England vs. Spanien: Ein Spiegel des E-Automarkts?

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Automobil-Analyst Matthias Schmidt sieht zwischen dem anstehenden Europameisterschafts-Finale zwischen England und Spanien sowie den Entwicklungen auf Europas Elektroautomarkt eine Verbindung – die sich bei näherer Betrachtung nicht von der Hand weisen lässt. Während die Spannung rund um das EM-Finale zwischen England und Spanien steigt, zeigt der E-Automarkt Parallelen zu den Höhen und Tiefen im Fußball.

Im Jahr 2023 schloss der Markt für batterieelektrische Pkw in Westeuropa mit fast zwei Millionen Einheiten ab. Experten prognostizieren, dass 2024 das erste Jahr sein wird, in dem diese Marke knapp übertroffen wird. Allerdings wird nur ein Wachstum von 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erwartet, ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Wachstum von 27,9 Prozent im Jahr 2023. Deutschland, das das bisher größte Elektroauto-Marktvolumen in der Region hat, hat sämtliche staatlich geförderten Kaufanreize für 2024 gestrichen. Dies wird voraussichtlich zu einem Rückgang der Neuzulassungen um 14 Prozent oder 74.000 weniger E-Autos führen, was insgesamt 451.000 Einheiten entspricht, so Schmidt Anfang des Jahres.

Auswirkungen der Subventionskürzungen

Dies führt in den Augen vieler Betrachter zu einer negativen Einordnung der Entwicklung. Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, woher man kommt. Zwischen 2020 und 2022 erlebte der Markt für reine Elektroautos einen bemerkenswerten Aufschwung, angetrieben durch strengere EU-Emissionsvorschriften. Der Anteil der Elektroautos am Neuwagenmarkt stieg von 2,5 Prozent im Jahr 2019 auf 16,9 Prozent im Jahr 2023. Doch die finanziellen Schwierigkeiten der Regierungen nach den umfangreichen Covid-19-Hilfsmaßnahmen und der Unterstützung für die Ukraine führten zur Rücknahme dieser Subventionen. Besonders Deutschland spürte diese Veränderungen stark, nachdem das Land Ende 2023 sämtliche Kaufanreize abgeschafft hatte.

In den ersten fünf Monaten des Jahres 2024 verzeichneten elf der 20 größten europäischen Märkte einen Anstieg der Elektroautoverkäufe. Insgesamt stieg der Markt um gut 2 Prozent. In Belgien (plus 47 Prozent), Frankreich (23 Prozent) und den Niederlanden (10 Prozent) legten die E-Auto-Verkäufe überdurchschnittlich zu, während in Schweden (21 Prozent), Italien (19 Prozent) und Deutschland (16 Prozent) die größten Rückgänge zu verzeichnen waren.

Großbritannien und Frankreich als Lichtblicke

Großbritannien beweist derzeit analog zu Fußball-EM eine starke Position. Bis Ende Mai konnte Großbritannien einen Absatzzuwachs von rund zehn Prozent verzeichnen. Laut Schmidt ist dies vor allem auf attraktive Finanzierungsangebote der Hersteller zurückzuführen, die damit die neuen gesetzlichen Vorgaben für emissionsfreie Fahrzeuge erfüllen möchten. In Frankreich profitiert der Markt vom mittlerweile gestoppten „sozialen Leasingprogramm“, das 50.000 Stromer auf die Straße bringt.

Für den Fußball wird der morgige Abend entscheidend sein, wer für Europa als Gewinner vom Platz geht: Spanien oder England. Für den Antriebswandel haben wir ein wenig länger Zeit. Aber auch hier wird sich entscheiden, wie es weitergeht: E-Auto oder zurück Richtung Verbrenner. Insbesondere die für 2025 geplanten strengeren EU-Emissionsvorschriften könnten einen erneuten Anstieg der Verkaufszahlen von Elektroautos bewirken. Viele Hersteller halten daher derzeit neue, kostengünstigere Modelle zurück, um sie rechtzeitig auf den Markt zu bringen, wenn die nochmals strengeren Flottenvorgaben der EU ab Anfang 2025 greifen.

Trotz der aktuellen Herausforderungen bleibt die Zukunft der Elektromobilität vielversprechend. Und auch hier wird es dann analog der EM im eigenen Land verlaufen, sollte England das EM-Finale gegen Spanien gewinnen, wird man die anfängliche Kritik schnell vergessen haben. Ähnlich könnte sich der europäische Elektroautomarkt entwickeln und die momentanen Rückschläge hinter sich lassen. Es gilt, und dies hat Schmidt in seiner Analyse gut in Worte gefasst: „Ein langsamer Start bedeutet nicht, dass das Ziel unerreichbar ist. Mit der richtigen Strategie könnten die nächsten Jahre eine neue Erfolgsgeschichte für Elektroautos in Europa schreiben.“

Quelle: Matthias Schmidt – May 2024 / European Electric Car Market Intelligence Study

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Spiritogre:

„Die wird nämlich von der Fossilindustrie mit Milliardenaufwand gelenkt.“

Immer und immer wieder dieselbe Laier? Glaubt ihr doch selbst nicht, bei der ganzen Werbung, die für E-Autos gemacht wird.

Michael Neißendorfer:

Danke für den Hinweis, ist korrigiert. Schöne Grüße, Michael

krainer:

„Eine Verbindung, welche sich nicht von der Hand weißen lässt“
Der Schreibfehlerteufel hat wieder zugeschlagen… bitte korrigieren!

Robert:

„Viele Hersteller halten daher derzeit neue, kostengünstigere Modelle zurück, um sie rechtzeitig auf den Markt zu bringen, wenn die Flottenvorgaben ab Anfang ’25 greifen.“
Und deshalb heißt es jetzt für den potentiellen Autokäufer warten,warten,warten, Dazu kommt ja noch der Zollstreit mit China was wohl auch noch Monate dauert bis endlich Klarheit herrscht bis dahin heißt für es jetzt für den potentiellen Autokäufer warten,warten,warten.

Silverbeard:

Weder die Technik, noch die Infrastruktur müssen aufholen. Die elektrische A-Klasse wäre schon 1996 marktreif gewesen.
Aber das Klima lässt uns keine Zeit mehr, die haben wir schon verplempert.

Im Übrigen ist es nicht nur ‚Die Bevölkerung‘, die ‚logische‘ Entscheidungen trifft. Die wird nämlich von der Fossilindustrie mit Milliardenaufwand gelenkt.
Bereits heute ist der Gesamtpreis (inklusive Betriebskosten) eines E-Autos mit dem eines Verbrenners etwa gleichwertig. Trotzdem wird weiter von irgendwelchen Reichweiten fantasiert, die kaum ein Deutscher noch körperlich erträgt, bei der aktuellen Altersstruktur (Durchschnitt 46 Jahre). Und die Berufsanfänger sind nicht die, die sich privat neue Autos leisten.

Spiritogre:

Immer dieses entweder oder. Langfristig werden sich schon E-Autos durchsetzen, nur eben nicht mit Gewalt sondern wenn die Bevölkerung meint, die Autos und die Infrastruktur sind gleichteuer und gleichwertig oder sogar besser. Ob dies wirklich in den nächsten zehn Jahren geschehen kann? Wer weiß? Technik und Infrastruktur haben jedenfalls solange Zeit aufzuholen aber sollten es gefälligst bis 2035 auch getan haben.

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