Warum bidirektionales Laden in Frankreich klappt – und hier nicht

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Bidirektionales Laden, oft als V2G bezeichnet, ist in Frankreich längst Realität. Besitzer des neuen Renault 5 profitieren dort direkt: Wer sein Elektroauto mit einer speziellen Wallbox verbindet und einen passenden Vertrag abschließt, erhält elf Cent pro Stunde, wenn das Auto am Stromnetz hängt. Währenddessen steht der Akku als Puffer bereit und gleicht Angebot und Nachfrage beim Strom aus. Die Idee ist einfach: Strom wird günstig aufgenommen und bei Bedarf teurer ins Netz zurückgespeist. Dieses Prinzip hilft nicht nur beim Sparen, sondern stabilisiert auch das Stromnetz, wie Heise berichtet.

In Deutschland funktioniert das bisher nicht. Die rechtlichen Rahmenbedingungen erlauben es aktuell nicht, E-Autos wie stationäre Stromspeicher zu behandeln. Damit fehlt die Voraussetzung, um am Strommarkt aktiv teilzunehmen. The Mobility House, ein deutsches Unternehmen, das das Modell mit Renault in Frankreich umsetzt, kritisiert die politische Untätigkeit in Deutschland. Geschäftsführer Marcus Fendt betont, dass es ohne Entlastung bei Netzentgelten und Abgaben kein tragfähiges Geschäftsmodell geben kann. Zuständig für solche Entscheidungen ist das Bundeswirtschaftsministerium in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur.

In anderen Ländern geht es schneller voran. Die Niederlande und Großbritannien wollen 2025 erste konkrete Projekte starten. Dort scheint die Gesetzgebung flexibler zu sein. Deutschland hinkt einmal mehr hinterher, obwohl viele der benötigten Technologien bereits verfügbar sind. Immer mehr Elektroautos unterstützen die ISO-Norm 15118, die eine Kommunikation zwischen Auto und Netz ermöglicht. Auch neue Wallboxen kommen auf den Markt, die V2G-fähig sind – sowohl im AC- als auch im DC-Bereich.

AC-Wallboxen gelten als günstiger, sind jedoch technisch komplizierter. Unterschiedliche Protokolle bei Netzbetreibern machen die Anwendung komplex. DC-Wallboxen sind teurer in der Anschaffung, aber einfacher zu standardisieren. Unternehmen wie Ambibox aus Mainz treiben die Entwicklung voran. Die DC-Lösung verspricht Vorteile, besonders wenn sie Teil eines Gesamtkonzepts ist, das auch Solaranlage, Wärmepumpe und Batteriespeicher umfasst. Hersteller prüfen derzeit intensiv solche Systeme im Praxistest.

Doch bevor V2G breit genutzt werden kann, muss in Deutschland die Infrastruktur modernisiert werden. Viele Haushalte besitzen noch keine digitalen Stromzähler. Der sogenannte Smart Meter Rollout kommt nur schleppend voran. Dazu kommt die Zersplitterung des Strommarkts mit über 800 Verteilnetzbetreibern, was die Einführung neuer Technologien zusätzlich erschwert.

Nicht alle Ausprägungen von V2X sind so aufwendig wie V2G. Eine einfachere Variante ist V2L – also Vehicle-to-Load. Dabei versorgt das Auto externe Geräte mit Strom, zum Beispiel beim Camping oder auf der Baustelle. Modelle von Hyundai, Kia oder Dacia bieten diese Funktion bereits serienmäßig. Volkswagen hat das bidirektionale Laden in bestimmten ID-Modellen zumindest in der Software vorgesehen.

Eine weitere Zwischenform ist das sogenannte V1G. Dabei wird das Auto zu Zeiten geladen, in denen Strom günstig ist. Die Steuerung erfolgt entweder manuell oder über smarte Ladelösungen. Auch wenn es sich um eine einfache Methode handelt, senkt sie dennoch Kosten und unterstützt das Netz. Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur sieht V2G in Deutschland frühestens ab 2026 im Aufwärtstrend. Bis 2030 könnten etwa 100.000 Autos mitmachen – wenn alles gut läuft. Für viele bleibt bis dahin nur eine Lösung: den eigenen Strom nutzen. Wer einen privaten Stellplatz mit Solaranlage besitzt, kann den eigenen Akku tagsüber laden und abends nutzen.

