Auch der Agrarsektor und der öffentliche Bereich sind mehr und mehr bemüht, ihre CO2-Emissionen zu verringern. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe und Kommunen reduzieren ihren CO2-Fußabdruck bereits durch die Erzeugung von erneuerbaren Energien oder den Einsatz von Elektrofahrzeugen. Hier bringt der Traktorenhersteller Fendt nun einen neuen Elektrotraktor auf die Straße – bzw. auf den Acker –, den Fendt e100 Vario.
Der Fendt e100 Vario wurde für den Einsatz im Kommunalbereich, in Sonderkulturen, wie im Gemüsebau, auf Tierhaltungsbetrieben beispielsweise für Milchvieh oder Pferde sowie als Hoftraktor auf landwirtschaftlichen Betrieben mit eigener Energieproduktion entwickelt. Das kompakte Modell Fendt e107 Vario hat mit einer Außenbreite von 2,16 Metern sowie einer Höhe ab 2,64 Meter bei Serienbereifung vergleichbare Maße mit dem Fendt 200 Vario. Der Fendt e107 Vario ist in den Ausstattungsvarianten Profi und Profi+ erhältlich.
Der Antriebsstrang des e107 Vario baut sich aus der Batterie mit einem Elektromotor und dem Fendt Variogetriebe auf. Der Elektrotraktor verfügt über einen Elektromotor, dessen Leistung in drei Fahrmodi geregelt werden kann. Der maximale Leistungsbereich liegt bei 50 kW (68 PS) im Betriebsmodus Eco. Im Modus Dynamic stehen bis zu 55 kW (75 PS) bereit, als Peak-Antriebsleistung stellt die Maschine im Betriebsmodus Dynamic+ kurzzeitig bis zu 66 kW (90 PS) zur Verfügung. Sein maximales Drehmoment von 347 Nm sorge für optimale Durchzugskraft und ein dynamisches Fahrgefühl.
Mit einer Akkukapazität von 100 kWh erreicht der E-Traktor bei Einsätzen im Teillastbereich wie bei mechanischer Unkrautbekämpfung oder Pflanzarbeiten laut Hersteller eine Einsatzzeit von etwa 4 bis 7 Stunden. Energieintensive Einsätze beispielsweise mit einem Anhänger im Transport verringern die Einsatzzeit.
Der Fendt e100 Vario kann optional ab Werk mit dem Fendt Cargo 3X65 Frontlader ausgestattet werden. Das Design der Fendt Komfortkabine ist auf den Einsatz mit einem Frontlader optimiert. Das Dachfenster im Fendt e100 Vario sorge mit 100° Sichtwinkel für gute Sicht. Dies erleichtere Frontladerarbeiten in der Höhe, wie etwa die Einlagerung von Ballen. Der optionale 3L Joystick kann unter anderem für die Bedienung des Frontladers mit integrierter Funktion zum Fahrtrichtungswechsel verwendet werden und das Umgreifen entfällt.
Betriebe und Kommunen profitieren von geringen Strom- und Betriebskosten
Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe und Kommunen sind bereits mit Infrastruktur zur Erzeugung von erneuerbaren Energien ausgestattet und nutzen nachhaltige Energiequellen wie Photovoltaik, Windkraft oder Biogas. Geladen mit diesem grünen Strom arbeitet der Fendt e100 Vario nahezu CO2-neutral – ein geschlossener Energiekreislauf von der Erzeugung bis zur Nutzung. Daraus ergeben sich gleich zwei positive Folgen: Der CO2-Ausstoß des Betriebes und die Betriebskosten des Traktors sinken signifikant. Niedrigere Wartungsaufwände durch den Entfall von Technologien zur Abgasnachbehandlung, Motorfilter und Motoröl verringern die Betriebskosten der Maschine weiter.
Die Kombination aus kompakten Maßen, dem Fendt Variogetriebe und abgasfreiem Arbeiten ermöglicht neben Einsätzen im Ackerbau, Grünland oder Gemüsebau auch die Einfahrt in Ställe und Gewächshäuser, denn weder Menschen noch Tiere sind Abgasen ausgesetzt. Bei Traktoren mit Dieselmotor kann sich zudem das Abgasrohr erhitzen und beispielsweise in Folientunneln die Folie beschädigen. Da der Fendt e100 Vario ohne Abgasrohr und mit deutlich geringeren Temperaturen arbeitet, ist diese Gefahr nicht gegeben. Ferner kann der E-Traktor auch im kommunalen Bereich zum Einsatz kommen, beispielsweise bei der Pflege von Grünflächen oder im Winterdienst.
Der elektrisch betriebene Traktor arbeitet leiser als Maschinen mit einem konventionellen Dieselmotor. Das erweitert die Einsatzzeit in geräuschsensiblen Bereich wie Wohngebieten oder urbanen Parkanlagen beispielsweise beim Streuen im Winterdienst. Zugelassen für eine Geschwindigkeit von bis zu 40 km/h kann der E-Traktor in Kommunen sowie auf landwirtschaftlichen Betrieben auch im Kurzstreckentransport laufen.
Laden wie beim E-Auto: per CCS oder Typ 2
Dem Automobilstandard entsprechend ist der Fendt e100 Vario mit einer CCS-Steckdose ausgerüstet und kompatibel mit handelsüblichen Wallboxen oder öffentlichen Ladesäulen. Bisher verfügen landwirtschaftliche Betriebe und Kommunen noch nicht über eine flächendeckende Infrastruktur mit DC-Schnellladesteckdosen. Der Typ2-Stecker ermöglicht das Laden über Wechselstrom bis 22 kW.
