Immer wieder lese er von einer „Wette auf E-Mobilität“, schreibt VWs Vorstandsvorsitzender Herbert Diess in seinem neuesten Beitrag auf dem Karriereportal Linkedin, wo er sich regelmäßig zu Wort meldet und nun die Kritik an VWs Fokus auf die Batterie-elektrische Mobilität entkräften will. Dies sei „eine sehr oberflächliche Einschätzung“, findet er: „Ein Vorstandsteam, das für 670.000 Arbeitsplätze weltweit verantwortlich ist, schließt selbstverständlich keine Wetten ab! Auch nicht auf die E-Mobilität“, schreibt er. Die Entscheidung für den elektrischen Antrieb, um die CO2-Emissionen zu reduzieren und damit die Klimaziele zu erreichen, sei eine „sehr rationale und faktenbasierte“ Entscheidung.
Anhand des VW Golf, dem Bestseller von Volkswagen in Europa, vergleicht er eine Vielzahl verschiedener Antriebskonzepte – Diesel, Benziner, Gasantrieb, Mild-Hybride, Plug-in-Hybride und rein elektrisch – und ihre Auswirkungen auf den Ressourcenverbrauch sowie den CO2-Haushalt des Planeten.
CO2-Ziele für 2030 „mit Verbrennern definitiv nicht erreichbar“
Diess zufolge könne man selbst „mit den neuesten und allen absehbaren zukünftigen rein verbrennungsmotorischen Konzepten weder mit Dieseln noch Benzinern bei vertretbarem Komfort und Sicherheitsanforderungen die EU-Flottenziele und damit auch die Klimaziele erreichen“. Das aktuelle Ziel, das für bei VW bei 99 Gramm liegt, verfehle der Hersteller mit ihnen knapp. Das Ziel für 2030, das in der EU bei voraussichtlich rund 55 Gramm liegen wird, sei „mit Verbrennern definitiv nicht erreichbar“. Selbst dann nicht, wenn man einen Kleinstwagen wie den VW Up heranziehe und diesen in Komfort und Ausstattung weiter reduziert. Selbst eine Hybridisierung mit einem zusätzlichen 48 Volt Mildhybrid-System reiche nicht, „um in die Nähe der Flottenziele und damit CO2-Ziele zu kommen“, so Diess auf Linkedin. Auch Erdgas als alternativer Antrieb habe kennen nennenswerten CO2-Vorteil und rechtfertige den hohen Aufwand für die Unternehmen nicht, diese Fahrzeuge zu entwickeln und zu produzieren.
„Deutliche Effekte über die Flottenziele hinaus“ seien „nur durch Zufuhr von CO2-freier elektrischer Energie“ zu erreichen. Sprich mit Plug-in Hybriden oder reinen Elektroautos. Klar sei, dass auch Ökostrom geladen werden muss, damit ein klarer Vorteil beim CO2-Ausstoß erreicht werden kann: „Der Strom muss sauber sein, nur so wird auch das E-Auto wirklich sinnvoll“, so Diess. Die Branche sei nun an einem Punkt angekommen, wo die E-Mobilität „perspektivisch noch günstiger“ werde, „nicht nur in der Herstellung, sondern auch für die Kundinnen und Kunden im Unterhalt.“ Die Kraftstoffkosten etwa sollen dank einigen Innovationen und erhofften politischen Fördermaßnahmen mittelfristig auf gut vier Euro je 100 Kilometer sinken, erklärt Diess. „Ein Wert, der mit fossilen Kraftstoffen nicht erreichbar ist.“
Auch bei Batterien, oft als CO2-intensiv und Rohstoffverschwendung verschrieen, stehen (nicht nur) Diess zufolge bahnbrechende Innovationen bevor. So sollen sie nicht nur deutlich länger halten und nach ihrem Einsatz in einem Pkw noch viele Jahre lang in Second-Life-Anwendungen genutzt werden können. Dank effizientem Recycling sollen sie und ihre wertvollen Rohstoffe „bald zu 99 Prozent in Kreislaufwirtschaft betrieben“ werden können.
Elektroautos sollen zudem – und auch hier ist Diess mit seiner Einschätzung nicht allein – „den Umbau auf CO2 freie Energieerzeugung beschleunigen“, da sie in der Flotte als Speicher wirken können, „der überschüssige regenerativ hergestellte Energiespitzen aus Wind und Sonne abnimmt.“
Was gegen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe spricht
Gegen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe als Alternativen zum Batterie-Elektroauto spreche deren deutlich schlechtere Energiebilanz: „Für die Herstellung muss ein Vielfaches an erneuerbaren Energien verwendet werden als beim E-Antrieb“, so Diess. Auf absehbare Zeit werde sich das auch nicht ändern, meint VWs Vorstandsboss. Synthetische Kraftstoffe werde man allerdings dort benötigen, „wo Elektrifizierung unmöglich ist z.B. bei Flugzeugen oder in der Schifffahrt – oder vielleicht in vielen Jahren, wenn alles elektrisch fährt für unsere Oldtimer – die wir ja nicht aufgeben wollen.“
„E-Mobilität ist die einzig vernünftige Lösung“, resümiert Diess: „Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, haben wir keine Zeit, weiter zu warten und über mögliche Technologien zu diskutieren, für die heute wesentliche Grundlagen fehlen und selbst einer optimistischen qualifizierten Abschätzung nicht standhalten“, schreibt er. Zudem sei es „gefährlich, Zeit und Ressourcen zu verschwenden in Projekte, die ohne Aussicht auf Erfolg starten.“
Die Branche müsse „den Wandel mit der Technologie vorantreiben, die die Klimaziele am zuverlässigsten, nachhaltigsten und wirtschaftlichsten erreicht“, so Diess. Für den Straßenverkehr sei das die Elektrifizierung, die schon heute alltagstauglich und in der Masse verfügbar ist.
Quelle: Herbert Diess auf Linkedin – Die Entscheidung für den E-Antrieb