Fliegen mit Strom: Die Herausforderung der E-Luftfahrt

Cover Image for Fliegen mit Strom: Die Herausforderung der E-Luftfahrt
Copyright ©

Green Aviation Hub

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Elektromobilität endet nicht am Straßenrand – das zeigt Marcus Weber vom Green Aviation Hub aus Mannheim eindrucksvoll. In unserer aktuellen Podcast-Folge habe ich mit ihm über die Herausforderungen und Chancen der elektrischen Luftfahrt gesprochen. Der Green Aviation Hub, entstanden aus einer Gruppe von klimaengagierten Privatpiloten, hat sich zum Ziel gesetzt, klimafreundliche Fliegerei voranzutreiben. Dabei geht es nicht nur um Elektroflugzeuge, sondern um ein ganzheitliches Konzept: Ladeinfrastruktur, Stromversorgung durch erneuerbare Energien und Schulungen für Pilot:innen.

Während E-Autos mittlerweile zum Alltag gehören, steckt die Elektrofliegerei noch in den Kinderschuhen. Marcus betont, dass es dabei nicht um futuristische eVTOLs wie den Volocopter geht, sondern um konventionelle Flächenflugzeuge mit Elektroantrieb. Ein Pionier in diesem Bereich ist die slowenische Firma Pipistrel mit ihrem Modell Velis Electro – dem bislang einzigen E-Flugzeug mit einer EASA-Typenzertifizierung. Über 130 Stück wurden bereits weltweit verkauft, und das Modell wird aktiv für die Pilotenausbildung genutzt.

Green Aviation Hub

Eine der größten Herausforderungen bleibt die Infrastruktur. Die Ladeinfrastruktur für Flugzeuge steckt im Vergleich zum Pkw-Sektor rund zehn Jahre zurück. „Das Flugzeug ist da, aber wir haben kaum Ladepunkte“, so Marcus. Ein weiteres Problem: das Henne-Ei-Prinzip. Flugplätze installieren keine Ladepunkte, weil es kaum Elektroflugzeuge gibt – und Flugschulen kaufen keine Elektroflugzeuge, weil sie nicht geladen werden können. Green Aviation Hub setzt genau hier an, berät Flugplätze und Flugschulen und entwickelt Konzepte für eine sinnvolle Ladeinfrastruktur.

Technisch gesehen unterscheidet sich ein Elektroflugzeug in einigen Punkten deutlich von einem herkömmlichen Flieger mit Verbrennungsmotor. Piloten müssen daher eine sogenannte Unterschiedsschulung (Difference Training) absolvieren, um sich mit der neuen Technologie vertraut zu machen. Anstelle von klassischen Triebwerkskontrollen müssen sie sich mit Batterietechnik, Inverter-Systemen und alternativen Notverfahren auseinandersetzen.

Aber warum überhaupt elektrisch fliegen? Neben der offensichtlichen CO₂-Verringerung gibt es handfeste wirtschaftliche Vorteile. Der Unterhalt eines Elektroflugzeugs ist in vielen Bereichen günstiger: kein teures Flugbenzin, weniger Wartung, geringere Betriebskosten. Allerdings sind die Anschaffungskosten noch hoch – ein Pipistrel Velis Electro kostet rund 200.000 Euro. Zudem treiben strenge Regularien die Kosten: Elektromotoren müssen nach relativ kurzen Laufzeiten ausgetauscht werden, unabhängig von ihrem tatsächlichen Zustand. Das macht die Wirtschaftlichkeit aktuell noch herausfordernd.

Green Aviation Hub

Ein weiterer zentraler Punkt: die Reichweite. Derzeit sind die meisten Elektroflugzeuge auf Kurzstrecken beschränkt – ideal für Flugschulen und Trainingsflüge, aber bisher nicht für den breiten kommerziellen Einsatz. Aber es gibt vielversprechende Entwicklungen, etwa größere Elektroflugzeuge für die Regionalmobilität. In China wird derzeit ein viersitziges Modell entwickelt, und mit der deutschen Firma Veridian steht bereits ein Player bereit, der mit einem neun-sitzigen E-Flugzeug Kurzstreckenflüge revolutionieren will.

Auch bei der Ladeinfrastruktur tut sich etwas. Bisher setzen Hersteller auf proprietäre Systeme, was den Ausbau hemmt. Doch in Kürze wird der CCS-Standard eingeführt – das gleiche Schnellladesystem, das auch bei Elektroautos genutzt wird. Das ermöglicht höhere Ladeleistungen und eine einfachere Integration in bestehende Infrastruktur. Die elektrische Luftfahrt steht noch am Anfang, doch die Fortschritte sind nicht zu übersehen. „Die großen Player schauen auf den Markt, es gibt Bewegung, und der Druck wächst“, sagt Marcus. Wer also glaubt, dass E-Mobilität nur etwas für die Straße ist, sollte einen Blick in den Himmel werfen. Nun aber genug der Vorworte – lasst uns direkt ins Gespräch einsteigen.

