Trotz der Corona-Pandemie sind die Verkaufszahlen bei Elektrofahrzeugen seit dem 1. Januar, als die Emissionsgrenzwerte in Kraft traten, sprunghaft angestiegen und werden dieses Jahr einen Anteil von 10 Prozent und 2021 von 15 Prozent erreichen. Der Umweltdachverband Transport & Environment (T&E) hat die Verkaufszahlen im ersten Halbjahr 2020 sowie die Strategien der Automobilhersteller zur Einhaltung der Vorgaben analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass ehrgeizige CO2-Grenzwerte funktionieren; es bestehe jedoch die Gefahr, dass die Dynamik der E-Auto-Verkäufe nach 2021 aufgrund der laschen EU-Ziele für 2025 und 2030 die Luft ausgehe.
„Viele Autohersteller sind auf Kurs, um ihre Ziele für 2020 zu erreichen und Geldstrafen zu vermeiden. Die Abgasnormen bringen mehr Elektroautos zu immer besseren Preisen für deutsche Autofahrer. Deutschland könnte Europas Vorreiter bei der E-Mobilität werden und dadurch Milliardeninvestitionen anziehen sowie auch neue Arbeitsplätze schaffen, wie das Werk Zwickau bereits zeigt.“ – Stef Cornelis, Direktor Deutschland Transport & Environment
Auf der Grundlage ihrer Verkaufszahlen im ersten Halbjahr 2020 erfüllen die PSA-Gruppe, Volvo, FCA und die BMW-Gruppe bereits jetzt die EU-Ziele für die durchschnittliche CO2-Emissionen ihrer Neuwagen, wie die Analyse von T&E zeigt. Renault, Nissan, die Toyota-Mazda-Flotte und Ford müssen nur noch eine kleine Lücke von 2 Gramm CO2 pro km aufholen. Allein durch die Verkäufe des Zoe im Jahr 2020 spart Renault 15 Gramm CO2 pro km und stellt so die Einhaltung der Grenzwerte sicher.
Die Volkswagen-Gruppe (5 Gramm), Hyundai-Kia (7 Gramm – 3 Gramm), Daimler (9 Gramm) und Jaguar-Land Rover (13 Gramm) müssen einen Gang hoch schalten, wenn sie die Grenzwerte nicht verfehlen wollen: entweder durch ihre Compliance-Strategie, das heißt mehr Plug-in-Fahrzeuge verkaufen, durch die Zusammenlegung von Emissionen mit anderen Unternehmen (Pooling, wie es etwa FCA und Tesla vormachen) oder durch eine Kombination von beidem. T&E erwartet, dass Daimler einen Großteil des Abstands aufholen wird, indem das Unternehmen mehr Plug-in-Hybride der E-Klasse, C-Klasse, A-Klasse und GLC-Klasse verkauft, deren Absatz in diesem Jahr stark zugenommen hat.
Während der Marktanteil von Elektrofahrzeugen dieses Jahr von 3 Prozent auf 10 Prozent und nächstes Jahr auf 15 Prozent steigen wird, ist in den folgenden vier Jahren wahrscheinlich nur noch ein weiterer Anstieg auf 20 Prozent zu erwarten, wenn die derzeitige CO2-Regulierung nicht überarbeitet wird, wie die Analyse zeigt. Das Beispiel Norwegens führt vor Augen, wie schnell der EV-Markt wachsen kann: von einem Verkaufsanteil von 6 Prozent im Jahr 2013 auf fast 50 Prozent fünf Jahre später im Jahr 2018.
Besorgniserregend sei, dass der Verkaufsanteil lukrativer, aber klimaschädlicher SUVs im ersten Halbjahr 2020 auf 39 Prozent angewachsen ist. Begünstigt werde dies durch ein Schlupfloch in der EU-Verordnung, wonach der Verkauf von schweren Fahrzeugen den Autoherstellern tatsächlich hilft, von lascheren CO2-Zielen zu profitieren. Außerdem handelt es sich bei gut der Hälfte aller heute verkauften Elektrofahrzeuge um Plug-in-Hybride, die als Mogelpackung gelten, da sie selten aufgeladen werden und unter realen Fahrbedingungen 2 bis 4 Mal mehr CO2 ausstoßen als bei den Labortests. Laut T&E muss die EU spätestens 2035 als Enddatum für den Verkauf von Verbrennungsmotoren festlegen, und zwar auch für die aktuelle Plug-in-Technologie.
Quelle: Transport & Environment – Pressemitteilung vom 12.10.2020