut 11.000 Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung, verkauft jedoch nur 8000 Autos pro Monat. Trotz dieser scheinbaren Diskrepanz zwischen Investition und Absatz hat das Unternehmen in Technologie investiert, die es ihm beispielsweise ermöglicht, mit nur 30 Technikern jährlich 300.000 Elektroauto-Motoren zu produzieren.

Technologische Innovationen und finanzielle Herausforderungen

Ein weiteres Merkmal von Nio ist die Einführung von Augmented-Reality-Brillen für 350 Dollar pro Autositz und ein Mobiltelefon, das mit dem autonomen Fahrsystem des Autos interagiert. Doch trotz dieser technologischen Fortschritte hat das Unternehmen im zweiten Quartal einen Verlust von 835 Millionen Dollar verzeichnet, was einem Verlust von 35.000 Dollar pro verkauftem Auto entspricht, wie The New York Times in einem aktuellen Artikel berichtet.

Doch Nio ist nicht allein mit diesen Herausforderungen auf dem Pkw-Markt konfrontiert. Viele Unternehmen im chinesischen Elektroautomarkt erhalten erhebliche staatliche Unterstützung, die es ihnen ermöglicht, solche Verluste auszugleichen und weiter zu wachsen. Als Nio 2020 fast das Geld ausging, sprang die lokale Regierung ein und investierte eine Milliarde Dollar für einen Anteil von 24 Prozent am Unternehmen. Zusätzlich führte eine staatlich kontrollierte Bank eine Gruppe von Kreditgebern an, die weitere 1,6 Milliarden Dollar investierten.

Bedingt hierdurch ist es Nio gelungen in der Außenwirkung, insbesondere in Richtung Europa, stellvertretend für Chinas Führungsrolle bei der Elektroautoinnovation und -produktion zu stehen. Dies unterstreicht die wachsende Konkurrenz, die das Land für traditionelle Autoproduzenten in Europa und den USA darstellt.

Europäische Bedenken und Handelsbeziehungen

Bekanntermaßen wächst in Europa die Besorgnis über den Anstieg chinesischer Exporte. Die Europäische Union hat eine Untersuchung eingeleitet, um festzustellen, ob Elektroautohersteller in China übermäßig staatliche Subventionen erhalten haben. Dies könnte dazu führen, dass Europa Zölle verhängt. Chinas Exporte von Elektroautos sind allein in den letzten drei Jahren um 851 Prozent gestiegen, hauptsächlich nach Europa. China hat diese Untersuchung kritisiert und sie als „nacktes protektionistisches Verhalten“ bezeichnet.

Unternehmen wie Nio, das in europäischen Ländern wie Deutschland intensiv Marketing betreibt, sind auf Exporte angewiesen. Die große Frage ist, ob Nio auch genug Autos verkaufen kann, um seine umfangreichen Forschungs- und Investitionsbemühungen zu rechtfertigen. William Li, CEO und Mitbegründer von Nio, äußerte sich auf einer Pressekonferenz in Shanghai zu dieser Frage. Er betonte, dass er sich weniger um die Produktionskapazität als vielmehr um die Nachfrage sorge.

Marktdynamik und Lohnstrukturen

Die Elektroautoverkäufe wachsen schnell, aber China baut Fabriken für praktisch jede Elektroautokomponente noch schneller. Dies hat zu einem Überangebot an Kapazität geführt, was die Preise für Elektroautos unter die Preise für benzinbetriebene Autos gedrückt hat. Ein weiterer Vorteil für China ist die Lohnstruktur. Während Beschäftigte bei Autoherstellern in Großstädten wie Shanghai umgerechnet etwa 30.000 Dollar pro Jahr an Gehalt und Leistungen verdienen, sind die Löhne bei alteingesessenen Herstellern deutlich höher. Zum Vergleich: Ford gibt an, dass deren Arbeiter durchschnittlich 110.000 Dollar pro Jahr an Gehalt und Leistungen verdienen.

Die Frage die bleibt, ist die, ob es Nio schafft genügend Fahrzeuge abzusetzen, um künftig die Marge pro verkauftem E-Auto zu steigern. Chinas Elektroautohersteller halten laut The New York Times trotz anfänglicher Verluste durch. „Sie alle wissen, dass wir noch nicht die Gewinnschwelle erreicht haben, wir stehen unter großem Druck“, sagte Li von Nio. Aber er bekräftigte die technischen Investitionen des Unternehmens als „den Weg, den wir gehen sollten“.

Quelle: The New York Times – China’s E.V. Threat: A Carmaker That Loses $35,000 a Car

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Andebjoern:

Bei den Untersuchungen gegen die Chinesischen Autobauer frag ich mich immer wieder ob es wirklich im die Sanktionen hat oder ob man nicht eigentlich Angst hat VW und Co könnten Marktanteile verlieren. Zu dem sollte man doch eigentlich froh sein, dass China seine Autobauer subventioniert, da muss in Europe kein Geld dafür ausgegeben werden und trotzdem gibt es günstige E-Autos die sich auch ein Normalverdiener leisten kann und das ist es ja was wir brauchen um mehr E-Autos auf die Straße zu bringen, günstige qualitativ gute E-Autos.

