MAN startet Lkw-Kleinserie mit Wasserstoff-Verbrenner

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Der Nutzfahrzeughersteller MAN Truck & Bus wird als erster europäischer Lkw-Produzent eine Kleinserie mit Wasserstoff-Verbrennertechnologie aufsetzen. Schon 2025 soll die zunächst mit rund 200 Einheiten geplante Kleinserie an Kunden in Deutschland, den Niederlanden, Norwegen, Island sowie ausgewählten außereuropäischen Ländern ausgeliefert werden. Der MAN hTGX, wie das Fahrzeug heißen werde, biete eine alternative Null-Emissions Antriebsvariante für spezielle Anwendungen, zum Beispiel für den Transport schwerer Güter – etwa im Baueinsatz, bei Tanktransporten oder beim Holztransport, so MAN in einer aktuellen Mitteilung.

Auch für den Einsatz in Gebieten ohne ausreichende Ladeinfrastruktur bzw. für Märkte, in denen heute schon ausreichend Wasserstoff zur Verfügung steht, kann der hTGX eine umweltfreundliche Alternative zum batterie-elektrischen Lkw sein.

Der Fokus von MAN liege aber weiterhin auf batterie-elektrischen Fahrzeugen, wie Friedrich Baumann erklärt, Mitglied des Vorstands der MAN Truck & Bus SE und für den Bereich Sales & Customer Solution verantwortlich: „Batteriebetriebene Elektro-Lkw haben bei der Energieeffizienz und den Betriebs- und Energiekosten aktuell deutliche Vorteile gegenüber anderen Antriebskonzepten“, erklärt Baumann. Lkw, die durch Wasserstoff-Verbrenner fortbewegt werden, „stellen bei speziellen Anwendungsfällen und Märkten aber eine sinnvolle Ergänzung dar“, so der MAN-Manager.

Der Hersteller rechnet demnach damit, perspektivisch mit batterie-elektrisch betriebenen Lkw die überwiegende Mehrheit der Transportanwendungen seiner Kunden am besten bedienen zu können. „Für spezielle Anwendungen eignet sich als Ergänzung die Wasserstoffverbrennung oder künftig auch die Brennstoffzellentechnologie“, sagt Baumann. Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor „H45“ basiert auf dem bewährten D38 Dieselaggregat und wird im Motoren- und Batteriewerk Nürnberg produziert.

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Die Verwendung von bekannter Technologie ermöglicht uns einen frühen Markteintritt und gibt damit einen entscheidenden Anstoß zum Hochlauf der Wasserstoffinfrastruktur. Mit dem hTGX haben wir daher nun unser Zero-Emission-Portfolio um ein attraktives Angebot ergänzt“, so Baumann weiter.

15 Minuten tanken für bis zu 600 Kilometer Reichweite

Vor allem dann, wenn es um spezielle Transportaufgaben geht, die etwa eine besondere Achskonfiguration benötigen oder wo aufgrund notwendiger Aufbauten kein Batterieplatz am Rahmen vorhanden ist, könne der Wasserstoff-Antrieb punkten. Der MAN hTGX biete in seinen zunächst angebotenen Achsvarianten 6×2 und 6×4 neben einer hohen Zuladung maximale Reichweiten von bis zu 600 Kilometern.

Der verwendete H45-Wasserstoff-Verbrennungsmotor verfügt über eine Leistung von 383 kW (520 PS) und ein Drehmoment von 2500 Nm bei 900 bis 1300 U/min. Die Direkteinspritzung des Wasserstoffs in den Motor sorge für besonders schnelle Leistungsentfaltung. Betankt wird das Fahrzeug in weniger als 15 Minuten mit auf 700 bar komprimiertem Wasserstoff (CG H2) und einer Tankkapazität von 56 kg. Der MAN hTGX werde mit weniger als 1g CO2/tkm die Kriterien als „Zero-Emission-Vehicle“ der neuen geplanten EU CO2-Gesetzgebung erfüllen, so MAN.

Dr. Frederik Zohm, Vorstand für Forschung und Entwicklung, erklärt hierzu: „Die Neuregelung der CO2-Regularien auf EU-Ebene wird Lkw mit Wasserstoff-Verbrennungsmotoren als ‚Zero-Emission-Vehicles‘ klassifizieren. Das heißt, dass solche Fahrzeuge voll auf unsere CO2-Flottenziele einzahlen, was unter anderem auch die Tür für diese die Batterieelektrik ergänzende Kleinserie öffnet“. Gleichzeitig könnten Kunden je nach Land z.B. auch von entsprechenden Mautreduzierungen profitieren.

An der auf der Batterieelektrik und Wasserstoff basierenden Brennstoffzellentechnologie werde MAN ebenfalls weiter arbeiten. „Auch die H2 Brennstofftechnologie befindet sich bei MAN in Vorbereitung. Bis die Technologie wirklich marktreif und wettbewerbsfähig ist, werden allerdings noch einige Jahre vergehen“, sagt Zohm.

MAN und Wasserstoff – eine lange Historie

MAN verfügt über eine lange Historie bei Wasserstoffantrieben, seit Jahrzehnten forscht das Unternehmen daran. Den ersten Bus mit Wasserstoffantrieb zeigte MAN Truck & Bus auf der Hannover Messe 1996, also vor fast 30 Jahren. Der Stadtbus vom Typ SL 202 wurde von einem Erdgasmotor angetrieben, der für den Wasserstoffbetrieb modifiziert worden war. Im Anschluss an die Hannover Messe absolvierte das Fahrzeug eine dreivierteljährige Erprobungsphase in Erlangen, während der es 13.000 Kilometer zurücklegte und 60.000 Fahrgäste beförderte. 1997 kam der Bus schließlich nach München und wurde dort erfolgreich im Liniendienst eingesetzt. 1998 folgten drei Gelenkbusse für den Flughafen München, die bis 2008 eingesetzt wurden, und zwischen 2006 und 2009 weitere 14 Busse mit Wasserstoffantrieb.

