Wie Daimler den Konfliktrohstoff Kobalt nachhaltiger und sozialer gestalten will

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Die Elektrooffensive von Mercedes-Benz ist ein zentraler Baustein der strategischen Fokussierung „Ambition 2039“ und Grundvoraussetzung auf dem Weg zu CO2-Neutralität. Verantwortungsvoll gewonnene und verarbeitete Rohstoffe seien dabei eine wesentliche Grundlage für eine nachhaltige Mercedes-Benz Elektroflotte, wie der Hersteller versichert. Ausschlaggebend seien dabei die Achtung und Wahrung der Menschenrechte sowie der Umweltschutz von der Mine bis zum fertigen Produkt. Im Fokus stehen dabei derzeit insbesondere die Batterierohstoffe Kobalt und Lithium.

Mercedes-Benz setzt auf einen umfassenden Ansatz für die gesamte Batterietechnologie – von der Grundlagenforschung und Entwicklung bis hin zur Serienreife. Die Zelle ist das Herzstück der Batterie und das Beherrschen ihrer Chemie damit entscheidend.

„Klares Entwicklungsziel von Mercedes-Benz ist es, die Reichweite zukünftiger Batterien durch Fortschritte in der Energiedichte deutlich zu steigern, die Ladezeiten signifikant zu reduzieren, die Serienreife zukünftiger Batterietechnologien voranzutreiben und den Einsatz kritischer Materialien weiter zu reduzieren. Bei den kommenden Generationen von Batteriezellen wird der Kobaltanteil bereits auf weniger als zehn Prozent reduziert. Perspektivisch wollen wir durch Post-Lithium-Ionen-Technologien mit neuen Materialzusammensetzungen ganz auf Materialien wie Kobalt verzichten. Auch die weitere Optimierung der Recyclingfähigkeit und deren Umsetzung bei Mercedes-Benz ist Teil der ganzheitlichen Batteriestrategie.“ – Markus Schäfer, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz AG; verantwortlich für Daimler Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars COO

Die Mercedes-Benz AG will mit einem umfassenden Ansatz eine Vorreiterrolle einnehmen, der den sozialverträglichen und umweltgerechten Abbau von Kobalt und Lithium fördert. Das Unternehmen setze auf die Anwendung starker Nachhaltigkeitsstandards und mache den branchenweit anerkannten Bergbaustandard „Standard for Responsible Mining“ der „Initiative for Responsible Mining Assurance“ (IRMA) zu einem Schlüsselkriterium für Lieferantenentscheidungen und -verträge in Rohstofflieferketten. Der Standard steht am Beginn der industrieweiten Anwendung, die Daimler aktiv fördert. Mit den Verträgen verpflichten sich die Partner, in ihrer eigenen Lieferkette ausschließlich mit Rohstofflieferanten zusammenzuarbeiten, die nach dem IRMA Bergbaustandard auditiert sind. Die Lieferketten werden auch künftig regelmäßig überprüft.

Kritische Herkunftsländer werden dabei bewusst nicht generell als Bezugsquelle ausgeschlossen. Der Ansatz zielt vielmehr darauf ab, die Situation vor Ort für die Menschen zu verbessern und deren Rechte zu stärken. Damit folgt die Mercedes-Benz AG auch der Empfehlung von NGOs, Politik und anderen relevanten Interessensgruppen, sich nicht aus kritischen Ländern zurückzuziehen. Damit soll gemäß dem Grundsatz „Befähigung vor Rückzug“ die lokale Wirtschaft gefördert werden und gleichzeitig höhere Anforderungen an die Einhaltung von Menschenrechten vor Ort etabliert werden.

„Wir haben die Lieferketten für unsere Mercedes-Benz Elektroflotte bis zur Mine nach OECD-Leitlinien auditieren lassen, auch wenn wir Kobalt nicht direkt beziehen. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen geben wir den Batteriezellenlieferanten künftig vor, Kobalt und Lithium nur noch aus zertifiziertem Abbau zu beziehen. Wir gehen damit sogar noch einen Schritt darüber hinaus und erweitern die Auditierung der Minen um den Bergbaustandard ‚Initiative Responsible Mining Assurance‘. So lassen sich neben Kinderarbeit und anderen sozialen Belangen auch Umweltrisiken beim Abbau der Rohstoffe minimieren. Damit bereiten wir den Weg für sauberes Rohmaterial, von dem auch andere Teilnehmer am Markt profitieren können. Wir werden künftig nur noch mit Lieferanten zusammenarbeiten, die diesen Vorgaben zustimmen.“ – Markus Schäfer, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz AG

