China: Tesla pausiert FSD-Erprobung ohne Angabe von Gründen

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Tesla hat seine Testphase für das sogenannte Full Self-Driving-System (FSD) in China überraschend gestoppt, wie unter anderem CarNewsChina berichtet. Seit dem 23. März berichten chinesische Nutzer:innen sozialer Medien über die Entscheidung. Einen genauen Grund nannte das Unternehmen bisher nicht. Auch ein möglicher Zeitpunkt für die Wiederaufnahme steht noch aus.

FSD bezeichnet eine Fahrfunktion von Tesla, die trotz des Namens keine autonome Fortbewegung ermöglicht. Das System gehört laut Tesla zur Kategorie L2, also zur teilautomatisierten Unterstützung. Es bleibt notwendig, dass der Mensch die Kontrolle behält und jederzeit eingreifen kann. Das chinesische Regelwerk sowie internationale Standards stufen diese Systeme ebenfalls nicht als autonom ein. In China spricht Tesla deshalb offiziell von einer intelligenten Fahrassistenz, nicht von autonomem Fahren.

Erst wenige Tage vor der Unterbrechung – am 17. März – hatte Tesla in China ein auf einen Monat begrenztes FSD-Probeangebot gestartet. Es sollte bis zum 16. April laufen. Teilnehmende Tesla-Fahrer:innen erhielten dafür Karten- und Software-Updates. Das Unternehmen wies zugleich darauf hin, dass die Verantwortung bei möglichen Regelverstößen oder Unfällen vollständig bei Fahrer:innen bleibt. Schon im September des Vorjahres hatte Tesla angekündigt, FSD noch im ersten Quartal 2025 in China und Europa einführen zu wollen – unter dem Vorbehalt der behördlichen Genehmigung. Die jetzt ausgesetzte Testphase könnte also Teil der schrittweisen Vorbereitung gewesen sein.

Beobachter vermuten, dass neue Regeln des chinesischen Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) Einfluss auf die Entscheidung genommen haben könnten. Konkrete Hinweise liefert ein anderer Fall: Beim Hersteller Xpeng wurde das für März geplante Software-Update des Modells Mona M03 ebenfalls verschoben. Xpeng erklärte dies mit neuen Vorgaben des MIIT, die seit dem 28. Februar gelten. Demnach müssen relevante Änderungen an Softwarefunktionen künftig vorab angekündigt werden, bevor sie genehmigt und veröffentlicht werden dürfen.

Diese Entwicklung trifft auf einen wachsenden Wettbewerb im Bereich des intelligenten Fahrens in China. Im Februar erklärte der größte chinesische Elektroautobauer BYD, dass „die Zeit des flächendeckend intelligenten Fahrens“ begonnen habe. Grundlage dieser Aussage ist das eigene System „God’s Eye“. Auch andere Hersteller wie Huawei, Xpeng und Li Auto treiben ihre Technologie voran. Sie verfolgen mittelfristig das Ziel, sogenannte Level-3-Systeme anzubieten – also Funktionen, bei denen das Auto unter bestimmten Bedingungen eigenständig fährt, der Mensch aber im Notfall übernehmen muss.

Damit rückt China zunehmend in den Fokus des globalen Technologiewettbewerbs im Automobilbereich. Hersteller und Zulieferer stehen unter wachsendem Druck, technische Innovationen auf den Markt zu bringen – und das möglichst in Einklang mit nationalen Regelungen. Dass Tesla in diesem Umfeld vorsichtig agiert, ist keine Überraschung. Die chinesischen Behörden reagieren empfindlich, wenn Unternehmen technische Neuerungen ohne ausreichende Transparenz oder Vorabprüfung einführen. Hinzu kommt, dass der Begriff „autonomes Fahren“ in der öffentlichen Diskussion oft missverständlich verwendet wird. Die Unterscheidung zwischen Assistenzsystem und echter Autonomie wird deshalb von offizieller Seite immer wieder betont.

Während Tesla nun auf unbestimmte Zeit pausiert, setzen chinesische Marken gezielt auf schrittweise Freigaben und enge Abstimmungen mit den Behörden. Das Beispiel zeigt, wie stark technologische Entwicklungen inzwischen von politischen Rahmenbedingungen abhängen – und dass Vertrauen in automatisierte Funktionen nicht nur durch Software, sondern auch durch Regulierung und Kommunikation entsteht.

Quelle: CarNewsChina.com – Tesla FSD trial temporarily paused in China, report says

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Jürgen Wondzinski:

Lidar funktioniert eben nicht bei Nebel etc, da es eben auch nur ein optisches System ist, das durch Lufttrübungen gestört wird.
Lidar stammt aus der Zeit, wo man noch nicht Entfernungen durch Bildanalyse errechnen konnte. Nachdem dies Tesla nun cm-genau beherrscht, braucht es eben Lidar nicht. Radar hingegen ist ein anderes Thema….

Uli Ferfers:

1. In dem Artikel wird versäumt, auf die Unterschiede zwischen FSD „supervised“ und FSD „unsupervised“ hinzuweisen.
2. Ein weiterer fehlender Hinweis, dass eine Skalierbarkeit des vision – only Systems ungleich preiswerter zu realisieren wäre, als alle anderen Systeme im Feld.

