Deutsche verursachen im Schnitt 1 Kilo Reifen- und Fahrbahnabrieb pro Jahr

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Michael Neißendorfer
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  —  Lesedauer 3 min

Gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Carnegie Mellon University (CMU), Pittsburgh, hat das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) in einer Fachpublikation den Forschungsstand zum Thema Reifen- und Fahrbahnabrieb zusammengetragen. Der peer reviewed Artikel mit dem Titel „Review: Mitigation measures to reduce tire and road wear particles“ beschreibt technische und nicht-technische Maßnahmen, mit denen sich Emissionen aus Reifen- und Fahrbahnabrieb in die Umwelt vermeiden und bereits eingetragene Mengen reduzieren lassen.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass Reifenabrieb eine relevante Quelle für Mikroplastik ist. Dies resultiert bereits aus der Zahl von rund 1,5 Milliarden weltweit zugelassener Kraftfahrzeuge im Jahr 2023. Alleine in den USA waren im ersten Quartal 2023 gut 286 Millionen Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs. In Deutschland wurden nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts KBA zu diesem Zeitpunkt fast 70 Millionen KFZ und KFZ-Anhänger gezählt. Fraunhofer UMSICHT schätzt die jährlich entstehende Menge an Reifenabrieb hierzulande auf 60.000 bis 100.000 Tonnen – was bei mehr als 80 Millionen Einwohner:innen einem rechnerischen Mittel von gut 1000 Gramm Reifenabrieb pro Kopf und Jahr entspricht.

Weitestgehend unbekannte Folgen für die Umwelt

Reifenabrieb tritt auf Straßen nicht als reines Material auf. Während der Fahrt reibt sich die Lauffläche des Reifens ab und verbindet sich mit Material der Fahrbahnoberfläche sowie weiteren Partikeln wie Sand, Straßenstaub oder sedimentiertem Feinstaub aus der Atmosphäre zu sogenannten TRWP (Tyre and Road Wear Particles). Durch Niederschläge, Wind oder fahrzeuginduzierte Aufwirbelung können TRWP dann von der Straße weiter in Luft, Wasser und Boden gelangen. Einmal dort angekommen, ist der Reifen- und Fahrbahnabrieb nur schwer wieder zu entfernen und verbleibt in der Regel über lange Zeit – mit noch weitestgehend unbekannten Folgen für die Umwelt.

Es gibt bereits heute Maßnahmen, die sich mindernd auf die Entstehung und Verbreitung von Reifen- und Fahrbahnabrieb auswirken. Hierzu zählen präventive Maßnahmen wie Geschwindigkeitsreduzierungen oder eine defensive Fahrweise sowie nachgelagerte Maßnahmen wie die Straßenreinigung oder passende Behandlungsmethoden bei der Straßenentwässerung.

Zudem setzen immer mehr technische Lösungsansätze zur Verringerung von TRWP-Emissionen bei den Fahrzeugen und Reifen an. Zu nennen sind zum Beispiel die optimale Verteilung von Antriebsmomenten oder die Steigerung der Reifenabriebresistenz. Ebenso werden regulatorische Maßnahmen eingeführt. So verständigte sich Mitte Dezember 2023 die EU auf die neue Schadstoffnorm Euro 7, in der es erstmalig Grenzwerte für Bremsen- und Reifenabrieb geben soll.

Studie zeigt Ist-Zustand auf

Um sich einen Überblick über bereits existierende technologische, regulatorische und verwaltungstechnische Maßnahmen und Entwicklungen gegen Reifenabrieb zu verschaffen, beauftragten die European Tyre & Rubber Manufacturers‘ Association ETRMA und die U.S. Tire Manufacturers Association USTMA im Jahr 2022 Fraunhofer UMSICHT und seine wissenschaftlichen Kooperationspartner KIT und CMU mit der Erstellung einer Studie.

Die im internationalen Journal „Science of The Total Environment“ online erschienenen Publikation „Review: Migration measures to reduce tire and road wear particles“ basiert auf der gleichnamigen Studie. Das Team um die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer UMSICHT hat aus mehr als 500 Fachliteraturquellen den aktuellen Stand an Minderungsmaßnahmen für TRWP zusammengetragen, kategorisiert und bewertet.

