E-Autos: Schluss mit der Reduzierung des Blicks auf CO2

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
  —  Lesedauer 3 min

Ein Kommentar von Daniel Krenzer

Kritiker der ins Wanken geratenen politischen Fokussierung auf eine elektromobile Zukunft des Autos führen gerne ins Feld, dass man beim Vergleich der Antriebsarten nicht nur auf den CO2-Ausstoß am Auspuff schauen sollte. Schließlich gingen Elektroautos mit einem deutlichen Produktionsmalus in den Verkauf, zudem sei ein hoher Anteil des genutzten Stroms Kohlestrom.

Dem ist nicht bloß entgegenzusetzen, dass dieser Malus spätestens nach wenigen Zehntausend Kilometern wieder aufgewogen ist und dass bundesweit der Anteil der erneuerbaren Energien steigt und bei den richtigen politischen Entscheidungen auch weiter steigen wird – und Elektroauto-Fahrer sowieso zumeist Ökostrom nutzen. Ich möchte auch zustimmen: Schauen wir nicht nur auf das CO2.

Ein Elektroauto stößt lokal quasi keine Emissionen aus, auch wenn von Elektroauto-Bekämpfern immer wieder gerne der Reifenabrieb reflexartig ins Spiel gebracht wird. Da gibt es in der Tat sowohl bei den Verbrennern als auch bei Elektroautos Verbesserungsbedarf, dem aber zunehmend nachgegangen wird. Technologie-Nerds mit ausreichend dickem Geldbeutel (denn auch hier sollte der Wasserstoff freilich grün sein) stoßen zusätzlich mit ihrem Brennstoffzellen-Fahrzeug noch Wasser aus – und reinigen nebenbei noch ein klein wenig die Luft.

Und was macht der Verbrenner? Aus seinem Auspuff kommen neben dem klimaschädlichen (und somit indirekt menschenschädlichem) CO2 noch direkt menschenschädliche Kohlenstoffmonoxid- und Stickoxide sowie unverbrannte Kohlenwasserstoffe – beim Diesel kommt noch Ruß hinzu. Laut einer Studie der EU-Umweltagentur EEA starben in Europa im Jahr 2021 mehr als 250.000 Menschen an den Folgen von Abgasen, in Deutschland alleine mehr als 32.000 Menschen. Denn die Abgase begünstigen Herzinfarkt und Schlaganfall, Asthma und Lungenkrankheiten – und sie gelten als Verursacher verschiedener Krebsarten. Schätzungen zufolge leiden allein in Deutschland außerdem gut 16 Millionen Menschen an Straßenlärm, und auch der ist bekanntlich durch Elektroautos deutlich geringer.

Die große Chance auf mehr Lebensqualität

Doch diejenigen, die den Verbrenner in Europa derzeit retten wollen, schauen lediglich auf das CO2. Deshalb wird über Ausnahmen für E-Fuels und HVO diskutiert, denn im gesamten Kreislauf sind diese zumindest einigermaßen CO2-neutral. Was aber in der Diskussion um letztendlich sowieso unrealistische Lösungen untergeht: Auch Autos mit E-Fuels und HVO quälen und töten Menschen – und zwar genau dort, wo sie fahren. Das soll nun nicht bedeuten, dass nach dem Floriansprinzip bei der Produktion anderswo anfallende Emissionen weniger problematisch seien. Doch besagte Schadstoffe in den Abgasen werden von uns durch Autos mit Verbrennungsmotoren gezielt zu den Menschen getragen. Das ist doch absurd!

Messungen der Deutschen Umwelthilfe hatten ergeben, dass bei mit HVO betriebenen Autos diese schädlichen Stoffe in den Abgasen mitunter sogar noch einmal ansteigen. Die Verbrenner-Retter-Lobby weist dies vehement als Messfehler zurück, die dem Bundesverkehrsministerium vorliegenden Messergebnisse sind indes nicht bekannt. Gut, dass die Umwelthilfe diese nun einklagt. Denn ein Blick darauf wird das bewusst sein abermals schärfen, dass auch klimafreundlicherer Ersatz für Benzin und Diesel immer noch und vielleicht sogar mehr als zuvor eines ist: giftig für Mensch und Tier.

