Interview mit Stefan Pagenkopf-Martin, Geschäftsführer von Parkstrom
Ein Elektroauto unterwegs so einfach zu laden wie einen Verbrenner an der Tankstelle aufzutanken – das wäre was! Leider sind wir davon noch ein gutes Stück entfernt. Aber es tut sich etwas: Einen großen Schritt zu diesem Ziel macht Parkstrom.
Der Berliner Ladedienstleister bietet das Direct Payment-Verfahren Giro-e an, mit dem Emobilisten an der Ladesäule einfach mit einer kontaktlosen Girokarte bezahlen können – wir haben darüber berichtet, das neue System wurde heiß in unserer Kommentarspalte diskutiert. Grund genug, Parkstrom zu fragen, wie das System genau funktioniert und ob tatsächlich die Vorteile überwiegen.
Wieso bietet Parkstrom Giro-e an?
Als Ladedienstleister sind wir fortwährend darum bemüht, alle Prozesse rund um das Laden von Elektroautos für unsere Kunden noch komfortabler zu machen und so dazu beizutragen, dass sich die Elektromobilität etablieren kann. Wir sind bereits seit 2012 aktiv und haben die Entwicklungen im Ladeinfrastrukturmarkt in Deutschland sehr genau mitbekommen. Wir wissen, dass der Ladekarten-Salat, wie Sie es genannt haben, für viele Nutzer ein echtes Ärgernis ist.
Giro-e schafft hier Abhilfe: Elektroauto-Fahrer können sich an allen Giro-e-fähigen Ladestationen ganz unkompliziert und ohne Vertragsbindung mit ihrer kontaktlosen Girokarte anmelden, den Ladevorgang starten und beenden. Die Abrechnung erfolgt dann direkt über das Bankkonto. Die eigene Bankkarte wird zur Ladekarte, einfacher geht es nicht. Außerdem eröffnen sich durch das Wegfallen von Roaming- und Providerkosten Preisvorteile für Betreiber und Kunden.
Hinzu kommt noch, dass das Bezahlen mit der kontaktlosen Girokarte wesentlich sicherer ist als mit den heute üblichen, hoffnungslos veralteten RFID-Karten der Betreiber und Roaminganbieter.
Das klingt erstmal gut. Und wo ist der Haken?
Es gibt keinen. Giro-e wurde als barrierefreies Bezahlsystem von der GLS-Bank entwickelt, verwendet werden kann es aber mit jeder kontaktlosen Girokarte jeder beliebigen deutschen Bank. Aktuell sind rund 50 Millionen dieser Karten in Deutschland im Umlauf. Wir können hier also mit Recht vom größten „Ladekartensystem“ sprechen. Zu den bereits genannten Vorteilen von Giro-e kommen ja noch weitere: Es gibt keine Limitierung des Ladebetrags für die Nutzer, es werden individuelle Abrechnungsmodelle zwischen Betreiber und Giro-e abgeschlossen, es ist eine eichrechtskonforme Abrechnungslösung usw.
Wie funktioniert das System genau?
Für die Elektroauto-Fahrer ist die Nutzung ganz einfach: Die Freischaltung erfolgt kontaktlos durch eine NFC-fähige „EC-Karte“, alle Preise sind transparent und werden angezeigt. I.d.R. erscheinen die Ladekosten 2 Werktage nach dem Ladevorgang auf dem Kontoauszug bzw. in den Kontoumsätzen. Dort steht im Verwendungszweck ein Weblink, mit dem eine detaillierte Abrechnung online abgerufen werden kann.
Zudem besteht die Möglichkeit, nach einer Registrierung alle vorherigen Ladevorgänge einzusehen und Rechnungen zu erzeugen. Im Vergleich zu den derzeit noch gängigen Systemen vereinfacht Giro-e das Laden massiv und baut Barrieren ab. Dies macht sich natürlich auch für die Betreiber von Ladeinfrastruktur bezahlt, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Elektroautos ebenso wie die der kontaktlosen Girokarten in den kommenden Jahren weiter steigen wird.
Betreiber benötigen ein Bankkonto bei der GLS-Bank für die Gutschrift der Ladevorgänge. Dazu kommen noch übersichtliche Transaktionskosten. Das Zahlungsausfallrisiko wird übrigens von der GLS Bank übernommen. Auch für Hotels und Gastronomie sowie alle anderen Orte mit wechselnder Kundschaft sind Giro-e-fähige Ladelösungen, wie Parkstrom sie anbietet, hochattraktiv. Der Zugang ist einfach, die Abrechnung unkompliziert und es lassen sich verschiedene Nutzergruppen verwalten.
Wäre es nicht noch barrierefreier gewesen, eine Kreditkarte statt einer Girokarte zu verwenden, um ausländischen Besuchern ebenfalls eine Nutzung zu ermöglichen?
Der Einbau von Kreditkarten Lesegeräten ist für den Betreiber mit hohen Kosten verbunden, die sich aktuell z.B. bei maximal 1- 2 Ladevorgängen pro Tag an AC-Ladesäulen nicht rechnen. Mit dem neuen Giro-e online soll es dennoch möglich werden, per Kreditkarte zu zahlen. Per QR-Code kann eine Webseite aufgerufen werden, über die man sich anmeldet. Aktuell ist das System in der finalen Testphase.
Warum hat sich aus Ihrer Sicht die „EC-Karte“ nicht von vorneherein als Standard bei allen Ladeinfrastruktur-Anbietern durchgesetzt? Stehen bei der Ladeinfrastruktur die wirtschaftlichen Interessen der Betreiber der Nutzerfreundlichkeit entgegen?
Ich denke, bei neuen Technologien kreieren die Hersteller zu Beginn immer verschiedene Lösungen, das ist m. E. ein normaler und auch nachvollziehbarer Prozess. Bei steigender Verbreitung eines Produkts setzen dann Standardisierungsprozesse ein. Jetzt, wo die Elektromobilität vor dem Durchbruch steht, haben alle Hersteller und Betreiber ein Interesse daran, den Zugang zur Ladeinfrastruktur so einfach und kundenfreundlich wie möglich zu machen.
Wir jedenfalls verzeichnen ein großes Interesse an Giro-e-fähigen Ladelösungen, die wir für unsere Kunden in Gesamtpakete einbinden, die alle Anforderungen berücksichtigen. Ich bin sicher, dass Direct Payment-Systeme wie Giro-e die Attraktivität der Elektromobilität erhöhen und so ihren Teil zur Mobilitätswende leisten.
Die Parkstrom GmbH wurde 2012 gegründet und wird gemeinsam von Stefan Pagenkopf-Martin und Dr. Andreas Zumschlinge geführt. Der Ladedienst- leister mit Sitz in Berlin fördert die Elektrifizierung des Straßenverkehrs durch die Schaffung von intelligenter Ladeinfrastruktur. Die Lösungskompetenz von Parkstrom liegt in Beratung, Installation sowie Betrieb von Ladeinfrastruktur und eich- und messrechtskonformer Abrechnung von Ladevorgängen im öffentlichen und halböffentlichen Raum.