Turins Automobilwerk Mirafiori von Stellantis-Marke Fiat steht vor großen Herausforderungen. Einst ein Symbol der italienischen Autoindustrie, hat die Fabrik ihre Bedeutung in den letzten Jahren stark eingebüßt. Ikonen wie der Fiat 500 und der Panda entstanden hier einst in Massenproduktion. Heute sind in Mirafiori nur noch rund 2400 Angestellte tätig – weit entfernt von den Zeiten, in denen hier 22.000 Menschen arbeiteten, wie die Automobilwoche berichtet. Aktuell werden lediglich der elektrische Fiat 500 und zwei Maserati-Modelle in geringen Stückzahlen gefertigt.
Fiat kämpft derzeit besonders mit der geringen Nachfrage nach seinen Elektroautos. Der Fiat 500e, der inzwischen unter 30.000 Euro angeboten wird, bleibt hinter den Verkaufserwartungen zurück. Bereits im September kündigte Stellantis an, die Produktion des Modells in Mirafiori für vier Wochen zu stoppen – ein Zeitraum, der inzwischen bis Anfang November verlängert wurde. Auch die Fertigung des Fiat Panda ist von Unterbrechungen betroffen. Ab dem 11. November werden die Produktionsbänder im modernen Werk in Pomigliano d’Arco stillstehen.
Die Produktion von Autos in Italien hat sich in diesem Jahr um etwa 40 Prozent verringert. Nach Schätzungen der Gewerkschaft FIM wird Stellantis landesweit weniger als 500.000 Autos herstellen – ein historisches Tief, vergleichbar mit dem Stand von 1958. Die Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verfolgt das Ziel, die Automobilproduktion bis 2030 auf eine Million Einheiten zu erhöhen. Angesichts der aktuellen Lage erscheint dieses Ziel jedoch als schwer erreichbar.
Der Niedergang des Standorts Mirafiori wurde 2014 durch die Fusion von Fiat und Chrysler beschleunigt. Diese Zusammenlegung verlagerte den wirtschaftlichen Schwerpunkt nach Nordamerika, wo seither ein Großteil der Unternehmensgewinne erwirtschaftet wird. Als Folge davon investierte Fiat Chrysler (FCA) weniger in neue Modelle für Europa. Mit der Fusion zu Stellantis verlor Mirafiori weiter an Bedeutung. Plattformen für den europäischen Markt werden heute vorwiegend in Frankreich und in Deutschland bei Opel in Rüsselsheim entwickelt.
In Mirafiori entstehen zurzeit neben dem Fiat 500e und Maserati-Modellen auch Getriebe für Elektro- und Hybridautos. Zudem wurde 2023 ein Remanufacturing-Zentrum eröffnet, das in Zukunft eine wichtigere Rolle für Stellantis spielen soll. Ende 2025 ist geplant, eine Hybridversion des Fiat 500 in Mirafiori zu bauen. Doch trotz dieser neuen Vorhaben bleibt die Zukunft des Standorts ungewiss.
Es gibt Spekulationen, dass ein chinesischer Hersteller wie Dongfeng Motor oder Chery Interesse an Mirafiori haben könnte. Diese Unternehmen könnten die Kapazitäten der Fabrik nutzen, um Modelle für den europäischen Markt zu produzieren und gleichzeitig die hohen Importzölle zu umgehen. Diese Idee wird jedoch hauptsächlich von der italienischen Regierung vorangetrieben. Auch der Vorschlag, Stellantis solle in Europa ungenutzte Markennamen wie Autobianchi oder Innocenti an chinesische Firmen abgeben, stößt bislang auf wenig Resonanz.
Quelle: Automobilwoche – Fiat-Werk Mirafiori: Steigt ein chinesischer Hersteller ein?