Der deutsche Bus- und Lkw-Hersteller MAN bekennt sich klar zur batterieelektrischen Technologie für seine Nutz- und Personenfahrzeuge. Wasserstoff spiele akutell keine wichtige Rolle, erklärte Alexander Vlaskamp, CEO des Unternehmens, Anfang Januar bei einem Treffen mit spanischen Journalisten in Madrid. MAN wird dort dieses Jahr die ersten Elektro-Lkw ausliefern.
MAN hat im Oktober letzten Jahres den Verkauf des ersten schweren Elektro-Lkw seiner Unternehmensgeschichte gestartet. Vlaskamp berichtete laut der spanischen Wirtschaftszeitung Expansión von 800 bereits erteilten Bestellungen für den eTruck, einem batterieelektrischen Lkw-Modell, das verschiedene Transportanforderungen abdeckt, darunter Verteilerverkehr, Baugewerbe und Fernverkehr. “Die für 2024 limitierten ersten Modelle des neuen MAN eTruck sind bereits bis auf ganz wenige Fahrzeuge ausverkauft”, geht zudem aus einer aktuellen Pressemitteilung hervor.
Der überwiegende Teil davon entfällt auf die Großserienproduktion, die ab 2025 im MAN-Werk München starten soll. Dann werden Lkw mit Diesel- und batterieelektrischem Antrieb auf derselben Montagelinie gefertigt, was – je nach Nachfragesituation – größtmögliche Flexibilität erlaube. Der eTruck soll eine Reichweite von 600 bis 800 Kilometern an einem Arbeitstag bieten. MAN betont, dass der batterieelektrische Antrieb bei ihren Lastwagen bereits Realität ist und bereits an Batterien gearbeitet werde, die bis zum Jahr 2026 Tagesreichweiten von bis zu 1000 Kilometern ermöglichen sollen.
MAN setzt auf Batteriereparatur und -recycling
MAN verfolgt ehrgeizige Ziele für die Elektrifizierung seines Lkw-Geschäfts. Bis zum Jahr 2030 strebt das Unternehmen an, die Hälfte seiner Lkw-Verkäufe auf Elektrofahrzeuge umzustellen. Um dieses Vorhaben zu unterstützen, plane der Hersteller den Bau einer Batteriefabrik im Werk Nürnberg und investiert dafür 100 Millionen Euro. Die Serienproduktion der Batteriepakete soll im frühen Jahr 2025 starten.
Neben dem Fokus auf Elektrofahrzeuge setze MAN auf die Reparatur von Batterien anstelle des Austauschs. Hierfür wurden zwei Reparaturzentren in Europa eröffnet, eines in Hannover und eines in Barcelona. Das Unternehmen betont die Wichtigkeit der Verlängerung der Lebensdauer der Batterien und entwickelt Strategien, um neue Verwendungsmöglichkeiten für Batterien am Ende ihrer Nutzungsdauer zu finden. MAN schätzt diese Lebensdauer auf zehn bis 15 Jahre oder 1,2 Millionen gefahrene Kilometer.
Die Strategie von MAN sieht vor, die Batterien entweder zu reparieren und erneut in einem Fahrzeug zu nutzen, ein zweites Leben als Zwischenspeicher für erneuerbare Energiequellen wie Solar- oder Windenergieanlagen zu ermöglichen oder die Rohstoffe aus den Batterien zurückzugewinnen, um neue Batterien herzustellen. Dabei setzt MAN auf die Zusammenarbeit mit Kunden, um deren Prozesse so zu gestalten, dass die Lebensdauer der Batterien effektiv verlängert wird. Man werde den Zustand von Batterien, die für die Verwendung in den Nutzfahrzeugen nicht mehr geeignet sind, automatisiert bewerten und diese anschließend demontieren. Dabei werden von Beginn an unterschiedliche Zustände wie Form, Aufbau und Hersteller sowie Eigenschaften der Batterie analysiert. Für die weitere Nutzung in Betracht gezogen wird nach entsprechender Wiederaufbereitung die erneute Verwendung im Fahrzeug als Traktionsbatterie. Nach besagter Werksinstandsetzung (Second Use) der Batterien oder für die Fälle, dass Batterien nach dem Fahrzeugeinsatz oder nach einem Unfall sich nicht mehr für stationäre Pufferspeicher von Solar-, Windkraft- oder Biogasanlagen eignen (Second Life), kommt das Recycling ins Spiel.