Quelle: heise.de – Elektromobilität: Verzögerung beim bidirektionalen Laden

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Peter Bachmann:

So wie auch stationäre Speicher nicht netzdienlich betrieben werden, kann auch Peak – shaving mit dem BEV nicht funktionieren.
Batterien sind blosse Verbraucher.
Ich werde aus keinem unserer BEV jemals Strom beziehen!

Rogg Reinhold:

In Frankreich geht’s in Deutschland wird Blockierd, Lobbyisten eben

Thomas aus Marl:

Eine der roten Kraftsteckdosen findet sich wohl auf jedem Hof, und eine mobile Wallbox mit rotem Stecker, dreiphasig 16 oder 32 Ampere kostet auch nicht die Welt, im Versand aus China unter 400€.
Der freundliche Landwirt von nebenan hätte sicher nichts dagegen, wenn ich mein Auto dort anschließen würde, weil er bei steigendem PV- Angebote in der Mittagszeit kaum noch etwas wird einspeisen dürfen.
Wenn ich dem nun 10 Cent pro Kilowattstunde gäbe, oder vielleicht pauschal 5 Euro pro Tag an dem ich lade, würden wir beide profitieren.
Man kann auch nicht gleich von Steuerbetrug ausgehen, denn es ist ja durchaus denkbar, dass wir ehrlich sind und er seine zusätzlichen Einkünfte ordnungsgemäß deklariert.

Im Prinzip ist es ja so dass jedes E-Auto, das so in der Mittagszeit geladen wird, das Netz entlastet, und bei V2G würde ein angeschlossenes Fahrzeug sogar ständig für Regelaufgaben zur Verfügung stehen.

Man müsste also viel eher darüber nachdenken, in welcher Höhe der Autobesitzer für die zur Verfügung gestellte Leistung bezahlt wird, anstatt darüber zu lamentieren, dass den Netzbetreibern Einkünfte entgehen könnten.

Wie ich gelesen habe, wird es in Frankreich so sein, dass dem E- Autobesitzer für jede Stunde, in der sein Auto an der V2G- Wallbox hängt, eine Vergütung von 11 Cent gezahlt wird.

Manfred:

Ich spekuliere mittelfristig auch auf eine V2H DC Lösung. AC Lösungen sind einfacher in ein bestehendes AC-Netz zu integrieren jedoch unanständig hoch mit Verlusten behaftet. Ich habe gerade meinen Heimspeicher von 14 kWh auf 28 kWh erweitern lassen, da mit meinem derzeitigen EV wohl V2X derzeit nicht realisierbar ist. Gerne würde ich die 64 kWh Batterie integrieren. Vielleicht gibt es doch noch DC Lösungen, die die Gleichspannung der Batterie zum Laden des Heimspeichers ohne AC Wandlung verwenden. Den Krücken, die Gleichspannung über einen speziellen Adapter auf einen PV Wechselrichter zu schalten stehe ich, aufgrund erneut auftretenden Wechselverlusten, skeptisch gegenüber.

Vermutlich müssen sich geeignete technische Lösungen noch etablieren wo sich auch etwas ältere EVs integrieren lassen. Technisch ist alles machbar. Es muss sich nur für beide Seiten lohnen.

V2G ist in Deutschland vorerst noch ein Wunschtraum. Das Interesse der Versorger ist nicht vorhanden und das dürfte an den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen liegen. Gerade in der sich neu bildenden Bundesregierung dürfte sich weder der Sachverstand noch der Wille für nötige Reformen selbst mit einer Lupe oder einem Mikroskop finden lassen. Hier weiter zu kommen währe jedoch sehr hilfreich, für die Wirtschaft aber auch für den Klimaschutz.

Atze67:

Ja, aus diesen Grund gibt es auch unendliche Bürokratie, jeder sucht Schlupflöcher zu betrügen.

E. Wolf:

Ich habe mir gerade die „Technische Anschlussbedingungen Niederspannung“ der westnetz, gültig ab 1.2.2025 heruntergeladen und mir durch gelesen.

Der Begriff 4105 kommt zwar 10mal vor und beschreibt („konkretisiert“) 1 zu 1 die VDE-AR- 4105.

==> Vermutlich weil die VDE-AR-4105 kostenpflichtig ist und ja jeder Elektriker trotzdem das Wissen haben muß.

Von daher: Es gilt die VDE-AR-4105 und wenn der VNB es „auf geblümten Papier mit eigenem Prosa“ haben möchte, dann bitte. Ärgerlich sind nur die zusätzlichen Kosten und Manpower, diese Resourcen fehlen dann bei der Netzplanung.