Gerne kannst du mir Fragen zur E-Mobilität, die dich im Alltag beschäftigen, per Mail zukommen lassen. Die Antwort darauf könnte für andere Hörer des Podcasts ebenfalls von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für etwaige Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung beim Podcast-Anbieter deiner Wahl freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.

worthy pixel img
Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Stephan:

Spannendes Thema und super interessantes Konzept für eine neue Art der Regionalfliegerei. So wie ich das sehe, wird dadurch aber kein CO2 letztlich eingespart sondern primär wirtschaftliches Wachstum geschaffen, ohne jedoch dabei mehr CO2 aus zu stoßen. Denn ich glaube nicht, dass die Wege, die dann künftig per E-Flieger zurück gelegt werden, von der Straße auf den klimaneutralen Flieger wechseln, sondern zusätzlich zurück gelegt werden.
Nichts desto trotz wäre das jedoch auch ein toller Erfolg wirtschaftliches Wachstum zu generieren, ohne zusätzliches CO2 dabei auszustoßen.
Ich hoffe nur, dass die künftigen e-Piloten wirklich fit sind, denn der Luftraum über Deutschland ist so schon eng, wenn dann noch mehr zusätzliche Kleinflieger den Himmel bevölkern, wachsen damit die Konflikte mit den Großen.

Frank2:

Kein Problem der Furcht – aber ein Problem der Zertifikation nach FAA oder EASA Regeln.

Captain Ahab:

Frank, wie sagt man so schön?
‚Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben.‘

Jakob Sperling:

Aus der Sicht von D könnte man sich etwa folgende Lieferanten von grünem Wasserstoff vorstellen:

1/3 D selbst
1/4 per Pipeline aus Nordsee-Region mit Norwegen, GB, etc.
1/4 per Pipeline aus Nordafrika mit Marokko, Algerien und Tunesien
1/6 per Schiff aus Übersee, z.B. Namibia, Chile, Australien

Gut verteilt auf viele Quellen
und insgesamt fast durchwegs deutlich appetitlichere Lieferanten als die aktuellen Lieferanten von fossilen Brennstoffen oder Uran.

Daniel W.:

Die großen Flugzeuge werden weiterhin mit flüssigen Kraftstoffen betrieben, die Frage ist, ob dabei Brennstoffzellen mitspielen oder nicht.

Die wichtigste Frage ist, wann gibt es die grünen Kraftstoffe in ausreichenden Mengen, um damit Flugzeuge und Schiffe zu versorgen.

Und wie immer das Problem: Welche Diktatoren, Kriegsherren und Kriege unterstützen wir mit dem Kauf dieser grünen Kraftstoffe.

Jakob Sperling:

Technisch sehr interessant und (trotz des falschen Titels) jedem zu empfehlen:

YouTube: Why Hydrogen-Powered Planes Will Beat Electric Planes
https://www.youtube.com/watch?v=IMb5Frr-520&t=137s

Jakob Sperling:

Bei U-Booten gibt es das.
Hätten sie Batterien mit der gleichen Menge Energie dabei, würden sie gar nie mehr auftauchen.

Captain Ahab:

Schon noch extrem, wie man einen ganzen Artikel über die Fliegerei mit Elektromotoren, bzw. ‚Fliegen mit Strom‘ schreiben kann, ohne das Wort Wasserstoff auch nur zu erwähnen.

Anton:

Atomenergie wäre noch besser

Ähnliche Artikel

Cover Image for Langzeittest: So gut ist ein VW ID.3 nach 160.000 Kilometern

Langzeittest: So gut ist ein VW ID.3 nach 160.000 Kilometern

Daniel Krenzer  —  

Von einem Fall für die Garantie ist der Akku aus dem „Elektro-Golf“ von 2020 noch Welten entfernt. Fast egal also, dass sie bereits abgelaufen ist.

Cover Image for Strommix: Erneuerbare bei 54 Prozent im ersten Halbjahr

Strommix: Erneuerbare bei 54 Prozent im ersten Halbjahr

Sebastian Henßler  —  

Im ersten Halbjahr 2025 stammten 54 Prozent des Stromverbrauchs aus Erneuerbaren – trotz wetterbedingter Einbußen bei Wind- und Wasserkraftanlagen.

Cover Image for Alle Daten und Fakten zum neuen Mercedes-Benz CLA Shooting Brake

Alle Daten und Fakten zum neuen Mercedes-Benz CLA Shooting Brake

Michael Neißendorfer  —  

Der neue CLA Shooting Brake ist der erste elektrische Mercedes‑Benz mit Kombi-Heck und soll 2026 erhältlich sein. Alle Daten und Fakten.

Cover Image for Bidirektionales Laden: Jeder Dritte ist bereit – jetzt kommt es auf Umsetzung und Vertrauen an

Bidirektionales Laden: Jeder Dritte ist bereit – jetzt kommt es auf Umsetzung und Vertrauen an

Michael Neißendorfer  —  

Das Interesse an V2H und V2G ist da – doch für den Marktdurchbruch braucht es überzeugende Angebote und belastbares Vertrauen.

Cover Image for Kia preist Kompaktstromer EV4 bei 37.590 Euro ein

Kia preist Kompaktstromer EV4 bei 37.590 Euro ein

Michael Neißendorfer  —  

Kia erweitert sein Angebot in der Kompaktklasse durch zwei weitere Elektroautos: das Schrägheckmodell EV4 sowie dessen Limousinen-Variante EV4 Fastback.

Cover Image for Die neue Bundesregierung nimmt Klimaschutz nicht ernst genug

Die neue Bundesregierung nimmt Klimaschutz nicht ernst genug

Daniel Krenzer  —  

Der Unfug von Stammtischen und sozialen Netzwerken hält immer mehr Einzug in die Aussagen von CDU-Bundespolitikern, bedauert unser Autor.