Chinas Staatsmarke Hongqi kämpft um Anerkennung in Europa

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Hongqi

Wolfgang Gomoll
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Auf der Auto Shanghai 2025 präsentierte sich Hongqi nach dem Motto: „Nicht kleckern, sondern klotzen.“ Im Mittelpunkt stand das E-SUV E-HS5. Äußerlich folgt es mit schmalen LED-Schlitzen dem gängigen China-Design, doch die Technik kann sich sehen lassen – und zielt auf Konkurrenten wie den kantigen Yangwang U8. Das Sicherheitskapitel liest sich wie eine Bauanleitung für ein gepanzertes Auto: 9H4M-Struktur, 74,5 Prozent hochfeste Stähle, Crashpfade mit bis zu 2000-MPa-Qualitäten, IPX8-Schutz für die Batterie mit 120 Stunden „Tauchgang-Garantie“. Bedeutet: Der E-HS5 kann durch bis zu einen Meter tiefes Wasser fahren – und das bis zu fünf Tage lang. Für Unterhaltung und Komfort sorgen ein 65-Zoll-Display und Massagesitze.

Nun will die Marke nach Europa kommen. Der Marktstart des Mittelklasse-SUVs erfolgt zunächst in Dänemark, Norwegen und den Niederlanden. Deutschland folgt später. Kein Zufall: Zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen spielt Hongqi bisher nur eine Nebenrolle. In den Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamts taucht die Marke unter „Sonstige“ auf. Seit dem Deutschland-Debüt im Mai 2004 wurden angeblich nur 326 Einheiten zugelassen. Für die Manager von Hongqi ein schwer verdaulicher Fehlstart – zumal die „Rote Fahne“ in China als Staatslimousine gilt.

Analyst: Luxus über Preis zu verkaufen wird nicht funktionieren

Mit dieser Strahlkraft wollte Hongqi auch in Europa punkten. Doch Luxus über den Preis zu verkaufen, funktioniere hier nicht, warnt Martin Geißler von der Unternehmensberatung Advyce & Company: „Das ist wie Champagner im Tetra Pak.“ Der späte Markteintritt, eine schwache Aufstellung und Probleme bei der Positionierung verschärfen die Lage. Während in China Markentreue eine geringere Rolle spielt, zählen in Deutschland im Luxussegment vor allem Prestige, Image und Leistung.

Nun sollen Mittelklasse-Modelle wie die Limousine E-H5 und das SUV E-HS5 den Durchbruch schaffen. Doch dieses Segment mit Wettbewerbern wie VW ID.4 und Tesla Model Y ist besonders hart umkämpft. „Für Hongqi dürfte es in der Mittelklasse schwer werden, sich abzugrenzen. Technologisch ist man deutlich hinter den Besten. Während Xpeng, Nio oder Zeekr mit neuer Software und beim autonomen Fahren Fortschritte zeigen, war Hongqi nicht einmal im jüngsten ADAS-Vergleich vertreten. Die Mobileye-Partnerschaft wirkt eher wie ein PR-Strohhalm“, so Geißler.

Ein weiteres Hindernis: die geringe Bekanntheit und eine schmale Modellpalette. Viele Kunden sehen Hongqi eher als Eintagsfliege denn als ernsthaften Hersteller. Dazu kommt ein schwaches Händlernetz. „Der Vertrieb hängt zu stark am Importeur Hedin, statt auf eine eigene Landesorganisation mit Budget und Marketingkompetenz zu setzen“, kritisiert Geißler.

Andere chinesische Marken haben ähnliche Probleme. BYD etwa beendete die Zusammenarbeit mit Hedin und übernimmt den Vertrieb in Deutschland selbst. Bis Ende des Jahres sollen 120 Händler aufgebaut werden. Ob das gelingt, ist offen. Für Hongqi wäre eine solche Aufgabe noch schwieriger. Der Autobauer kündigte an, innerhalb von fünf Jahren weltweit in über 100 Ländern und Regionen mit 1000 Vertriebs- und Servicestellen präsent zu sein.

Auf der IAA soll Europa-Strategie offenbart werden

Europa ist nun Chefsache: General Manager Yigong Liu will auf der IAA in München eine neue Strategie vorstellen. Geißler nennt einen möglichen Ausweg: „Ein echter Meilenstein wäre, wenn Hongqi die enge Beziehung zwischen FAW und VW nutzen könnte, um zumindest übergangsweise das VW-Servicenetz einzubinden. Damit ließe sich die größte Hürde – ein flächendeckendes Netz mit Ersatzteilversorgung – sofort überwinden.“

Hongqi hat große Pläne. Gemeinsam mit Leapmotor ist der Export eines SUVs auf Basis des B10 vorgesehen. Parallel laufen Technikinitiativen: Die neue Tiangong-Plattform mit 800-Volt-Architektur soll Ladeleistungen auf Wettbewerbsniveau ermöglichen und Reichweiten von über 700 Kilometern bieten. Die Honghu-Plattform ist für Hybride gedacht, während die Jiuzhang-Architektur autonome Fahrfunktionen und ein AR-Head-up-Display integriert.

Doch Versprechen allein reichen nicht. Entscheidend ist das Hier und Jetzt. Mit dem E-HS5 hat Hongqi womöglich die letzte Patrone im Lauf, um in Deutschland den Durchbruch zu schaffen. Auch Konkurrent SAIC kämpft mit ähnlichen Problemen. „Kein Wunder, dass in China über eine Fusion der beiden Konzerne spekuliert wird. Doch auch dabei dürfte Hongqi die Juniorrolle spielen – ein Lehrbuchbeispiel, wie man es in Europa nicht machen sollte“, resümiert Geißler.

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Wolfgang Gomoll

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Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

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