Warum nutzen wir also nicht die Chance, die die Elektromobilität bietet? Ein besseres und gesünderes Leben in den Orten und Städten zu schaffen ist ein Geschenk, das wir nicht ausschlagen sollten. Natürlich nicht, ohne auch die bei der Produktion und Nutzung indirekt anfallenden Emissionen bei der Nutzung von Elektroautos weiter zu senken. Denn die Idee von weitestgehend autofreien Innenstädten ist wohl leider bis auf wenige lokale Ausnahmen (noch) Utopie, auch wenn die Vorstellung eine schöne ist. Aber dann sollten die dort herumfahrenden Autos doch zumindest möglichst wenig gesundheitlichen Schaden anrichten.

Somit steht doch ein Deal: Wir betrachten nicht mehr nur das CO2 am Auspuff, sondern in der gesamten Kette (was für Verbrenner schlechter ausgeht, als das deren Fans gemeinhin erwarten) – dafür beziehen wir all die anderen schädlichen Faktoren noch mehr in die Gesamtbetrachtung hinein. Spätestens dann geht an einer vollelektrischen Zukunft kein Weg mehr vorbei.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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Ede:

[Edit: Kommentar gelöscht, bitte unsere Netiquette beachten und mit Fakten statt Vorurteilen argumentieren, danke / Die Redaktion]

casimir374:

Wer hier Energieversorger mit Netzdienstleistern (Nieder-, Mittel- und Hochspannung) verwechselt… Nur kleine Balkonkraftwerke müssen nicht angemeldet werden. Diese erzeugen jedoch auch keine Probleme aufgrund der geringen Leistung. Über intelligente Zähler können die NBs sehr wohl genau sehen wo gerade wie viel Strom eingespeist wird. Größere PV-Anlagen werden mittlerweile sehr häufig mit Speicher verbaut. Hier kann man über finanzielle Anreize dafür sorgen, dass die Speicher, in den Zeiten wo gerade mehr PV-Strom erzeugt wird als benötigt, geladen werden. Es hat niemand behauptet, dass es sich jeder leisten kann. Wer ein Eigenheim hat muss regelmäßig selbiges warten etc. die PV-Anlage hat sich in 12-14 Jahren rentiert. Für Mietwohnungen benötigen wir mehr Laternenladeplätze. Zum Thema „was kostet“, was kostet ein neuer Verbrenner, wir hoch sind die laufenden Kosten bei einem Verbrenner?

Emanuel:

Was hat die PV Anlage gekostet? Was kostet das E-Auto? Das kann sich jeder so leisten ja? Auch in nem Wohnblock in ner Mietwohnung und 45m2 und keine Parkplatzgarantie?
Je mehr auf PV umstellen und der Energieversorger das nicht weiß müssen enorme Redispatchmaßnahmen zur Netzstabilisierung erfolgen. Das treibt den ganzen Preis in die Höhe. Dann kommen wir ganz schnell bei 1€ die kWh an. Aber Höhere Mathematik 1,2 und 3, Elektrotechnik 1 & 2, Regelungstechnik, Signale und Systeme, Fahrzeugelektronik 1 & 2, Wirtschaftswissenschaften und BWL sind wohl jedem hier im Forum bekannt oder?
Das sich das Ausland gegen unseren Zappelstrom mit Phasenschieber und Polen sogar mit Trennschalter schützt ist wohl jedem bekannt oder?
So viele Leute die hier über Solaranlagen und BEV reden tun so als ob die auch den Aufwand kennen die ISO 15118-1/-2/-3 (PnC und WPT) usw. umzusetzen. Von OCV-Korrektur bei LFP haben wir noch nicht mal gesprochen!
Hört endlich auf hier alles runter zu spielen und jeder kann sich das leisten. Wir sind dabei unsere komplette Bestandsinfrastruktur komplett umzustellen! Jeder der glaubt für jedermann und vor allem für die Mitte in den nächsten 10-20 Jahren günstigere Preise zu generieren der irrt gewaltig.

