Wie Autofahrer weltweit die Zukunft der automobilen Mobilität sehen

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Wolfgang Gomoll
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  —  Lesedauer 4 min

Die deutsche Automobilindustrie schwächelt. Umso wichtiger ist es, globale Absatzmärkte zu erschließen. Die Strategieberatung Arthur D. Little hat weltweit 16.000 Endkunden zu ihren Wünschen befragt. Das Ergebnis: Ein Weltauto wird zunehmend zum wirtschaftlichen Risiko und in den USA ist die Skepsis gegenüber der E-Mobilität nach wie vor groß.

In den frühen 2000er-Jahren war die Welt der Automobilindustrie noch in Ordnung. Das Geschäft brummte, die Auftragsbücher waren prall gefüllt und im wirtschaftlich erwachenden China sorgte der Mobilitätshunger der Massen für Milliardenumsätze. Rund zwanzig Jahre später ist von der Goldgräberstimmung nicht mehr viel übrig geblieben. Zwischen Wolfsburg und Stuttgart regiert der Rotstift, Modellreihen werden zusammengestrichen und sogar heilige Kühe geschlachtet. Bei VW sind Tausende von Arbeitsplätzen bedroht. Die Gründe sind vielfältig: Die Nachfrage bei den Elektromobilen in Deutschland schwächelt, die Autos sind zu teuer und die Konkurrenz aus Asien will sich mit aller Macht große Stücke des immer kleiner werdenden Kuchen sichern.

Die Lage für die Autobauer ist alles andere als einfach. Nicht nur für die deutschen Hersteller, auch den so hochgelobten und mit großen Ambitionen angetretenen chinesischen Wunderkindern bläst vor allem in Europa ein starker Wind ins Gesicht. Um den Abwärtstrend zu stoppen und ihn sogar umzukehren, müssen die deutschen Autobauer die Antwort auf folgende Fragen finden: Was will der Käufer? Wie können wir langfristig global Erfolg haben? Die Strategieberatung Arthur D. Little hat weltweit 16.000 Endkunden genau zu diesen Themen befragt. Die Antworten zeigen, wie anspruchsvoll die Herausforderungen für die Automobilhersteller sind.

Insgesamt kann man erkennen, dass eine one-size-fits-all Strategie für Hersteller zum Risiko wird, da Anforderungen und Kundenwünsche weltweit stark variieren, und die Akzeptanzlevels rund um Elektroautos und autonome Funktionen sich stark unterscheiden“, erteilt Arthur D. Little-Experte Philipp Seidel dem Konzept des Weltautos eine klare Absage. Diese Tatsache ist nicht ganz neu. Dennoch dürfte die Tatsache, dass sich die Welt bei den Anforderungen und Wünschen der Kunden in automobilen Flickenteppich verwandelt, den Entscheidungsträgern in Wolfsburg, München und Stuttgart-Sindelfingen Schweißperlen auf die Stirn treiben.

„In der Software und bei der Batterietechnologie sind Asiaten fünf Jahre voraus“

Entscheidend ist, dass die deutschen Hersteller die eigene Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Für Philipp Seidel sind die Maßnahmen klar: Kosten senken, Verringerung von Komplexität (auch im Produkt) und eben die Fokussierung auf die jeweiligen Markt- und Kundenbedürfnisse. Die europäischen Automobilhersteller müssen die bittere Pille schlucken und Kooperationen eingehen. „In der Software wie auch bei der Batterietechnologie sind Asiaten fünf Jahre voraus, Europäer dürfen nicht zu stolz sein, sich als lernende Junior-Partner in Joint Ventures zu begeben und die Kompetenzen aufzubauen“, erklärt der Experte.

Die gute Nachricht: Die Freude am eigenen Auto ist in China seit den letzten Umfragen weiter gestiegen. Die Begeisterung für individuelle Mobilität ist im Reich der Mitte vor allem bei der jüngeren Generation ungebrochen. Die Frage ist nur, welches Auto das nächste sein wird: In China ist die Loyalität zu Elektroautos mit 80 Prozent am größten, während 65 Prozent der befragten US-Bürger dem Verbrennungsmotor treu bleiben wollen. In Europa sind es acht Prozent weniger als im Reich der Mitte, die auch das nächste Vehikel in die Steckdose stöpseln und immerhin 55 Prozent wollen weiter an die Benzintankstelle fahren. Wenn man sich nach den Gründen der globalen E-Auto-Zweifler fragt, hört man von fast der Hälfte (49 Prozent) die Sorge um das Batterieleben beziehungsweise die Alterung der Energiespeicher. Ein weiterer Faktor sind die Ladezeiten (45 Prozent) und die fehlende Möglichkeit, zu Hause zu laden (29 Prozent).

