Der vietnamesische Elektroautobauer VinFast steht offenbar vor einem umfassenden Umbau seiner Geschäftstätigkeiten in Europa. Nach Informationen, die Elektroauto-News.net (EAN) exklusiv vorliegen, wird das Unternehmen bereits am Freitag, den 9. Mai 2025, sämtliche Showrooms und Service-Center in Europa schließen. Wie zwei Insider EAN bestätigten, wurden rund 90 Prozent der Belegschaft bereits am heutigen Freitag über ihre Kündigung informiert. Künftig sollen VinFast-Modelle in Europa nur noch über Händler vertrieben werden – das bisherige Direktvertriebsmodell wird eingestellt. Einige der nicht gekündigten Mitarbeiter:innen sollen dort unterkommen.
Ein interner Zeitplan, der uns ebenfalls zugespielt wurde, belegt den Umbau. Am Freitag, den 02. Mai fand demnach eine Mitarbeiterversammlung (Info-Call) statt, in der über die anstehenden Schritte informiert wurde. Am 9. Mai folgt die Schließung der Standorte, am 22. Mai sollen die Abfindungsvereinbarungen abgeschlossen sein. Für das zweite Quartal ist laut dem Plan die Liquidierung von Vermögenswerten sowie die Kündigung von Mietverträgen vorgesehen. Als Gründe werden „makroökonomische Bedingungen, Zölle, Handelskonflikte und die allgemeine Unsicherheit“ genannt. Wörtlich heißt es: „Die anhaltende Unsicherheit macht es unmöglich weiterzumachen – das Direktvertriebsmodell funktioniert nicht mehr.“

Die internen Entwicklungen werfen ein neues Licht auf die zuletzt veröffentlichten Geschäftszahlen des Unternehmens. Zwar konnte VinFast den Umsatz im Jahr 2024 um 58 Prozent auf 1,8 Milliarden US-Dollar (rund 1,6 Milliarden Euro) steigern und die Auslieferungen auf knapp 97.400 E-Autos fast verdreifachen, doch das Unternehmen schrieb gleichzeitig einen Nettoverlust von rund 3,18 Milliarden US-Dollar – mehr als im ohnehin verlustreichen Vorjahr.
Das aggressive Expansionsprogramm – darunter neue Werke in Indien und Indonesien – geht damit offenbar zulasten der Präsenz in Europa. Auch in den USA läuft der Markteintritt bislang schleppend. Der Fokus soll nun klar auf Asien liegen, wie VinFast-Finanzchefin Lan Anh Nguyen bereits bei der Vorstellung der Quartalszahlen andeutete: „2025 konzentrieren wir uns auf neue Produkte und den Ausbau unserer Marktpräsenz in Asien.“
Die finanzielle Lage des Mutterkonzerns Vingroup wird von Analysten zunehmend kritisch gesehen. Die US-Ratingagenturen Fitch und Moody’s bewerten die Schulden der profitabelsten Vingroup-Tochter Vinhomes mittlerweile als Ramsch. Gleichzeitig verlor die Vingroup seit dem Börsengang von VinFast im August 2023 rund die Hälfte ihrer Marktkapitalisierung.
Update vom 6. Mai 2025: VinFast wurde mit den aktuellen Entwicklungen konfrontiert, und hat folgende Stellungnahme abgegeben: „VinFast stellt in Deutschland und den Niederlanden auf ein Franchise-Händler-Vertriebsmodell um, um den Kundensupport zu verbessern, die Servicekapazitäten zu erweitern und das Unternehmen für langfristigen Erfolg auf dem europäischen Markt zu positionieren. Diese strategische Neuausrichtung unseres Vertriebs- und Servicemodells unterstreicht unser verstärktes Engagement für unsere europäischen Aktivitäten und ermöglicht es uns, unseren Kunden einen verbesserten Zugang zu bieten. Dies steht im Einklang mit der Strategie, die wir Ende 2023 global und national gestartet haben: dem Übergang vom DTC-Modell zu einem Franchise-Händler-Vertriebsnetz.“
Quelle: Per Mail