Mangelhafte Ladeinfrastruktur das Hauptproblem
MAN werde nach eigenen Angaben bei den Batterie-Rohmaterialen einen geschlossenen Kreislauf umsetzen, mit dem vorrangigen Ziel, die Nutzung der Batterien und damit der Ressourcen kontinuierlich zu verlängern. Erst wenn dies nicht mehr möglich ist, sollen die wertvollen, wiedergewonnenen Rohstoffe wie Nickel, Mangan, Kobalt oder Lithium in die Neuproduktion von Batterien fließen. Für das Recycling präferiert MAN ein mechanisches Verfahren mit anschließender hydrometallurgischer Aufbereitung. Durch einen mechanisch- und hydrometallurgischen Prozess werden dabei die Rohstoffe aus der Batterie zurückgewonnen. MAN sei dabei Teil des Volkswagen-Group-Recyclingnetzes mit Recycling-Partnern in ganz Europa.
Speziell MAN Truck & Bus Iberia habe angekündigt, bis 2026 sein gesamtes Kundendienstnetz in Spanien, bestehend aus rund 800 Mitarbeitern in 71 Wartungs- und Reparaturstellen, für den Bereich Elektromobilität zu befähigen und zu zertifizieren. Der CEO von MAN Truck & Bus Iberia, Stéphane de Creisquer, betonte die Bereitschaft des Unternehmens zur Umstellung auf Elektromobilität, vorausgesetzt, die Regierung unterstütze dies durch einen einfachen Förderplan und den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur.
In Gesprächen mit 1300 Speditionskunden, die einen Fuhrpark von 25.000 Lastwagen repräsentieren, wurde deutlich, dass die mangelnde Ladeinfrastruktur auch in Spanien eines der Hauptprobleme für die Entwicklung der Elektromobilität darstelle. MAN gibt laut Expansión an, dass Elektro-Lkw Ladepunkte mit einer Mindestleistung von 150 kW benötigen, während in Spanien nur 990 solcher Punkte existieren, die zudem nicht für Lkw geeignet sind. Laut einem Bericht des spanischen Herstellerverbands Anfac benötigen schwere Fahrzeuge Ladepunkte mit einer Leistung zwischen 350 und 1200 kW. Bis 2030 sollen in Spanien mehr als 1500 und bis 2035 mehr als 1600 Ladepunkte dieser Art verfügbar sein.
“Batterieelektrische Technologie effizienter als Wasserstoff”
MAN Truck & Bus zieht die Nutzung von Wasserstoff im Straßenverkehr vorerst nicht in Betracht, so die spanische Wirtschaftszeitung Expansión weiter. Alexander Vlaskamp, Vorstandsvorsitzender von MAN Truck & Bus, zweifelt an der Praktikabilität von Wasserstoff, da dieser Treibstoff im Vergleich zu Strom einen geringeren Wirkungsgrad und höhere Produktionskosten aufweise.
Die batterieelektrische Technologie wird als effizienteste Lösung bezeichnet, da 75 Prozent der erzeugten Energie direkt genutzt werden können. Im Gegensatz dazu gehen bei der Brennstoffzellentechnologie 75 Prozent der erzeugten Energie verloren, und nur 25 Prozent können für den Antrieb des Fahrzeugs genutzt werden. Vlaskamp unterstreicht auch die höheren Kosten bei der Herstellung von grünem Wasserstoff im Vergleich zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien. Derzeit sei grüner Wasserstoff nicht unter 13 oder 14 Euro zu erwerben und zudem nicht in ausreichendem Maße verfügbar. Er prognostiziert zudem, dass grüner Wasserstoff in erster Linie für die Schwerindustrie in Bereichen wie Stahl, Zement oder Kunststoff benötigt werde. Vor diesem Hintergrund sehe MAN Truck & