Wie Südafrika für Wasserstoff in Deutschland sorgen könnte

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Südafrika könnte als sicherer Produzent für grünen Wasserstoff – auch als Lieferant für Deutschland – in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen. Herausforderungen gibt es aktuell jedoch bei der Speicherung und Verteilung des Rohstoffs. Hier knüpft das kürzlich gestartete Fraunhofer-Verbundprojekt HySecunda an, in dem neun Fraunhofer-Institute sowie die Fraunhofer Academy kooperieren.

Im Projekt sollen optimierte Lösungen zur Herstellung, Speicherung und Zertifizierung von grünem Wasserstoff gefunden werden, zudem unterstützt das Konsortium beim Capacity Building in der Region und in aktuellen Projekten zu Wasserstoff-basierten Treibstoffen für die Luftfahrt.

Südafrika verfügt über reichlich erneuerbare Energiequellen wie Sonne und Wind, die genutzt werden können, um sauberen und nachhaltigen Wasserstoff zu produzieren. Für Deutschland und Europa könnte das Land somit zukünftig eine wichtige Rolle als Wasserstoffproduzent einnehmen, wenn geeignete Infrastrukturen für die Wasserstoffverteilung und -speicherung entwickelt werden sowie Produktionskosten gesenkt werden können, um wettbewerbsfähig zu sein.

Hier setzt das Verbundprojekt HySecunda an, in dem die Fraunhofer-Institute Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE, Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG, Keramische Technologien und Systeme IKTS, Silicatforschung ISC, Schicht- und Oberflächentechnik IST, Windenergiesysteme IWES, System- und Innovationsforschung ISI, Solare Energiesysteme ISE sowie die Fraunhofer-Academy für einen Zeitraum von drei Jahren praxisrelevante und skalierbare Lösungen zur grünen Wasserstoffproduktion in Südafrika entwickelt.

Im Rahmen des Projekts sollen Lösungen für Capacity Building umgesetzt werden, etwa durch ein Aus- und Weiterbildungskonzept, das die länderspezifischen Bedarfe der 16 Staaten umfassenden Southern African Development Community (SADC-Region) adressiert.

Markt- und systemgerechte Lösungen für grünen Wasserstoff

Ein zentrales Thema für HySecunda seien zudem Markt- und systemgerechte Lösungen für die Zertifizierung von grünem Wasserstoff und seiner Derivate. Diese sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommerzialisierung und den Import nach Deutschland und Europa.

Auf technologischer Ebene unterstützen die Fraunhofer-Institute in vier Schwerpunkten:

  • Die Entwicklung neuartiger Sensorik, die beispielsweise ein besseres Aufspüren von Lecks in Tanks und Leitungen sowie ein frühzeitiges Erkennen von Korrosions- und Alterungsvorgängen möglich machen soll.
  • Neuartige, kombinierte Sauerstoff-/Wasserstoff-Barriereschichten. Solche Schichten verhindern das Eindringen von Sauerstoff und Wasserstoff in jeweils andere Teile der Elektrolysezelle oder in die Umgebung. Verbesserte Lösungen steigern somit die Lebensdauer und Sicherheit der eingesetzten Komponenten.
  • Kostengünstigere Beschichtungen für Bipolarplatten (BPP). Solche Platten dienen als leitfähige Trennwände zwischen den einzelnen Zellen. Wegen der extremen Anforderungen an diese Komponenten (Temperatur, Druck, elektrische Spannung, korrosive Bedingungen) werden BPP meist aus Titan, Graphit, Stahl oder Edelstahl gefertigt und die Oberfläche zusätzlich mit Edelmetallen wie Gold oder Platin beschichtet. Hier will das Konsortium kostengünstigere Lösungen erproben, die den extremen Betriebsbedingungen gewachsen sind und die nötige Langzeitstabilität bieten.
  • Optimierte Lösungen für poröse Transportschichten (PTL). Diese unterstützen den effizienten Transport von Gasen, Flüssigkeiten und Ionen in der Elektrolysezelle und werden zwischen der Elektrode und der Bipolarplatte platziert. Optimierte PTL-Lösungen können die Effizienz der Reaktion erheblich steigern.

Wir wollen Fraunhofer-Kompetenzen einbringen, um einerseits einen Beitrag zur Energiesicherheit in Deutschland und Europa zu leisten und andererseits langfristige Kooperationen mit der SADC-Region aufzubauen, durch die Wertschöpfung vor Ort möglich wird“, sagt Prof. Mario Ragwitz, Co-Sprecher des Strategischen Forschungsfelds Wasserstofftechnologien in der Fraunhofer-Gesellschaft. So werde das HySecunda-Konsortium eng mit Partnern aus dem industriellen Projekt HyShiFT zusammenarbeiten, das die Wasserstoff-basierte Herstellung von grünen Flugkraftstoffen zum Ziel hat und dabei ebenfalls auf die Möglichkeiten in Südafrika setzt.