Ergänzend kann der Fendt e107 Vario über eine weit verbreitete rote Industriesteckdose mit 32 A in Kombination mit einem mobilen Ladegerät mit 22 kW laden. Mit dieser Ladeleistung kann die Batterie innerhalb von ca. 5 Stunden vollständig aufgeladen werden. Über den CCS-Stecker ist auch DC-Schnellladen mit bis zu 80 kW Ladeleistung möglich. Die Batterie lädt dann innerhalb von etwa 45 Minuten von 20 auf 80 Prozent Ladekapazität auf.
Über den Bereich AGCO Parts bietet Fendt zudem ein 22 kW Schnellladekabel-Set inklusive einer Wandhalterung an. Das Ladekabel verfügt über Adapter für 16 und 32 A, sodass es für unterschiedliche Ausgangsbedingungen genutzt werden kann. Dazu kommt eine Wallbox mit einer optionalen Möglichkeit zur Abrechnung im Fendt Branding. Die integrierte Software ermöglicht Laden mit 11 oder 22 kW. Wahlweise können Kundinnen und Kunden zudem eine Fendt Schnellladesäule bestellen.
Im Vergleich zu einem Verbrennungsmotor entstehen bei einem Elektromotor deutlich weniger Energieverluste beispielsweise durch Abwärme. Dadurch erreicht er einen höheren Wirkungsgrad und die bereitgestellte Energie wird wesentlich besser genutzt. Der Fendt e107 Vario wurde konsequent auf nachhaltige Energienutzung hin entwickelt. So verringert die Start-Stopp Funktion den Energieverbrauch und die Betriebsstundenzahl des Traktors merklich. Durch Rekuperation wird zudem Energie zurückgewonnen. Diese kann durch einen eigenen Fußtaster für erhöhte Rekuperation weiter steigen.
Darüber hinaus stehen drei Betriebsmodi – Eco, Dynamic und Dynamic+ zur Auswahl, um die Energienutzung entsprechend des Arbeitseinsatzes anzupassen. Der Fahrmodus Eco bietet sich besonders für Einsätze mit einem niedrigen Leistungsbedarf wie Streuen im Winterdienst oder Pflanzen von Gemüse an, während Dynamic für leistungsintensivere Einsätze wie beispielsweise Mäharbeiten genutzt wird. Für eine kurze Zeit setzt der Modus Dynamic+ zeitlich begrenzt zusätzlich Energie frei, um beispielsweise Steigungen zu überwinden.
Dank integriertem Thermomanagement arbeite die Batterie unabhängig von der Jahreszeit oder Witterung immer mit der optimalen Temperatur. Dies schone die Batterie und verlängere ihre Lebensdauer. Wird der Timer am Vortag aktiviert, ist die Maschine pünktlich zum Arbeitsbeginn auf Betriebstemperatur. Ein komplett neu entwickeltes, energiesparendes Lüfterkonzept mit einem reversierbaren Lüfter ist in das Thermomanagement integriert.
Speziell entwickelte Bereifung
Standardmäßig ist der Fendt e107 Vario mit Reifen der Dimension 340/70R24 für die Vorderachse, sowie Reifen der Dimension 480/70R30 für die Hinterachse ausgestattet. Speziell für diese Baureihe haben Fendt und Trelleborg gemeinsam den Reifen TM1 Eco Power entwickelt. Bei der Entwicklung stand das Zusammenspiel aus Leistung und Energieeffizienz im Vordergrund und 65 Prozent der Bestandteile stammen aus erneuerbaren oder recycelten Quellen. Die Reifen zeichnen sich Fendt zufolge durch einen besonders geringen Rollwiderstand aus, um energieschonend zu arbeiten und damit die Batterielaufzeit zu verlängern. Dazu kommen optimale Traktion, Stabilität und Fahrkomfort auf unterschiedlichen Untergründen, sowie ein selbstreinigendes Profil für landwirtschaftliche Einsätze.
Der Fendt e107 Vario ist bereits bestellbar und soll ab dem zweiten Quartal 2025 im Traktorenwerk Marktoberdorf produziert werden. Neben den Pilotmärkten Deutschland, Norwegen und den Niederlanden kommen nun weitere Märkte hinzu: Österreich, Schweiz, Dänemark, Schweden, Italien und Spanien. Die Maschine ist bei dafür qualifizierten Händlern verfügbar. Die Verfügbarkeit soll sukzessive ausgeweitet werden, abhängig von der Infrastruktur in den Regionen sowie im Handel.
Über den Preis des e100 Vario in der Standardversion macht Fendt keine Angaben. Das Fachblatt Agrar Heute geht davon aus, dass die Elektroversion analog zum Schmalspur e100 60 bis 70 Prozent teurer sein dürfte als der vergleichbare Diesel und schätzt den Listenpreis daher auf etwa 210.000 Euro. Die Mehrkosten müssen Betriebe allerdings nicht alleine tragen: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert den Mehrpreis von Elektrotraktoren mit 40 Prozent.
Quelle: Fendt – Pressemitteilung vom 18.09.2024 / Agrar Heute – Fendt zeigt neuen Elektro-Traktor mit 90 PS