Markus:

Das Gegenteil ist der Fall, eigentlich ist der feste Einbau von Batterien in Autos grober Unsinn, da es nur Nachteile bringt.
Leider ist NIO zu spät auf dem Markt, als das es möglich wäre dies zu ändern.
Hätte es NIO schon vor 12 Jahren parallel zu Tesla gegeben, hätten wir heute schon einige Probleme mit der E-Mobilität gelöst.
Reichweite, kein Problem, ich kann mir die Batteriegröße mieten, die ich für die nächste Fahrt benötige.
Dringend benötigte Speicherkapazitäten wären vorhanden, weil an den Wechselstationen ausreichend Speicher für die erneuerbaren Energien zur Verfügung stehen. Recycling wäre standardisiert, da es nur eine Batterie Bauform gibt, Die Autos wären günstiger, da ich die Batterie nicht kaufen muss und auch einfacher zu recyclen.
Die notwendige Leistung an den Ladestationen wäre geringer, da ich nicht kurzfristig mehrere 100 KW an Leistung zur Verfügung stellen muss, sondern die Batterien gleichmäßig über einen längeren Zeitraum laden kann. Die Lebensdauer der Akkus wäre wahrscheinlich länger usw, usw.
Aber leider haben sich die Autobauer nun auf ihre unsinnigen, fest eingebauten Batterien eingestellt.

Frank:

Das sehe ich etwas anders
Die Akkus könnten doch wunderbar als Speicher für Überschußstrom genutzt werden , der jetzt ins Ausland verschenkt wird
Zumindest wenn es nicht nur ein Auto Hersteller macht

Roman L.:

Endlich kennen einige die Kosten.
Wolfbrecht+24, wie viel? Wurde hier und auf anderen Portalen noch nicht berichtet. Welche Konditionen haben sie bei EnBW bekommen? Was zahlen sie der Gartenwelt Emsbüren für den Standort? Wie lang dauert und kostet somit die Produktion einer Station in Ungarn?
Bisher noch alles unbeantwortet.

panib:

Ich lese den Artikel nicht und ich habe auch nicht viel Ahnung von der Materie…
Aber kann es nicht auch sein, dass diese Autos ein Flop sein müssen, weil das Akku-Wechsel-Konzept völliger Unsinn ist?

Stefan:

Ja. Aber ein Auto darf nicht so wenig kosten, wie aktuell. Grund: In den Industrie Staaten geht es schon eher Richtung 3 Autos/Haushalt. Und das verbraucht immer mehr Ressourcen. Auch beim rum stehen. In Kombination, mit stark wachsender Weltbevölkerung, ein Teufelskreis. Auch wenn die Autos elektrisch fahren.

Stefan:

Und kommt ja auch aus China.

Gastschreiber:

Bei mir sind als Langstreckenfahrer beide aus der Wahl gefallen, Nio fand ich besser als Tesla, aber die Ladeleistung ist ein Witz, Tesla kann all das gut, was mit Batterie zusammenhängt, aber alles, was mit fahren zu tun hat empfinde ich hier als Witz.
Zu Nio, denke auch, dass sie hier keinen Stich machen, in diesen Preissegmenten, in denen Nio hierzulande unterwegs ist, gibt es Alternativen die für den Nutzer besser sein können. Im Niedrigpreissegment sieht das anders aus, da ist Nio aber nicht vertreten.

Johann:

Ein chinesisches Auto kostet in China etwa die Hälfte als bei uns.

Läubli:

Ja, das wissen wir ja schon lange und hier ist es nochmal beschrieben – aber danke für deinen Kommentar.

Mich stört nur, dass du einfach so locker flockig schreibst, «irgendwann müssen sie ihre Kosten in den Griff bekommen» das liest sich für mich recht vorwurfsvoll.

Was viel realer ist, dass ein Start-up wie NIO wo erst 9 Jahre am Markt ist und «die ganze Welt» erobern will, nicht sehr schnell grüne Zahlen schreiben KANN – das muss man verstehen können – gell. Da kann NIO nichts dafür, dass die Kosten noch nicht im «Griff» sind, das weiss man, wenn man die Betriebswirtschaft ein wenig versteht. Ein Start-up Unternehmen, das in einer relativ «stillen Expansion» ist, hat meistens nach einigen Jahren den Break-Even-Point erreicht, ein Start-up hingegen wie NIO, die Unmengen an laufenden und neuen Investitionen tätigen MÜSSEN, also in gewaltiger Expansion stecken, und dies auch MÜSSEN, damit sie überhaupt eine Chance haben, brauchen dazu häufig ein gutes Jahrzehnt oder länger. Die Autoindustrie ist eine Investitionsbranche, die seinesgleichen sucht. Das heisst: hier musst du i.d.R. Milliarden investieren, BEVOR du verdienen kannst. Vergiss bitte auch nicht, dass sowas sehr viel Mitarbeiter braucht – bei NIO aktuell ca. 14’000 MA! Diese wollen vom ersten Tag an ihren Lohn haben! Wer bezahlt das? Was denkst du? Ohne dass die Firma auch nur einen Penny verdienen kann.

Ich möchte es NIO gönnen – aber der Weg ist sehr schmal, auch für subventionierte Firmen wie die Chinesen. Ich bin gespannt, sehe aber die reinen Vorteile von NIO für den Konsumenten eher zu knapp, als dass es ein Game Changer werden könnte. Denke auch daran: heute ist sowas etliches schwieriger, als zu Zeiten von Tesla… obwohl NIO ja nicht viel jünger ist, aber sie sind mit ihren Benefits schon bald zu spät unterwegs, um sehr innovativ zu sein.

Wenn du das auch in etwa so gemeint hast, bist du jetzt wieder mein Freund. :)

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