Unser Anspruch ist ganz klar: Wir wollen in unseren Produkten nur Rohstoffe und Materialien, die ohne Menschenrechtsverletzungen abgebaut und produziert wurden. Das ist ein zentraler Bestandteil unserer nachhaltigen Geschäftsstrategie. Damit setzen wir einen wichtigen Bestandteil unseres Human Rights Respect System in die Praxis um und gestalten den Weg zu elektrischen Antrieben nachhaltig“, sagt Renata Jungo Brüngger, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz, verantwortlich für Integrität und Recht. „Dort, wo es Hinweise auf Risiken gibt, schauen wir uns die Lieferkette nochmals genauer an. Dabei gehen wir über direkte Lieferanten hinaus und schaffen Transparenz, bei Bedarf bis hin zur Mine.“

Bereits 2018 hat Mercedes-Benz das Audit- und Beratungsunternehmen RCS Global beauftragt, Transparenz über die komplexen Kobalt-Lieferketten von Batteriezellen zu schaffen und diese über alle Stufen hinweg nach OECD-Leitlinien zu auditieren. Dabei wurden mehr als 120 Lieferanten identifiziert und 60 Audits nach einer entsprechenden Risikoabschätzung durchgeführt. Stand heute gibt es noch keine Kobaltminen, die nach dem IRMA Standard für industriellen Bergbau zertifiziert sind. Kobalt ist einer der Batterierohstoffe, die menschenrechtlich stark kritisiert werden.

Daher arbeitet Mercedes-Benz für besonders anspruchsvolle lokale Gegebenheiten mit IRMA und RCS Global zusammen an einem schrittweisen Ansatz, nach dem eine begrenzte Anzahl von Kobaltminen in der Demokratischen Republik Kongo nach einer Reihe spezifischer Anforderungen des IRMA Standards für verantwortungsvollen Bergbau auditiert werden können. Damit werden über die Menschenrechtsaspekte hinaus der umweltverträgliche Abbau von Rohstoffen sowie wesentliche Aspekte im Zusammenhang mit den Auswirkungen von industriellem Bergbau geprüft. Dieser Ansatz zielt mittelfristig darauf ab, einerseits realistische Erwartungen an Bergbaulieferanten zu formulieren, gleichzeitig aber auf immer verantwortungsvollere Praktiken zu setzen, um die Anforderungen von Daimler für nachhaltige Lieferketten zu erfüllen. Langfristiges Ziel ist eine klare Verpflichtung zur kontinuierlichen Verbesserung. Dabei gibt es Übergangsfristen für die Erreichung von unterschiedlichen Leistungsstufen für eine IRMA Zertifizierung.

Auch bei Lithium achtet Mercedes-Benz darauf, dass der Rohstoff nachhaltig gewonnen und in den Lieferverträgen der Bergbaustandard IRMA verankert wird. Um gleichzeitig die Situation in den Abbaugebieten zu verbessern, steht die Daimler AG in Kontakt mit Entwicklungs- und Nichtregierungsorganisationen für mögliche Projekte vor Ort.

Nachhaltigkeit im Mercedes-Benz Einkauf

Nachhaltigkeit ist eine zentrale Säule der Einkaufsstrategie von Mercedes-Benz. Auf dem Weg zur CO2-Neutralität von Mercedes-Benz im Rahmen der „Ambition2039“ stehen dabei die Reduktion von CO2-Emissionen sowie die Achtung und Wahrung der Menschenrechte und der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen entlang der gesamten Lieferkette im Fokus. Um der Verletzung von Menschenrechten frühzeitig und aktiv entgegenzutreten, geht die Daimler AG systematisch vor: Sowohl für die eigenen Mehrheitsgesellschaften als auch für die Lieferketten wurde ein strategischer Ansatz zur Achtung der Menschenrechte entwickelt, das Human Rights Respect System.

Als eine wichtige Maßnahme hat das Unternehmen potentielle Risiko-Rohstoffe identifiziert. Ziel ist es, die Lieferketten für diese potentiellen Risiko-Rohstoffe sukzessive transparent zu machen und risikobasiert Maßnahmen zu ergreifen. Die neuen Standards für den verantwortungsvollen Bezug von Rohstoffen gelten nur im ersten Schritt für Kobalt und Lithium. Im nächsten Schritt ist geplant, die Vorgehensweise auf weitere Rohstoffe auszuweiten, zunächst auf die weiteren Batterierohstoffe.

Quelle: Daimler – Pressemitteilung vom 12.11.2020

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Strauss:

OK MB, wenn ihr so die Batteriegestaltung nachhaltiger und sozialer machen wollt , baut auch mal gehörige Akkus in eure Autos rein. Der neue 300 e als Hybrid mit dem so kleinen Akku ist ein überflüssiges Auto. Mit 8 Liter Beninverbrauch das ist ja lächerlich. Meinen alten E Klasse 200 D (vor 10 Jahren) habe ich schon mit 6 Litern nur mit Turbomotor ohne jegliche Rekuperation gefahren.

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