Antrieb-Auto-Vorlieben
Arthur D. Little

Wie schaut es eigentlich mit der nächsten großen Sache aus – dem autonomen Fahren? Auch hier ist die Hurra-Euphorie einem vorsichtigen Realismus gewichen. Mercedes hat gerade den Drive Pilot 95 vorgestellt und rechnet bis zum Ende des Jahrzehnts mit einer Freigabe von Tempo 130 km/h. Eher enttäuschend verlief der mit Spannung erwartete Tesla Robo-Day. Elon Musk trommelte in gewohnter Art und Weise, doch die Fakten bestärkten eher die Zweifler. Das präsentierte Cybercab soll als autonomes Taxi nicht vor 2027 erscheinen sowie laut Tesla per KI-Sicht und nicht mit Lidar-Radar gesteuert werden.

In China ist der Optimismus ähnlich groß. Aber ob die autonomen Automobil-Bäume dort genauso hoch in den Himmel wachsen wie beim Ankündigungsweltmeister Elon Musk, wird die Zeit zeigen. Die Autofahrer haben dagegen eine ganz eindeutige Meinung, wenn es um das autonome Fahren geht: In Europa und den USA ist die Skepsis gegenüber Robo-Autos am größten, wogegen interessanterweise die Inder dieser Technologie am positivsten gegenüberstehen. Erst danach folgen China und bemerkenswerterweise der Mittlere Osten.

Auf die Frage, was denn der Grund für die Zurückhaltung sei, haben die Autofahrer eine klare Antwort: Sie halten die Technik noch nicht für ausgereift. Die Bedenken bezüglich der Datensicherheit und die Furcht vor steigenden Kosten beziehungsweise Preisen ranken deutlich dahinter. Bei den Robo-Autos öffnet sich auch eine gesellschaftliche Schere. Während Menschen mit gutem Einkommen und dem Wohnsitz in großen Städten diese Technologie begrüßen, sind die Personen, die sich auf dem Land wohlfühlen und solche, die nicht so viel verdienen, eher ablehnend eingestellt.

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Wolfgang Gomoll

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Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

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Hiker:

Klar zusammengefasst. Guter Kommentar, Respekt.

Läubli:

Auch gut… ich kann noch kürzer schreiben! :))

Läubli:

Komplett richtig… so ein kurzen Kommentar habe ich wohl noch nie abgegeben! ;-))

Wolfbrecht Gösebert:

Apfel schrieb zum Thema:
„Hätten die Hersteller die E-Autos nicht so [schlechtgeredet], würden auch die Endkunden jetzt anders darüber denken.“

Nur ist es eben so, dass neben den AutoHerstellern – die v.a. weiterhin Verbrenner verkaufen wollen – eine eher noch größere, weltweit in Medien und (Netzwerken) agierende, milliardenschwere Industrie MAßGEBLICH daran interessiert ist, dass sich das eAuto nicht so bald und eher nicht auf breiter Front durchsetzt:

Weil das eAuto keine Sprit- (und praktisch auch keine Öl-) Umsätze an Tankstellen generiert – während gleichzeitig auch noch die Umsätze an Heizöl absehbar zurückgehen werden! –, tut die Erdöl- (und sonstige Energie-Multi-Milliarden-) Industrie immer noch ALLES dafür, die bestehenden Energieversorgungs-Abhängigkeiten auf JEDE erdenkliche Art und Weise aufrechtzuerhalten.

Besonders beliebt ist dabei ja stets neben massiver Lobbyarbeit und Desinformation (u.a. eben zu BEVs und Wärmepumpen) insbesondere der Versuch der »„Hirn-Vernebelung“ mit dem „Allheilmittel Wasserstoff“« … Ja, Grünen H₂ brauchen wir u.a. für die Industrie künftig in Mengen, allerdings eben auch in *solchen* Mengen, die die Verfügbarkeit Grünen Stroms schon jetzt weit, weit überschreitet – nur brauchen wir H₂ eben NICHT für Landfahrzeuge!

Daneben stellt die weiter zunehmende, technisch + finanziell leicht mögliche solare (Teil-)Autarkie privater Verbraucher resp. ganzer Mehrfamilien-Haushalte – die sich durch deren Kauf/Nutzung von BEVs ja gern gegenseitig verstärkt! – weiterhin das »Schreckgespenst Erster Klasse« für all diese Unternehmen dar, die dabei natürlich um reinweg nichts als ihre Gewinne fürchten!

Apfel:

Hätten die Hersteller die E-Autos nicht so schlecht geredet, würden auch die Endkunden jetzt anders darüber denken.
Klar ist die Zurückhaltung groß, wenn die Medien Falschaussagen verbreiten und Misstrauen streuen.
Sieht man allein an der Reichweitenangst in Deutschland.

in anderen Ländern in denen die BEV nicht zu schlecht geredet wurden, sind die Kunden viel offener.
Auch das Infotainment haben viele Hersteller verschlafen. Wenn man sich mal einige Modelle von 2022-2023 anschaut, dann ist das echt gruselig, was einem da geboten wird.
Gerade bei VW hat man ja gesehen und sieht man immer noch, welche Probleme die Hersteller mit der Software haben.

In den nächsten 2-3 Jahren wird sich bei den Herstellern sicherlich einiges drehen. Ich bin gespannt in welche Richtung das gehen wird.

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