Neuere Plug-in-Hybride nochmals durstiger als offizielle Angaben

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Michael Neißendorfer
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Auf Plug-in-Hybridfahrzeuge entfielen im ersten Quartal des Jahres 2022 etwa 9 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen in Europa. Ausgestattet mit einem Verbrennungsmotor sowie einem Elektroantrieb ist ihr Beitrag zur Emissionsminderung stark abhängig vom realen Nutzungsverhalten. Für eine gemeinsame Studie (hier als PDF-Zusammenfassung) untersuchten das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI sowie die gemeinnützige Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) umfangreiches Datenmaterial zur realen Nutzung von etwa 9000 Plug-in-Hybridfahrzeugen aus ganz Europa. Das Kernergebnis zeigt: Die Kraftstoffverbräuche der Fahrzeuge liegen im Schnitt deutlich über den offiziellen Testzyklen – und sind zuletzt sogar angestiegen.

Für ihre statistischen Analysen nutzten die Forscher:innen unter anderem anonymisierte Daten, die Fahrzeughalter freiwillig an Online-Portale wie Spritmonitor.de oder im Rahmen früherer Befragungen übermittelt hatten. Einbezogen wurden auch Auswertungen zu Firmenfahrzeugen, die Flottenkunden zur Verfügung stellten.

„Im Mittel fallen die realen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen von Plug-in-Hybridfahrzeugen bei privaten Haltern in Deutschland und anderen europäischen Ländern etwa dreimal so hoch aus wie im offiziellen Testzyklus, während die Werte bei Dienstwagen sogar etwa fünfmal so hoch sind.“ – Dr. Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfeld Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI und Hauptautor der Studie

Damit ist die Abweichung zwischen den offiziellen Angaben der Hersteller und den realen Erfahrungswerten bei Plug-in-Hybridfahrzeugen sehr viel größer als bei Fahrzeugen mit konventionellem Verbrennungsmotor. Der reale Kraftstoffverbrauch liegt für private Plug-in-Hybride im Durchschnitt bei etwa 4 bis 4,4 Litern je 100 Kilometern. Bei Dienstwagen sind es sogar 7,6 bis 8,4 Liter. Laut offiziellem Testverfahren liegt der Verbrauch im Durchschnitt dagegen bei circa 1,6 bzw. 1,7 Litern je 100 Kilometern.

Diese Werte entsprechen Auspuffemissionen von 90 bis 105 g CO2/km für Privatfahrzeuge und 175 bis 195 g CO2/km für Dienstwagen im Vergleich zu nur 37 bis 39 g CO2/km in der WLTP-Typgenehmigung. Jeder über den offiziellen Wert hinaus verbrannte Liter Benzin ist also nicht nur teuer für die Halter:innen der Fahrzeuge, sondern entspricht einer Überschreitung der Emissionen, die laut CO2-Standards der EU für die Neuwagenflotten der Hersteller vorgesehen sind.

Neue Untersuchung zeigt Anstieg bei Abweichung vom durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch

Gegenüber einer früheren Untersuchung von Fraunhofer ISI und ICCT aus dem Jahr 2020 ist die Abweichung von Plug-in-Hybriden sogar noch weiter angestiegen. „Plug-in-Hybride, welche nach der neuen WLTP-Norm zertifiziert sind, weisen tendenziell eine noch höhere Abweichung auf als ältere, NEFZ-zertifizierte Modelle“, so Dr. Georg Bieker, einer der Mitautor:innen.

Jedes Jahr steigt die Abweichung zwischen offiziellen und realen Kraftstoffverbräuchen und CO2-Emissionen um etwa 0,1 bis 0,2 Liter je 100 Kilometer an, fanden die Forscher:innen bei ihrer Datenanalyse heraus. Im Durchschnitt erbringen rein privat genutzte Plug-in-Hybride lediglich etwa 45 bis 49 Prozent ihrer Fahrleistung weitgehend elektrisch, bei Dienstwagen sind es sogar nur 11 bis 15 Prozent.

Die Forscher:innen des Fraunhofer ISI und des ICCT leiten aus ihren Studienergebnissen konkrete Handlungsempfehlungen ab: „Um die Überschreitung der offiziellen Emissionen nicht weiter zu erhöhen, sollten Förderinstrumente wie Kaufprämien und reduzierte Dienstwagenbesteuerung an den Nachweis eines elektrischen Fahranteils von etwa 80 Prozent oder einen Verbrauch von etwa 2 Litern pro 100 km im realen Betrieb geknüpft sein“, empfiehlt ICCT-Direktor Dr. Peter Mock der Bundesregierung. Darüber hinaus sollte der Utility Factor, welcher im WLTP den angenommenen elektrischen Fahranteil von Plug-in-Hybriden angibt, an die reale Nutzung angepasst werden. Mit einer aktuellen Gesetzesinitiative greift die Europäische Kommissionen diesen Vorschlag bereits auf.

Langfristig lassen sich mit den hohen realen Emissionen von Plug-in-Hybriden die Klimaziele Deutschlands und der Europäischen Union nicht erreichen. Wie von der Kommission für die künftigen CO2-Standards vorgeschlagen, sollten daher ab dem Jahr 2035 keine neuen Plug-in-Hybride mehr zugelassen werden. Eine entscheidende Abstimmung der Umweltminister:innen der EU-Mitgliedsstaaten hierzu wird für den 28. Juni erwartet.

Quelle: Fraunhofer ISI – Pressemitteilung vom 09.06.2022

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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