Auch zukünftige Mobilitätstrends wie die E-Mobilität und autonomes Fahren wurden berücksichtigt. Die Publikation schildert Wissenslücken und weist auf vielversprechende Forschungsfelder hin. Ralf Berling vom Fraunhofer UMSICHT sagt: „Wirksame Maßnahmen, die die Entstehung und Verbreitung von Reifenabrieb reduzieren, liegen uns nun übersichtlich vor. Jetzt gilt es, ins Handeln zu kommen und die Maßnahmen zeitnah anzuwenden.“

Quelle: Fraunhofer UMSICHT – Pressemitteilung vom 15.01.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Frank:

Alles völlig korrekt und wird auch von niemanden in Frage gestellt.

Es ging mir lediglich um schwarze breite teure Streifen auf dem Boden beim RANGIEREN von den bösen SUVs – die ich nirgends sehe?

Aber vielleicht handelte es sich bei dem Beitrag von Daniel um Ironie die ich nicht verstanden habe :-) — manchmal bin ich scheinbar etwas schwer von Begriff (das sieht Wolfbrecht übrigens auch so).

Holger Rudop:

Bei den Kondomen ist vermutlich weniger der Gummiabrieb das Problem;) Aber Gummiverbrauch ist’s natürlich durchaus und die Dinger landen ja letztendlich auch oft in freier Natur nicht eben umweltfreundlich entsorgt:(

Heinz Zurle:

Auch eine Frage des Fahrstils (und der jeweiligen Reifenmarke).
80.000 km halten bei mir Reifen eigentlich immer und haben dann noch respektables Profil, wenn ich sie doch austauschen lasse (Alter, Porösität..).

Heinz Zurle:

Mir wurde mal in einer Werkstatt gesagt, dass in den letzten Jahren schnellerer Reifenverschleiß zu beobachten sei wegen der zunehmenden Zahl an Kreisverkehren.
Klingt schon plausibel. Nichts gegen Kreisverkehre: Es ist dann halt so.

Und ich las auch mal, dass kurvenreiche Autobahnabschnitte merklich schneller an ihrer Fahrbahndecke verschleißen als kurvenarme. Ebenfalls plausibel. Als Beispiel wurde die Vogtlandautobahn genannt, die in den 1990ern fertiggestellt und freigegeben wurde.

Frank:

Wie wär’s wenn Du den Anfang des Threads lesen würdest?

Da wurde von Rangieren gesprochen – oder?

Rangieren – so wie man das in der Regel bein Ein- und Ausparken macht – und ja, da fährt man ganz enge Kurven ;-)

Doppel-Seuffz !

Wolfbrecht Gösebert:

„… das erklärt noch immer nicht warum […] keine „… breiten schwarzen teure Streifen …“ zu sehen sind“

«Seufffz»
Wie wär’s mal mit SINN-entnehmendem Lesen der Aussage „Wenn man enge Kurven fährt …“

Frank:

Danke für die Physikstunde – aber das erklärt noch immer nicht warum auf unserem Vorplatz keine „…breiten schwarzen teure Streifen…“ zu sehen sind. Das war er Inhalt meines Kommentars – oder?

Frank:

OK, mach ich – aber im Gegenzug versprichst Du mir den Begriff „Ironie“ zu googlen!

Wolfbrecht Gösebert:

„Nach dem Wegfall des bösen CO2 das durch Verbrenner generiert wird, fallen zudem ja auch leider noch die Einnahmen durch die Mineralölsteuer weg.“

«Pffft» – Dein Wissenstand scheint 2006 stehengeblieben zu sein!
Schon am 1. August 2006 wurde die Mineralölsteuer durch die Energiesteuer ersetzt. Über den wirklichen Verlauf der Erlöse daraus sowie aus der CO₂-Abgabe darfst Du Dich selber besser VORHER informieren bevor Du hier wieder Unzutreffendes postest!

Philipp:

Ein Reifen muss überspitzt gesagt auf der Strasse „kleben“. Das funktioniert nur, wenn er entsprechend weich ist. Damit ist er aber weniger robust gegen Abrieb. Wenn man ihn härter/robuster haben will, dann hat er weniger halt auf der Strasse und die Sicherheit und Komfort sinkt.

Es gibt Reifen mit geringerem Verschleiß für wohl jede Felge, die Sicherheitstest zeigen aber was das für Konsequenten hat.

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