Können E-Fuels die CO2-Lücke im Verkehr schließen?

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Michael Neißendorfer
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Auch mit mehr Elektroautos und mehr Güterverkehr auf der Schiene sind weitere Einsparungen von CO2 unumgänglich, damit Deutschland seine Klimaziele im Mobilitätssektor erreichen kann. Helfen könnten dabei auch Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe, findet der Mineralölwirtschaftsverband (MWV). Selbst beim erhofften Durchbruch der E-Mobilität mit zehn Millionen Elektroautos auf den Straßen und 60 Prozent mehr Güterverkehr auf der Schiene bis 2030 bleibe im deutschen Klimaziel für den Verkehrssektor eine CO2-Lücke von 19 Millionen Tonnen, so der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV) Christian Küchen. Er schlägt vor, diese Lücke mit Biokraftstoffen und klimaneutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen zu schließen. „Das Ziel ist nur mit einem deutlich gesteigerten Anteil erneuerbarer Kraftstoffe zu erreichen“, sagte er auf dem Fachkongress Kraftstoffe der Zukunft in Berlin.

Das von der Bundesregierung vorgegebene Ziel lautet, die CO2-Emissionen aus dem Verkehr im Vergleich zu heute bis 2030 um mehr als 40 Prozent auf 95 Millionen Tonnen zu senken. Dies soll durch Effizienzsteigerung der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, Verlagerung von Transporten auf die Bahn, einem massiv wachsenden Anteil von Elektroautos und durch größere Anteile erneuerbarer Kraftstoffe erreicht werden.

Ein geeigneter Weg, um die Einführung von E-Fuels zu fördern, sei die Umstellung der heutigen Energiesteuer für Benzin und Diesel auf eine CO2-Bepreisung, so Küchen. „Das würde erneuerbare Kraftstoffe steuerfrei stellen und somit einen echten Anreiz für Investitionen in diese klimafreundlichen Kraftstoffe darstellen.“ Die Chance dazu biete sich durch den von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angestoßenen European Green Deal, in dessen Rahmen auch die EU-Richtlinie zur Energiebesteuerung überarbeitet werden soll.

Auf nationaler Ebene könne die Bundespolitik die Markteinführung für erneuerbare Kraftstoffe über eine Ausschreibung von Produktionsmengen vorantreiben. Zur Finanzierung könnten die Einnahmen aus dem geplanten nationalen Emissionshandel ab 2021 beitragen. „Mithilfe dieser Maßnahmen sind die Klimaziele im Verkehr erreichbar“, sagt Küchen.

Klimaschutz ist auch im Verkehr nicht zum Nulltarif zu haben“, räumt Küchen ein. Sinkende Erzeugungskosten für erneuerbaren Strom in sonnen- und windreichen Regionen etwa in Nordafrika und dem Nahen Osten haben die Kostenerwartungen für E-Fuels allerdings bereits deutlich reduziert, so der MWV-Chef. „Wir appellieren an die EU und die Bundesregierung, den Weg zum Erreichen der Klimaziele freizumachen.“

Sinnhaftigkeit von E-Fuels zweifelhaft

Kritiker hingegen bemängeln die Ineffizienz von E-Fuels aufgrund ihres enormen Herstellungsaufwands: E-Fuels basieren auf Wasserstoff (den man auch in einem Brennstoffzellenauto verwenden kann). Gibt man Wasserstoff in einem weiteren Schritt CO2 aus der Luft zu, bilden sich Kohlenwasserstoffe mit Erdöl-ähnlichen Strukturen, die als Treibstoff in einem Verbrennerfahrzeug Benzin und Diesel ersetzen können. Im Idealfall — wenn bei der Herstellung ausschließlich Ökostrom verwendet wird — kommt bei der Verbrennung dann nur so viel CO2 in die Atmosphäre, wie ihr vorher entzogen wurde.

Der zusätzliche Produktionsschritt, bei dem ohnehin bereits aufwändig hergestellter Wasserstoff nochmals in gasförmige oder flüssige Kraftstoffe weiterverarbeitet wird, erhöht den Energiebedarf von E-Fuels. Zusammen mit dem niedrigen Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren sinkt die Gesamteffizienz im Vergleich zum Batterie-Elektroauto deutlich. Mit dem Strom, der ein Elektroauto 100 Kilometer weit bringt, kommt ein Fahrzeug mit E-Fuel gerade einmal 15 Kilometer voran.

Die Auto- und Mineralölindustrie verweist darauf, dass die Nutzung von E-Fuels auch Vorteile mit sich bringt: Die bestehende Infrastruktur (Fahrzeuge, Tankstellen) kann weitergenutzt werden, da synthetische Kraftstoffe im Grunde dieselben Eigenschaften wie konventionellen Kraftstoffe aufweisen.

Da derzeit noch nicht ausreichend erneuerbarer Strom zur Verfügung steht, um E-Fuels klimaneutral bereitzustellen, haben synthetische Kraftstoffe im Autoverkehr einen schweren Stand. Andere Einsatzbereiche erscheinen da schon sinnvoller: Etwa der Flugverkehr und die Schifffahrt, bei denen die Elektrifizierung nur schwer möglich ist

Quellen: MWV — Pressemitteilung vom 21.01.2020

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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