Die HySecunda-Partner, die sich zu einem Kickoff am 29. und 30. November 2023 in Halle an der Saale trafen, bieten hier komplementäre Kompetenzen und Ansätze. „Das ist ein gutes Beispiel, wie unser Konsortium andere Projekte in der Region begleiten und unterstützen kann“, sagt Ragwitz.

Für uns ist das HySecunda-Projekt ein ganz wichtiger Meilenstein für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff und seinen Derivaten. Wir freuen uns sehr, mit den Kompetenzen von neun verschiedenen Fraunhofer-Instituten die Erzeugung und Nutzung von grünem Wasserstoff und synthetischen Energieträgern im südafrikanischen Raum zu unterstützen“, sagt Dr. Klemens Ilse, Gruppenleiter Materialdiagnostik für H2-Technologien am im Projekt federführenden Fraunhofer IMWS. Das Forschungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von gut 15 Millionen Euro wird innerhalb des 7. Energieforschungsprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

Quelle: Fraunhofer IMWS – Pressemitteilung vom 19.12.2023

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Arne Spiller:

Hallo Zusammen,
eine Interessante Diskussion.
Wenn Sued Afrika ein zu instabiles Netz hat dann kann ich Ihnen Brasilien anbieten. Im Nord osten (Bundeslander Ceará und auch Wio Grande do Norte) haben hevoragende Wind uns Sonnendedingungen

Wuerde gerne mehr Informationen ueber gruenen Wasserstoff haben. Kann mir da jemand unter die Arme Greifen?

LG

Arne

MMM:

Gerne mal verlinken.

Carsten:

Der Schweiz geht es aber bereits so gut, dass sie es sich erlauben kann zusätzlich vom Export noch gut zu leben. Südafrika sollte erst mal auf ein stabiles Niveau kommen, die Stromversorgung im Land ist auf Kohle ausgelegt und instabil. Sollte Südafrika vom selbst erzeugten Strom gut leben können und dann noch was übrig haben könnte der Überschuss exportiert werden. Ansonsten sind wir weiterhin beim ausbeuterischen Kolonialismus.

Orhan Üstün:

Egal ob man in Deutschland oder irgendwo im sonnigen Gefilde mit einer Elektrolyseanlage grünen Wasserstoff erzeugen will, sollte man lieber auf den Projekt verzichten, denn entlang der ganzen Umwandlungskaskade von Gleichrichtung bis z.B. Betankung eines H2- angetriebenen Fahrzeugs gehen 75% der eingesetzten GRÜNEN elektrischen Energie verloren und es bleibt nur 25% der Energie! Es werden teuere Metalle und Seltene Erden für Elektroden, Membrane eingesetzt, deren Gewinnung nicht nur umweltproblematisch sind sondern auch ihre zukünftige Verfügbarkeit! Die Transporte von Hochdruckstahlflaschen mit schweren Trailern ist nicht nur teuer, sondern kann auch ein höheres Verkehrsaufkommen verursachen.
GIBT ES EINE GRÜNE ALTERNATIVE? JA
Eine neue Erfindung mit Nr. PCT/EP 2022/059728, die in die letzte Patentierungsphase eingetreten ist verbraucht 7,8 mal weniger Strom für die gleiche Wasserstoffmenge als die zu vergleichende PEM- Elektrolyseanlage z.B. beim Wasserkraftwerk der IBAarau und 5,5 mal weniger als die Elektrolyseanlage in Gösgen (beide in der Schweiz). Es werden weder Elektroden, noch Membrane und Katalysatoren eingesetzt. Die Umwelt wird weder mit CO2, noch mit irgendeinem Stoff belastet!
Bei diesem neuen Verfahren werden Eisen/Stahlkörner, auch Späne, Wasserdampf und Induktionsenergie in einem luftdicht geschlossenen System mit einem beweglichen Tigel eingesetzt. Auf einer Bodenfläche von (1,5 x 3) m können mit der Metallkörnermasse von 1 to in der Stunde min. 48 kg Wasserstoff produziert werden. Die Speicherdichte der Eisenoxidmasse übersteigt die volumetrische Speicherdichte der kommerziell verfügbaren Hochdruckspeicher mit 800 bar von H2- angetriebenen Fahrzeugen! Diese Technologie wird zukünftig gegenüber fossilen Brennstoffen konkurrenzfähig sein und sie wird endlich den Hochlauf der Wasserstoff- Wirtschaft und die notwendige Verbreitung ermöglichen!