Neben der früheren und jüngsten Erfahrung mit Nutzfahrzeugen entwickelt und testet MAN für den Geschäftsbereich MAN Engines den Wasserstoffmotor mittlerweile auch in verschiedensten Anwendungen auf und fernab der Straße sowie für Schiffe. Auch bei Sonderfahrzeugen – wie etwa Pistenraupen – für Züge auf nicht elektrifizierbaren Strecken sowie für Bagger und Kräne sei die Technologie gut geeignet. Der Einsatz in Blockheizkraftwerken sei ebenfalls sinnvoll, insbesondere wenn neben dem Strom auch die anfallende Wärme genutzt werden kann.

Quelle: MAN – Pressemitteilung vom 08.04.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Herwig:

“Sollen wir…unsere Benzinkutschen gegen H2-Flitzer eintauschen?” und “Wasserstoffautos sind so teuer…”
Es geht aus dem Artikel eindeutig hervor, dass diese Technologie nicht für PKW, und bei den LKW nur für Einsatzorte bzw. -zwecke gedacht ist, wo ein elektrisches Fahrzeug nicht ausreicht!

Daniel W.:

Dann schauen wir uns mal die Realität bei den “grünen” Lkws an.

A) Datensammlung.

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Der MAN hTGX … maximale Reichweiten von bis zu 600 Kilometern. … und einer Tankkapazität von 56 kg.
(Quelle: elektroauto-news.net)
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Ein vollelektrischer 40-Tonner für die Langstrecke … Mercedes eActros 600 … verfügt über 600 kWh Batteriekapazität und eine Reichweite von 500 km.
(Quelle: autozeitung.de – 13.10.2023)
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B) Berechnungen

Wasserstoff-Verbrenner-Lkw
56 kg H2 x 50 kWh/kg H2 = 2.800 kWh Strom für bis zu 600 km

Batterie-E-Lkw
600 kWh und 500 km wären 720 kWh Strom für 600 km

C) Fazit

Es ist fast die 4-fache Menge an Strom erforderlich, der natürlich grün sein müsste, um der Wasserstoff-Lobby ihren grünen Verbrenner-Traum zu erfüllen.

Captain Ahab:

MAN Trucks & Bus hat treu der Devise von Konzernmutter VW voll auf BEV gesetzt, und nun fehlt ihnen für eine Reihe von Einsatzzwecken eine CO2-freie Lösung. Im Unterschied zu fast allen Konkurrenten, die eine FCEV-Lösung schon jetzt oder in naher Zukunft anbieten können. Selbst MAN-LKW kann ich als FCEV kaufen – einfach nicht von MAN.
Das führt dann zu solchen Verzweiflungstaten, wo man im Keller einen alten H2-Verbrenner ausgräbt und etwas aufdonnert. Motoren können die bei MAN nämlich.

Peter Bigge von Berlin:

Wasserstoffverbrennungsmotoren – die eierlegende Wollmilchsau der Automobilindustrie?
Sollen wir uns jetzt alle auf die Wunderkraft des H2O freuen und unsere Benzinkutschen gegen H2-Flitzer eintauschen?

Ähm, nein, nicht so schnell, die vermeintliche Wunderwaffe hat so einige Haken:
1. Effizienz? Fehlanzeige!
Wasserstoffverbrenner sind zwar sauberer als Benziner, aber gleichzeitig auch schrecklich ineffizient. So viel Energie für so wenig Fahrspaß, bedauerlich.
2. Kosten? Astronomisch!
Wasserstoffautos sind so teuer, dass man dafür ein Einfamilienhaus in Berlin-Mitte kaufen könnte. Okay, vielleicht ein bisschen übertrieben, aber hey, die Dinger sind echt kein Schnäppchen.
3. Umwelt? Naja, geht so.
Ja, Wasserstoffverbrenner stoßen kein CO2 aus, aber Feinstaub, NOx, Ölrückstände, etc. . Zudem, die Herstellung von Wasserstoff ist alles andere als umweltfreundlich. Da kann man auch gleich mit einem Hummer durch die Fußgängerzone fahren.
4. Bessere Alternativen? Gibt’s schon!
Elektrolastwagen sind einfach besser. Sie sind effizienter, günstiger und umweltfreundlicher.

Wasserstoffverbrenner sind die letzte Fehlentscheidung verzweifelter Automobilhersteller, die nicht mit Raketen spielen. Setzt lieber auf Elektromobilität – die Zukunft gehört den E-Autos!

Philipp:

H2-Verbrennungsmotor als Zero-Emission:
Das ist halt das Blendwerk, dass die EU-Lobbyisten durchgedrückt haben. Wobei es halt das Wording ist, das hier daneben ist.

Es ist definitiv kein Zero Emission, weil der Motor sowohl Wasser als auch Verbrennungsrückstände wie z.B. NOx emittiert oder CO2 vom verbrannten Motoröl (sehr gering, aber vorhanden).

Er ist lokal nur nahezu CO2 frei. Was das auch immer bedeuten mag, wenn man noch Jahrzehnte nicht genug grünen Wasserstoff hat.

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