So, wie ich das System verstehe stellt es KEINE Anforderungen an die erforderliche Infrastruktur der Umgebung (geofencing, HD mapping, Sensorik i. d. Umgebung).

Daher würde ein derartiges System alle anderen Systeme binnen kürzester Zeit vom Markt verdrängen.
Es sei denn, andere Gründe würden gegen eine Zulassung sprechen.
Savety first, aber dann auch bitte signifikant.

Hiker:

Ich will Lidar nicht schlecht reden. Aber Deine Aussage Lidar würde bei Schnee und Nebel immer funktionieren ist schlicht falsch. Richtig ist, Lidar funktioniert mit Laserlicht, betonung auf Licht! Und Nebel genau wie Schnee reflektiert Lichtstrahlen und lenkt sie in alle Richtung ab. Was ein Lidar Sensor in solchen Fällen unbrauchbar macht. Wovon Du sprichst sind Radarwellen die weder durch Schnee, Regen noch Nebel abgelenkt werden und hier tatsächlich besser sind als Lidar oder Kameras. Es ist einfach schade wenn Sachen behauptet werden, man jedoch offensichtlich keine Ahnung von der Materie hat. Eine kurze Recherche hätte genügt um das zu wissen.

Dirk:

Tesla setzt rein auf optische Erfassung, was in zu vielen Situationen (Blendung, grosse Flächen, Spiegelungen) gefährlich wird.
Andere Anbieter bauen auf zusätzlich integriertes LIDAR, das auch bei dichtestem Nebel, Schnee und Regen funktioniert.

Philipp:

Stimme ich zu, auch den Kommentar.

Es ist doch nicht nachvollziehbar, warum FSD nicht einfach released wird und als Level 2 deklariert wird. Und man könnte ja auch weiterhin die Fantasie berufen und von Herbst die Freigabe von Level 3 versprechen. Wobei ich das nicht „versprechen“ nenne, weil ist ja irgendein Herbst.

Dumm nur für die Leute, die 9000€ für ein Level 2 ausgegeben haben.

So haben alle nur ein AP System, dass nur etwas mehr kann, als mein eGolf aus 2017 schon kann.

FSD sollte also in FSB umbenannt werden, Full Sized Beta.

Wolfbrecht Gösebert:

Der EAN-Artikel beginnt:
„Tesla hat seine Testphase für das sogenannte Full Self-Driving-System (FSD) in China überraschend gestoppt […]. Einen genauen Grund nannte das Unternehmen bisher nicht.“

Eine (zumindest für mich) interessante These dazu gibt’s hier:
c&p–> electrek.co/2025/03/24/tesla-tsla-rolls-back-full-self-driving-trial-china-approval-rules/

Meine Zusammenfassung des Electrek-Artikels dazu (sinngemäß/übersetzt):

„Tesla plant, im Juni 2025 einen Ride-Hailing-Service [„eine Fahrt anfordern“] in einem geografisch *abgegrenzten* Gebiet um Austin, Texas, zu starten. Solch Einsatz einer ‘internen‘ Fahrzeugflotte, die durch Teleoperation in einem begrenzten Gebiet unterstützt wird, ist eine KOMPLETTE Änderung des Konzepts für Teslas selbstfahrendes Auto, und es ist ein Dienst, der dem sehr ähnelt, den Waymo seit Jahren anbietet.

Wir glauben nun, dass ein TEIL des Grundes, warum Teslas FSD stagniert, eben darin liegt, dass der Autohersteller derzeit [fast] seine ganze Ingenieurskraft sowie seine Trainingscomputer für diese neuen Dienst und eben nicht für sein breiter angelegtes FSD-Produkt einsetzt!

[Eingeschobener Leserkommentar]:
»Ich denke, wenn „FSD“ entwickelt worden wäre,
• ohne dass Tesla es als „Full Self-Driving“ verkauft hätte und
• ohne dass Musk für die letzten 6 Jahre immer wieder versprochen hätte, dass es jew. am Ende eines jeden Jahres unüberwacht sein würde, denke ich, dass man es einfach als das beste Level-2-ADAS-System auf dem Markt preisen würde.«

Nur leider ist das offenbar alles nicht der Fall.

Stattdessen hat Musk das Produkt mit fortgesetzten Unwahrheiten und falschen Versprechungen entwertet (und wir kommen in diesem Beitrag noch nicht einmal auf die Eignung von HW-Level-3 für FSD zu sprechen …).

Ich denke, Musk hat viele Leute mit FSD wirklich erfolgreich in die Irre geführt, und jetzt denkt er, dass dieser Schwenk zu einem Produkt ganz im Stil von »Waymo« es Tesla ermöglichen soll, einen angeblichen Sieg beim Einsatz ‘selbstfahrender Autos‘ vorzuweisen, ohne dass die meisten Leute erkennen, dass es in Wirklichkeit ein Nachteil für Millionen von Tesla-Besitzern ist.“

Mein eigener Kommentar: Der weitere Verlauf der Geschichte – nicht zuletzt auch des Aktienkurses – wird zeigen, wie glaubwürdig Musk mit Tesla eigentlich noch agiert!

Philipp:

Stimmt doch. Schon vor 10 Jahren haben sie es für Herbst versprochen :-)

Frank2:

Soviel zur Aussage „Tesla ist allen 10 Jahre voraus!“

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