casimir374:

Wenn 80- 90% unseres Stromes CO2 arm /frei sind, dann braucht auch nicht jeder eine PV-Anlage. Äthiopien lässt keine neuen Verbrenner mehr zu die stellen auf e-Mobilität um, und die sind ja für ihren Reichtum bekannt? Gebrauchte BEVs kommen langsam in bezahlbare Regionen. Aber TCO ist leider für viele ein Fremdwort. Es geht ja nicht nur um CO2 sondern auch im NOx, Lärm und Feinstaub in den Städten. Weniger Straßenlärm ist gut für die Natur, weniger Abwärme bei den Fahrzeugen auch gut für die Temperaturen in den Städten im Sommer. Ja Kriege sind echte Umweltverschmutzungen, dass aber als Argument gegen jegliche andere Maßnahmen zu verwenden ist billiger Whataboutism. Und wenn Menschen mehr Angst machen als die menschengemachte Klimakrise, dann gute Nacht.

Marcel Gleißner:

Volle Zustimmung

Marcel Gleißner:

Dieser E-Auto Fetisch ist auch paranoid !!!
Nicht jeder kann sich so ein E- Auto leisten und nicht jeder hat ein Haus mit PV drauf.
Jeder sollte für sich selbst entscheiden was für ein Auto Er oder Sie fahren will. Mit Verbrenner Verbot und Zwangsumstieg(weil günstige Verbrennerautos künstlich extrem verteuert werden) wird sich E- Mobilität nie Durchsetzen. Planwirtschaft statt Marktwirtschaft, hat schon in der DDR nicht funktioniert. Ich weiß es, ich komme aus dem Osten.

Ulrich Gutsche:

1m^2 Solarzelle in guter Lage reicht für 1000km pro Jahr bei einem nicht zu großen E Auto

Ralf TB:

Das die Last und auch die Regeneration einen Einfluss haben ist soweit korrekt.
Nur muss man dazu wissen, dass wir mehrere Zehnerpotenzen unter den Rohemissionen liegen. Darum geht es an der Stelle doch.
Und wie schon andere geschrieben haben, kann eine Messung der Außenluft tatsächlich höhere Werte aufweisen als die Messung am Endrohr.

Ergänzend kommt dazu, dass beim Endrohr nur das Abgas selber gemessen wird, also bevor es in der Umgebungsluft sofort verdünnt wird!

casimir374:

https://www.auto-motor-und-sport.de/tech-zukunft/dieselabgase-partikelmessungen-im-realbetrieb/

„Einen erheblichen Einfluss auf den PN-Ausstoß hat jedoch der Betriebszustand von Motor und Abgassystem. Je nachdem, ob ein Motor im Leerlauf oder unter hoher Last läuft, kommt es zu völlig unterschiedlichen PN-Emissionen. Die höchsten Feinstaub-Ausstöße entstehen während der Regeneration des Partikelfilters: Damit ein Filter nach einer gewissen Nutzungsdauer noch neue Partikel aufnehmen kann, muss er die bereits eingelagerten Teilchen regelmäßig verbrennen. Dies geschieht, indem die Motorsteuerung den Verbrennungsprozess so modifiziert, dass die Abgastemperatur ansteigt, die eingelagerten Rußpartikel zu Asche verbrennen und entweichen. Während der Filter freigebrannt wird, entweichen an die 200.000 Partikel/cm³. Bei normaler Fahrt fällt die Belastung jedoch auf weit unter 10.000 Partikel/cm³.“

Ralf TB:

T&E ist eine reine Lobbyorganisation pro BEV. Habe damit kein Problem, deren Veröffentlichungen sind aber leider meistens ziemlicher Unsinn.

Emissionen „zyklisch regenerierender Systeme“ werden selbstverständlich immer schon erfasst und zu den Emissionsergebnissen dazugerechnet. Nennt sich ki-Faktor.

Die Aussage, dass der Ruß (PM/PN) bei der Regeneration einfach wieder herausgeblasen wird, ist völliger Quatsch.

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