Werkstätten schwanken zwischen Verbrenner und Elektro-Zukunft

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Michael Neißendorfer
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  —  Lesedauer 3 min

In Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Innofact hat Meyle, ein Fertiger von Ersatzteilen für Autos, Werkstätten zu deren Zukunftserwartungen und den aktuellen Margenbringern befragt. Aktuell sind demnach 87 Prozent der Fahrzeuge, die in freie Werkstätten kommen, Verbrenner.

Bereits im vergangenen Jahr führten die beiden Unternehmen eine Grundlagenstudie durch. Dieses Mal wurden 100 freie Werkstätten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu ihren Zukunftserwartungen befragt. Das zentrale Ergebnis: Die Branche teilt sich in zwei nahezu gleich große Lager. Während 53 Prozent der Befragten sogar eine Verschiebung ihres Geschäfts in Richtung Verbrenner erwarten, sehen 47 Prozent ihre Zukunft in der E-Mobilität. Die Zahlen zeigen eine Branche ohne klaren Konsens.

Die Befragung ist Teil der Dialog-Plattform IAM:CONNECT, mit der der Hamburger Ersatzteilhersteller die Entwicklungen im Independent Aftermarket kontinuierlich verfolgt und gemeinsam mit Partnern und Experten aus der Branche Lösungen für die Transformation erarbeitet.

Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Diskrepanz zwischen Erkenntnis und Umsetzung: Zwar erkennen 47 Prozent der Werkstätten in E-Autos ein Geschäftsfeld mit Wachstumspotenzial, doch lediglich 16 Prozent haben bislang in entsprechende Schulungen für ihre Mitarbeitenden investiert. Selbst unter denjenigen, die die E-Mobilität als zukünftiges Schwerpunktthema sehen, setzt nur etwa ein Drittel (34 Prozent) konsequent auf Weiterbildung.

Werkstätten, die am Verbrenner festhalten, haben nachvollziehbare Gründe: 49 Prozent geben an, dass ihre Kunden hauptsächlich Verbrenner fahren. Dementsprechend sagen 40 Prozent, dass die Nachfrage nach E-Services zu gering sei. Außerdem fehlt 23 Prozent die technische Ausstattung für Elektroautos, und 32 Prozent empfinden die notwendigen Investitionen als zu hoch.

„Das Verbrennergeschäft funktioniert gerade so gut, dass viele Werkstätten aktuell kaum Grund für eine Veränderung sehen – doch wer nur auf die heutige Kundschaft schaut, könnte die Kunden von morgen übersehen“, kommentiert Patrick Stüdemann, Head of Technical Training bei Meyle.

E-Mobilität als Wachstumschance

Werkstätten, die sich auf E-Mobilität ausrichten, verfolgen damit konkrete Ziele: 40 Prozent möchten neue Kundengruppen gewinnen, 36 Prozent bereiten sich aktiv auf das erwartete Marktwachstum vor und 32 Prozent streben gezielt nach Wettbewerbsvorteilen.

Freie Werkstätten brauchen Unterstützung, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Ihre Erwartungen an Ersatzteilhersteller sind klar definiert: 45 Prozent wünschen sich Zugang zu Ersatzteilen und Lösungen für E-Autos, 37 Prozent benötigen technische Schulungen zu Elektro- und Hybridfahrzeugen, und 47 Prozent brauchen Zugang zu Diagnosewerkzeugen und Reparaturanleitungen.

Meyle

„Die Spaltung der Branche ist keine Katastrophe, sondern eine Chance für diejenigen, die eine konkrete Strategie verfolgen und entsprechend handeln. Die einen optimieren das etablierte Geschäft, die anderen erobern als Pioniere den Zukunftsmarkt. Beides kann funktionieren, aber wer jetzt keine bewusste Entscheidung trifft, wird in wenigen Jahren von beiden Seiten überholt“, erklärt Patrick Stüdemann, Head of Technical Training bei Meyle und ergänzt: „Als Ersatzteilhersteller sehen wir uns dabei als Brückenbauer – wir unterstützen Werkstätten dabei, ihren gewählten Weg erfolgreich zu gehen.“

Quelle: Innofact – Pressemitteilung vom 30.06.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Silverbeard:

Ich denke, es reicht, wenn die Werkstattbesitzer im Dezember 2034 aus allen Wolken fallen, dass es einen Monat später ein Neuzulassungsverbot für Verbrenner in der EU gibt…

Tom H.:

