Diesel-elektrische Flugzeugschlepper sparen tausende Tonnen Kerosin

Cover Image for Diesel-elektrische Flugzeugschlepper sparen tausende Tonnen Kerosin
Copyright ©

Siemens

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Bisher bewältigen Flugzeuge die Strecke vom Gate zur Startbahn mit eigener Turbinenkraft. Ein neu entwickeltes dieselelektrisches Schleppfahrzeug von Siemens übernimmt das jetzt für sie, was tonnenweise Kraftstoff sparen kann. Das umweltfreundliche Kraftpaket wurde für den Airbus 320 zertifiziert – und kann damit in Zukunft etwa 70 Prozent der weltweiten Passagierflugzeuge vom Gate zur Startbahn ziehen. Das Resultat: Weniger Lärm, längere Wartungsintervalle – und vor allem ein spürbar geringerer Kerosinverbrauch.

Wenn wie bisher Flugzeuge am Airport die Strecke zwischen Gate und Startbahn mit eigener Turbinenkraft bewältigen, ist das sehr unwirtschaftlich. Bis zu einer Tonne Kerosin wird je nach Flugzeuggröße und Weglänge bei diesem sogenannten Taxiing verbraucht. Deutlich effizienter wäre es, die Flugzeuge über das Bugrad mit dieselelektrisch angetriebenen Schleppern zum Start zu ziehen. Die Triebwerke blieben dabei ausgeschaltet.

Solche Schlepper hat Siemens zusammen mit der Israel Aerospace Industries und Lufthansa LEOS und der französischen TLD-Gruppe, einem Marktführer für Handling-Equipment an Flughäfen, entwickelt. Seit 2011 läuft die Gemeinschaftsarbeit an der umweltfreundlichen Taxiing-Lösung schon. Von Siemens stammt dabei der Antriebsstrang, bestehend aus Generatoren, Elektromotoren, Umrichtern sowie Elektronik und Software.

Kraftpakete mit Einsparpotenzial

Diese sogenannten Taxiing Robots oder TaxiBots sind ziemliche Kraftpakete – etwa 500 Kilowatt Antriebsleistung bzw. knapp 800 PS bringen sie auf die Piste und legen dabei ein Drehmoment von satten 45.000 Newtonmeter an den Tag. Das entspricht dem Drehmoment von etwa 100 Mittelklassewagen.

Nach umfangreichen Tests setzt etwa die Lufthansa das Fahrzeug bereits regulär am Frankfurter Flughafen ein. Das Unternehmen gibt an, dass sich mit den Schleppern alleine in der Stadt am Main pro Jahr rund 11.000 Tonnen Kerosin einsparen lassen.

TaxiBots sparen aber nicht nur Kerosin und Abgase, sie reduzieren auch die Belastung der Flugzeugtriebwerke und verlängern so deren Wartungsintervalle. Außerdem verursachen sie weniger Lärm als die Flugzeugturbinen. Sie sind knapp zwei Drittel leiser, als wenn die Flugzeuge selbst rollen.

Aktuell arbeitet das Team auch an der Lösung für Großraumflugzeuge, wie etwa dem Airbus 380 oder der Boeing 747. Dieser TaxiBot-Typ hat statt vier sechs Radpaare und eine doppelte Leistung von 1 Megawatt mit gut 1.350 PS – und einem Drehmoment von mehr als 300 Mittelklassewagen.

Wichtig für die Entwicklung der TaxiBots war, dass die Kontrolle des Flugzeugs weiterhin alleine beim Piloten liegt, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Denn sollte ein Schlepper ein rollendes Flugzeug mit hunderten Tonnen Gewicht bremsen, wäre aufgrund der immensen Wechselbelastung die Gefahr groß, dass etwa das Bugrad beschädigt wird. Die Umstellung auf das neue Taxiing scheint nicht schwierig zu sein: Die Piloten, die am Test beteiligt waren, bestätigten, dass das Rollen mit dem TaxiBot genauso gut kontrolliert funktioniert wie mit eigener Triebkraft.

Quelle: Siemens – Pressemitteilung vom 17.10.2017

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Ähnliche Artikel

Cover Image for Škoda-Chef Zellmer: E-Auto für 20.000 Euro nicht machbar

Škoda-Chef Zellmer: E-Auto für 20.000 Euro nicht machbar

Sebastian Henßler  —  

Ein Elektroauto für 20.000 Euro? Laut Škoda-Chef Zellmer derzeit unmöglich. Batteriekosten und Politik bremsen die Branche, vor allem in Deutschland.

Cover Image for Chipengpass: Europas Industrie in Alarmbereitschaft

Chipengpass: Europas Industrie in Alarmbereitschaft

Sebastian Henßler  —  

Europas Autobauer geraten erneut unter Druck: Der Streit um Nexperia-Chips zwischen Den Haag und Peking gefährdet die Produktion. Jetzt zählt jede Woche.

Cover Image for Volkswagens Elektroleuchtturm Zwickau droht zu erlöschen

Volkswagens Elektroleuchtturm Zwickau droht zu erlöschen

Sebastian Henßler  —  

In Zwickau herrscht Stillstand statt Aufbruch. Das einstige Vorzeige-Werk von Volkswagen kämpft mit Auftragsflaute und Zukunftsangst – wie geht es weiter?

Cover Image for Nio will mit Null-Prozent-Leasing Kunden gewinnen

Nio will mit Null-Prozent-Leasing Kunden gewinnen

Sebastian Henßler  —  

Nio bietet den EL8 in Deutschland mit Null-Prozent-Finanzierung an – ein Schritt, um Restbestände abzubauen und den Absatz im Premiumsegment zu stärken.

Cover Image for JAC Motors: Neuer Player auf dem deutschen Markt

JAC Motors: Neuer Player auf dem deutschen Markt

Sebastian Henßler  —  

JAC Motors bringt drei Modelle nach Deutschland. Der chinesische Hersteller setzt auf Antriebsvielfalt – und auf die Erfahrung der RSA Group.

Cover Image for Citroën will E-Autos für alle erschwinglich machen

Citroën will E-Autos für alle erschwinglich machen

Sebastian Henßler  —  

Citroën-Chef Xavier Chardon erklärt im Podcast, wie die Marke mit Komfort, fairen Preisen und E-Antrieben die Elektromobilität für alle zugänglich machen will.