Jakob Sperling:

An all die volkswirtschaftlichen Tiefflieger, die glauben, dass ein Land wie Südafrika (und andere Länder Afrikas) den Strom doch zuerst einmal für sich selber produzieren sollen:

Ich bin Schweizer. Die Schweiz exportiert viele Pharmazeutika, viel Schokolade und viel Käse. Alle diese Produkte fehlen aber deswegen in der Schweiz nicht, sie sind auch hier reichlich vorhanden. Warum? Weil unsere Volkswirtschaft mit dem Export dieser Produkte Geld verdient. Wir verdienen damit und ein paar anderen Produkten sogar so viel Geld, dass wir einerseits selbst reichlich Schokolade und Käse essen können und uns darüber hinaus auch z.B. noch deutsche und japanische Autos leisten können.

Mit irgend etwas muss eine Volkswirtschaft im Ausland Geld verdienen, sonst kann sie auch nichts importieren – z.B. Photovoltaik-Zellen und Windräder. Womit soll Südafrika sein Geld verdienen? Es macht doch Sinn, wenn gewisse Länder Afrikas mit den Produkten Geld verdienen, die sie bei sich besonders gut herstellen können. In sonnenreichen Gebieten ist das Strom aus Photovoltaik, in windreichen Gebieten Strom aus Windparks. Nur dann sind sie auch konkurrenzfähig mit diesen Produkten. Zudem sind beides recht saubere und nicht krankmachende Produkte im Vergleich zu ein paar anderen wie Diamanten, Gold oder Kobalt.

Also bitte. Selbstverständlich muss ein Land wie D auch ein Stück weit auf Autarkie achten. Ebenso muss es aber anderen Ländern Möglichkeiten zum Verkauf von dort gut herstellbaren Produkten gegen Devisen bieten. Sonst funktioniert das international einfach nicht.

Wolfbrecht Gösebert:

„Unstrittig ist eine Nutzung von versiegelten Flächen.“
Jaaa –
besonders »witzig« daran ist, dass diese Flächen sich gerade DA häufen, wo viel Strom verbraucht wird :P

EVFan:

Das Südafrika als Produzent von grünen Wasserstoff für Deutschland dienen soll, kann doch im Augenblick nur ein Witz sein. Sie haben im Lande enorme Probleme eine stabile Stromversorgung zu organisieren und dann soll der im Zweifel fehlende Strom auch noch für die Erzeugung und den Export von grünem Wasserstoff genutzt werden. Wenn solche Projekte in diesen Ländern nicht als weitere Ausbeutung erfahren werden sollen, müssen wir sicherstellen, dass zunächst eine ausreichende Stromversorgung der Bevölkerung im Lande gewährleistet ist.

Silverbeard:

Es reicht doch, wenn eine kleine Gruppe weiß, wie sie Subventionen und Profit generieren kann, oder nicht?

Wolfbrecht Gösebert:

„Wind und Strom ist auch kein [Produkt, das] hier produziert werden soll um den Wohlstand zu erhalten.“
Hint: Wind ist i.d.S. eh KEIN Produkt!
„[…] Mir wäre viel wichtiger z.B. unsere Ernährung im eigenen Land zu haben.“

Es ist wirklich ganz unnötig, zwischen beiden einen GEGENSATZ zu konstuieren:
Meine schon früher getroffene Aussage: “Genug Einstrahlungsenergie von der Sonne hätten wir hierzulande!”
enthält übrigens auch den Anteil der Sonnenenergie, die durch Windkraft-Anlagen nutzbar wird. Das z.B. beeinträchtigt die Agrarflächen praktisch nicht! Im übrigen haben wir u.a. dermaßen viel überbaute, versiegelte Flächen, die sich für künftige solare Nutzung gut eignen, dass aus DIESEM Grund eher keine Reduktion der Anbauflächen NÖTIG ist!

Zur Relativität des postulierten Bedarfs an Agrarflächen hat Silverbeard ja schon geschrieben, Zitat:
„Ohne die Futtermittelproduktion für Schlachtvieh bräuchten wir in Deutschland weniger als 20% der aktuellen Ackerfläche.“
So what?

alchemist:

Natürlich gibt es zu Ende gedacht soviel individuelle Ursachen wie migrierende Menschen. Aber ein ohnehin umstrittendes Phänomen für die Migration als kausal herauszustellen, welches mit Blick auf die Statistiken (https://euaa.europa.eu/latest-asylum-trends-asylum) definitiv eine eher marginale Rolle spielt, habe ich kritisiert.

Interessant, dass Du Sonnenwinde als Energiequelle für unseren Planeten ansiehst ;-) Im Ernst, im Kontext Deines Posts deuten Deine Formulierungen „autark machen“ und „genug Einstrahlungsenergie hätten wir ja“ auf deren direkte Nutzung bei uns. Die indirekte, intensive Nutzung der Einstrahlungsenergie auf der nördlichen Hemisphäre durch Umwandlung der resultierenden Konvektion in Rotation ist natürlich eine stark eingeschränkte Möglichkeit bei uns: regionale Unterschiede, Flächennutzung über die reinen Anlagen hinaus, Naturschutz, Akzeptanz seien genannt.

Unstrittig ist eine Nutzung von versiegelten Flächen.

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