Saskia Wessel ist als Oberingenieurin am Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen verantwortlich für den Bereich der Batterieentwicklung und betreut im eLab der Hochschule bereits seit vier Jahren das Battery Abuse Center, wo nicht nur Batteriezellen, sondern auch Batteriemodule und vollständige Batteriepacksysteme von Elektroautos einschließlich ihres Batteriemanagementsystems (BMS) getestet werden können. Somit ist sie die perfekte Ansprechpartnerin für alle Fragen rund um die Sicherheit von Lithium-Ionen-Batterien, eines der wichtigsten Bauteile in einem Elektroauto. Mit dem Fachblog Battery News sprach Wessel unter anderem über die von E-Auto-Batterien ausgehenden Gefahren und wie die Sicherheit erhöht werden kann.
Zu Beginn des Interviews sagt Wessel, es gebe bei E-Auto-Akkus „auf jeden Fall ein Gefährdungspotential, welches wir nicht unterschätzen dürfen“, zudem wachse mit der steigenden Zahl an Elektroautos auch „das statistische Risiko, dass ein Unfall nachweislich durch die Batterie verursacht werden kann.“ Allerdings empfindet sie „die Hysterie zu diesem Thema auch nicht als konstruktiv.“ Fast jeder der seltenen Brände eines Elektroautos wird in den Medien und der Öffentlichkeit ausgiebig und leidenschaftlich diskutiert, während die allein in Deutschland pro Tag gut 40 (!) Fahrzeugbrände eines Benziners oder Diesels fast komplett unter dem Radar verschwinden und höchstens in der lokalen Presse eine kurze Erwähnung finden.
Wessel fände es dennoch angebracht, sich der Gefahr von Batteriebränden bewusst zu werden und entsprechende Maßnahmen zu treffen, um eine höhere Sicherheit von E-Auto-Akkus zu gewährleisten. Die größte Gefährdung bestehe darin, „dass die Lithium-Ionen-Batterie thermisch durchgehen kann. Dies nennt man dann Thermal Runaway“, erklärt die Expertin: „Dabei kommt es zum einen zu einer unglaublich starken Gasfreisetzung, welche in einer Explosion resultieren kann, zum anderen werden durch eine exotherme Reaktion extreme Temperaturen erreicht, die letztlich zum Brand führen können.“
Ausgelöst werden kann ein Thermal Runaway durch mehrere Dinge, etwa eine Überladung oder Überhitzung durch äußere Einflüsse, wie ein nicht von der Batterie ausgehender Fahrzeugbrand. Auch durch einen Unfall, der eine Verformung der Batterie verursacht, kann es zu einem Kurzschluss kommen. Wichtig bei der Reaktion, die hierbei stattfindet, sei die Chemie des Stromspeichers sowie die aktuell eingelagerte Kapazität.
Wie ein Akkubrand verhindert werden kann
Schon bevor ein Akku in einem Auto verbaut wird, gebe es entwicklungsbegleitend eine Vielzahl an Tests, die die Sicherheit erhöhen sollen. Zudem durchlaufen Batterien einen aufwändigen Zertifizierungsprozess, bevor sie auf den Markt kommen dürfen.
Erschwerend für die Forscher seien jedoch die momentan nur begrenzt vorhandenen Prüfkapazitäten für Sicherheitstests: „Die Industrie ist hier bereits massiv im Ausbau, allerdings zieht sich das, sodass aktuell für einige Tests lange Vorlaufzeiten bei den Prüfständen zu berücksichtigen sind“, so Wessels, mit entsprechend höheren Kosten und längeren Entwicklungszeiten. Eine weitere Herausforderung seien die immer größeren Akkukapazitäten in den Fahrzeugen. „Durch die hohe Kapazität geht im Falle eines Thermal Runaways dann ein deutlich höheres Sicherheitsrisiko aus“, erklärt die Expertin, was wiederum einen Einfluss auf das Gesamtsystem sowie die Prüfstände habe, welche aktuell dafür häufig noch nicht ausgelegt sind.
Wessels erwartet, dass die Sicherheit von E-Auto-Akkus deutlich erhöht werden kann, indem „durch entsprechende Konstruktion und Materialien das Ausbreiten des Thermal Runaways auf die Nachbarzellen“ verhindert wird.
Quelle: Battery News – „Hoher Aufwand für die Testdurchführung der Lithium-Ionen-Batterie“ – Saskia Wessel im Gespräch