Robert:

Acha, also wie fast immer geht es zuerst nicht um die Sache, sondern schon wieder um die Steuern …. die beschriebene Situation kann nur ein kleiner Teil der Bevölkerung „ausnutzen“, dennoch wird das Ding erstmal erledigt anstatt das Hauptziel zu verfolgen…

Joachim:

Das Problem ist unsere Politik. Die und die Netzbetreiber werden verhungern wenn bidirektionales Laden eingeführt wird.
Beispiel :
Ich lade mein Auto in der Firma umsonst oder beim Landwirt um die Ecke während die Börsenpreise negativ sind fast umsonst (schwarz), fahre dann nach Hause und lade mit meinem Auto meinen Heimspeicher. Den Rest den ich nicht benötige um wieder zur Arbeit oder zum Landwirt zu kommen speise ich ein und bekomme dafür eine Vergütung. Das wäre ein netter Nebenverdienst! Nur die Netzbetreiber die das Stromnetz warten müssen und unsere Politiker gehen leer aus. Deswegen wird das in Deutschland nicht so schnell bzw. nie kommen. Die Technik gibt es schon längst aber es gibt bisher keine Möglichkeit um die Steuerhinterziehung zu unterbinden.

Gerd:

Sorry, das ist schlicht falsch oder zumindest veraltet. Wir haben mit der Energiewende immerhin schon begonnen und das findet man inzwischen auch in den TAB.
Lies einfach mal ein paar aktuelle Niederspannungs-TABs (z.B. auf vnbdigital.de)
Z.B. die von Westnetz enthält gut 10 Seiten „Ergänzungen zur VDE-AR-N 4105“.
Hast Du da je reingeschaut? Ich gebe die Diskussion jetzt aber auf.

E. Wolf:

Die VDE-AR-4105:2024-10 ist bezüglich DC-BiDi kurz und knackig:
Zeile Text
2623 Für DC-gekoppelte Fahrzeuge ist eine Zertifizierung der Ladeeinrichtung ausreichend, das Fahrzeug wird,
2624 analog zu den stationären Speichern, als Batterie gesehen, die nicht Bestandteil des Einheitenzertifikates ist.

Bei AC-BiDi wird es schwammig:
2625 Für AC-gekoppelte Fahrzeuge ist die technische Umsetzung der Einhaltung der Anforderungen, sowie die
2626 Sicherstellung des Vorhandenseins gültiger Zertifikate, insbesondere für wechselnde Fahrzeuge, zum
2627 Zeitpunkt der Erstellung dieser Anwendungsregel, noch nicht abschließend geklärt. Die Anforderungen werden
2628 daher in dem diese Anwendungsregel begleitenden FNN Hinweis „Umsetzung des Nachweises der
2629 technischen Anforderungen der VDE-AR-N 4105 für das bidirektionale Laden von Elektrofahrzeugen“ konkret
2630 ausgestaltet.

Den genannten Hinweis gibt es mittlerweile auf http://www.vde.com/de/fnn/dokumente/hinweise, es ist ein 11-seitiges Dokument.

Es bleibt jedem selbst überlassen zu überlegen, welche Variante seitens der eAutoHersteller und WallboxHersteller einfacher umzusetzen ist.

Und dann ist ja auch die übergeordnete Frage der Hausintegration zu bedenken:

Bei AC-BiDi muß das Signal: Laden/Entladen ins eAuto und zum OBC kommen. Natürlich kein Hexenwerk, aber welches Schweinchen hätten sie gerne, via: wLan, G5, ZigBee, usw. usf.

Beim DC-BiDi ganz einfach, die DC-BiDi-Wallbox via ModBus/Ethernet, sicher und zuverlässig.

Und für die ganz „Harten“: Ein Inselbetrieb wird es mit einer AC-BiDi Lösung so schnell nicht geben !

Ach so, zu: „Ob sich rein für V2H gegenüber V2G noch Vereinfachungen ergeben z. B. beim Zählerkonzept oder der Anforderungen an die Netzeinspeisung, die dann de facto ja eigentlich nicht stattfinden soll, ist natürlich eine berechtigte Frage.“
Die Frage stellt sich gar nicht, bei V2H ist kein Zählerkonzept erforderlich, es halt ein eHeimspeicher auf Rädern !!

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