ZwickRoell: Batterieprüfung beginnt nicht am Bandende

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Sebastian Henßler
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  —  Lesedauer 3 min

Die Transformation der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität stellt auch die Prüftechnik vor neue Herausforderungen. In einem Interview mit Battery-News betont Dr. Simon Vitzthum, Leiter Industriemanagement bei ZwickRoell, die zentrale Rolle mechanischer Prüfungen entlang der gesamten Batterie-Wertschöpfungskette. Dabei gehe es nicht nur um Sicherheit, sondern auch um Lebensdauer und Performance der Batteriezellen.

„Die Batterie steht im Mittelpunkt – sowohl was ihre Leistungsfähigkeit als auch ihre Sicherheit betrifft“, so Vitzthum. Mechanische Prüfverfahren seien daher essenziell, um strukturelle Integrität und das Verhalten der Zellen unter realen Belastungsbedingungen zu analysieren. Besonders bei der Entwicklung neuer Zellformate und Materialien sei die Reproduzierbarkeit ein großer Vorteil, da viele Versagensmechanismen – etwa bei Stößen oder Druckbelastung – nur so nachvollziehbar untersucht werden könnten.

Die hohe Relevanz des Themas ergebe sich laut Vitzthum vor allem aus dem engen Austausch mit Kunden sowie der engen Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen. „Diese Kombination aus Kundenprojekten und wissenschaftlicher Zusammenarbeit treibt unsere Weiterentwicklung maßgeblich voran“, betont er. Die Prüfbedarfe würden sich dabei oft dynamisch entwickeln – von einzelnen Elektroden über Zellen bis hin zu kompletten Modulen.

Angesichts der Dynamik in der Batterieproduktion – etwa in Gigafabriken – setzt ZwickRoell auf automatisierte, effiziente und zielgerichtete Prüfansätze, die reproduzierbare Ergebnisse liefern. „Natürlich ist mechanische Prüfung aufwendig und kostenintensiv – aber eben auch unverzichtbar für Sicherheit, Lebensdauer und Performance“, so Vitzthum. In eigenen Batterielaboren in Ulm und Shanghai arbeitet das Unternehmen gemeinsam mit Kunden an maßgeschneiderten Lösungen.

Chemiker, Elektrotechniker, Maschinenbauer, Physiker: Alle sind involviert

Ein zentrales Anliegen des Unternehmens sei es, Prüfungen nicht nur als „End of Line“-Testing zu verstehen. Vielmehr verfolgt ZwickRoell einen strategischen Ansatz über drei Ebenen hinweg: von Zellkomponenten wie Aluminium- und Kupferfolien über die Batteriezelle bis hin zum Batteriesystem. „Der Schlüssel ist, möglichst früh mit dem Prüfen zu beginnen und eine durchgängige Strategie zu verfolgen“, so Vitzthum.

Besondere Herausforderungen ergeben sich durch die Vielfalt an Zelltypen und Materialien. Neue Technologien wie Solid-State-Batterien oder Verfahren wie die Trockenbeschichtung erfordern angepasste Prüfmethoden. So verändere das sogenannte „Swelling“ beim Laden – die Volumenzunahme der Zelle – die Druckverhältnisse im Batteriepack. Gleichzeitig gebe es in vielen Bereichen noch kaum Normen, was die langjährige Prüferfahrung von ZwickRoell besonders wertvoll mache.

Normen für Batterieprüfungen hält Vitzthum vorerst nur auf Materialebene für realistisch: „Die Bandbreite der Zelltypen, Zellchemie und Zelldesigns ist derzeit zu groß und die Entwicklungsgeschwindigkeit zu hoch.“ Bei ultradünnen Materialien wie einer 4,5-Mikrometer-Folie sieht er dagegen Chancen für Standardisierungen.

Innovative Prüfgeräte spielen bei der Umsetzung eine zentrale Rolle. So nennt Vitzthum als Beispiel ein Gerät, das gleichzeitig mechanische Kräfte misst, die Temperatur regelt und die elektrische Leitfähigkeit einer Elektrode bestimmt. „Solche interdisziplinären Anforderungen sind typisch im Batteriebereich, und darauf richten wir uns gezielt aus.“

Entscheidend sei dabei auch die enge Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Die Batteriebranche sei interdisziplinär geprägt wie kaum ein anderes Feld. „Chemiker, Elektrotechniker, Maschinenbauer, Physiker: Alle sind involviert“, sagt Vitzthum. Prüfungen in flüssigen Medien oder bei hohen Temperaturen seien nur einige der besonderen Anforderungen, die durch gemeinsame Projekte adressiert werden könnten.

Quelle: Battery-News – „Wo es kaum Normen gibt, entscheidet die Erfahrung“

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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