Global ist das Ende der fossilen Brennstoffe ist längst eingeleitet.
Am Markt besteht nicht das, was ökologisch am sinnvollsten ist, sondern das, was ökonomisch unschlagbar ist.
Die Elektrifizierung bringt beides mit sich.
Ökonomisch betrachtet haben erneuerbare Energieträger die fossilen bereits hinter sich gelassen und der Abstand wächst durch Skaleneffekte weiter.
Die weltweit zunehmenden CO² Aufschläge auf fossile Brennstoffe, sowie die steigende Besteuerung ab 2027 beschleunigen deren Disruption nur noch weiter.
Der Fahrzeugsektor, der ja nur ein Baustein der Elektrifizierung insgesamt darstellt, wird sich zukünftig komplett in diese einbetten.
Fahrzeuge werden fester Teil der intelligenten Netze: Sie werden sie stabilisieren indem sie bei Bedarf Energie aufnehmen oder abgeben, weil bidirektionales Laden in der heimischen Garage/Einfahrt/Parkbucht dank PV-Anlage und Speicher mittlerweile völlig normal ist.
Wer diese Entwicklung heute noch immer in Frage stellt, dem sei im Gegensatz zu Nokia empfohlen die Augen zu öffnen: Wir sind mitten im Umbruchprozess.
Natürlich kann der kleine Händler vor Ort nicht ganz sorglos auf das Thema schauen.
Er haftet mit seinem Privatvermögen, trägt Verantwortung für die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter und muss den Laden wirtschaftlich über Wasser halten.
Da ist es nur verständlich, dass man sich in Ermangelung klarer politischer – aktuell eher wieder völlig rückwärtiger – Signale nicht mit Investitionen im Volumen von 6-stellig+ völlig versteigen möchte.
Diese klaren Signale bräuchte es jedoch, um Kaufanreize Richtung Mobilitätswende zu schaffen, stattdessen wird das Thema auf infame Weise ausgebremst.
Notwendige Weichenstellungen für den Aus-und Umbau der Netzinfrastruktur und Erleichterung für Genehmigungsverfahren für BESS et al.? Fehlanzeige! Herr Herr Merz und allen voran Frau Reiche vertreten ganz andere Interessen, verfolgen somit ganz andere Ziele.
Ein bedrohliches Mäandern für die gesamte Volkswirtschaft.
Die Transformation in Richtung kostengünstige, energetische Unabhängigkeit durch Elektrifizierung wird in Deutschland ausgebremst, kostet die deutsche Wirtschaft Wachstum und lässt sie unter hohen Energiepreisen leiden.
Völlig unbegreiflich, wie es Politiker geben kann, die möglichst lange weiterhin jährlich zweistellige Milliardenbeträge bezahlen wollen um fossile Energieträger zu importieren und zu verbrennen, zu importieren und zu verbrennen, zu importieren und zu verbrennen…
Aufhalten kann die Verwirrtheit deutscher Politik die Erneuerbaren und die E-Mobilität freilich nicht, aber sie bremst uns aus, kostet uns damit mittelfristig Milliarden und langfristig das geostrategisch richtige Setting, das nun andere Mitbewerber Deutschlands im globalen Handel einnehmen, respektive bereits eingenommen haben.

Christoph R.:

E-Autos werden sich auf lange Sicht aus wirtschaftlichen Gründen durchsetzen. Davon bin ich überzeugt. Das wird noch ein paar Jahre dauern, aber es wird kommen. Und da E-Autos seltener kaputt gehen, weil in ihnen deutlich weniger bewegte Teile verbaut sind, wird sich auch zwangsläufig die Zahl der Werkstätten reduzieren. E-Autos sind halt wartungsärmer.

Gerd:

Den Satz von Patrick Südemann über die Spaltung der Branche habe ich direkt mal einem Freund geschickt, der ein japanisches Autohaus betreibt.
Er ist radikal gegen E-Mobilität und fest überzeugt, dass diese in 10 Jahren wieder vom Markt verschwunden ist. Wie LPG und Erdgas – sagt er immer.
Aktuell eskaliert er gerade mit hohem Risiko in Richtung „seiner“ Marke, weil er keine Ladesäule errichten will, was die Marke inzwischen vorschreibt.
Es ist im Kleinen (Händler) wie im Großen (Hersteller): Er hat über Jahrzehnte sehr gut verdient und will sich jetzt einfach nicht mehr bewegen. Wörtlich betrachtet ist er längst kein Unternehmer mehr.
Dieses Profil sehe ich beim Großteil des Handels und gerade auch bei den Automobilverkäufern. Überwiegend dann, wenn sie älter als ca. 40 sind.
Die Branche kann einfach keine Disruption.
Und bei den „Freien“ fehlt auch noch die Steuerung / Motivation über die Hersteller. Das Geschäftsmodell wird, bis auf ein paar Nischen, den Bach runtergehen.
Von neuen Geschäftsfeldern und Geschäftsmodellen (wie z.B. das der EV-Clinic) sieht man bei ATU & Co absolut nichts. Es hört auf beim Erstellen von Batteriezertifikaten und der Hoffnung auf jährliche HU für Altfahrzeuge. Die Panik beginnt, der Plan für die Zukunft nicht.

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