E-Autos: Schluss mit der Reduzierung des Blicks auf CO2

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Daniel Krenzer
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Ein Kommentar von Daniel Krenzer

Kritiker der ins Wanken geratenen politischen Fokussierung auf eine elektromobile Zukunft des Autos führen gerne ins Feld, dass man beim Vergleich der Antriebsarten nicht nur auf den CO2-Ausstoß am Auspuff schauen sollte. Schließlich gingen Elektroautos mit einem deutlichen Produktionsmalus in den Verkauf, zudem sei ein hoher Anteil des genutzten Stroms Kohlestrom.

Dem ist nicht bloß entgegenzusetzen, dass dieser Malus spätestens nach wenigen Zehntausend Kilometern wieder aufgewogen ist und dass bundesweit der Anteil der erneuerbaren Energien steigt und bei den richtigen politischen Entscheidungen auch weiter steigen wird – und Elektroauto-Fahrer sowieso zumeist Ökostrom nutzen. Ich möchte auch zustimmen: Schauen wir nicht nur auf das CO2.

Ein Elektroauto stößt lokal quasi keine Emissionen aus, auch wenn von Elektroauto-Bekämpfern immer wieder gerne der Reifenabrieb reflexartig ins Spiel gebracht wird. Da gibt es in der Tat sowohl bei den Verbrennern als auch bei Elektroautos Verbesserungsbedarf, dem aber zunehmend nachgegangen wird. Technologie-Nerds mit ausreichend dickem Geldbeutel (denn auch hier sollte der Wasserstoff freilich grün sein) stoßen zusätzlich mit ihrem Brennstoffzellen-Fahrzeug noch Wasser aus – und reinigen nebenbei noch ein klein wenig die Luft.

Und was macht der Verbrenner? Aus seinem Auspuff kommen neben dem klimaschädlichen (und somit indirekt menschenschädlichem) CO2 noch direkt menschenschädliche Kohlenstoffmonoxid- und Stickoxide sowie unverbrannte Kohlenwasserstoffe – beim Diesel kommt noch Ruß hinzu. Laut einer Studie der EU-Umweltagentur EEA starben in Europa im Jahr 2021 mehr als 250.000 Menschen an den Folgen von Abgasen, in Deutschland alleine mehr als 32.000 Menschen. Denn die Abgase begünstigen Herzinfarkt und Schlaganfall, Asthma und Lungenkrankheiten – und sie gelten als Verursacher verschiedener Krebsarten. Schätzungen zufolge leiden allein in Deutschland außerdem gut 16 Millionen Menschen an Straßenlärm, und auch der ist bekanntlich durch Elektroautos deutlich geringer.

Die große Chance auf mehr Lebensqualität

Doch diejenigen, die den Verbrenner in Europa derzeit retten wollen, schauen lediglich auf das CO2. Deshalb wird über Ausnahmen für E-Fuels und HVO diskutiert, denn im gesamten Kreislauf sind diese zumindest einigermaßen CO2-neutral. Was aber in der Diskussion um letztendlich sowieso unrealistische Lösungen untergeht: Auch Autos mit E-Fuels und HVO quälen und töten Menschen – und zwar genau dort, wo sie fahren. Das soll nun nicht bedeuten, dass nach dem Floriansprinzip bei der Produktion anderswo anfallende Emissionen weniger problematisch seien. Doch besagte Schadstoffe in den Abgasen werden von uns durch Autos mit Verbrennungsmotoren gezielt zu den Menschen getragen. Das ist doch absurd!

Messungen der Deutschen Umwelthilfe hatten ergeben, dass bei mit HVO betriebenen Autos diese schädlichen Stoffe in den Abgasen mitunter sogar noch einmal ansteigen. Die Verbrenner-Retter-Lobby weist dies vehement als Messfehler zurück, die dem Bundesverkehrsministerium vorliegenden Messergebnisse sind indes nicht bekannt. Gut, dass die Umwelthilfe diese nun einklagt. Denn ein Blick darauf wird das bewusst sein abermals schärfen, dass auch klimafreundlicherer Ersatz für Benzin und Diesel immer noch und vielleicht sogar mehr als zuvor eines ist: giftig für Mensch und Tier.

Warum nutzen wir also nicht die Chance, die die Elektromobilität bietet? Ein besseres und gesünderes Leben in den Orten und Städten zu schaffen ist ein Geschenk, das wir nicht ausschlagen sollten. Natürlich nicht, ohne auch die bei der Produktion und Nutzung indirekt anfallenden Emissionen bei der Nutzung von Elektroautos weiter zu senken. Denn die Idee von weitestgehend autofreien Innenstädten ist wohl leider bis auf wenige lokale Ausnahmen (noch) Utopie, auch wenn die Vorstellung eine schöne ist. Aber dann sollten die dort herumfahrenden Autos doch zumindest möglichst wenig gesundheitlichen Schaden anrichten.

Somit steht doch ein Deal: Wir betrachten nicht mehr nur das CO2 am Auspuff, sondern in der gesamten Kette (was für Verbrenner schlechter ausgeht, als das deren Fans gemeinhin erwarten) – dafür beziehen wir all die anderen schädlichen Faktoren noch mehr in die Gesamtbetrachtung hinein. Spätestens dann geht an einer vollelektrischen Zukunft kein Weg mehr vorbei.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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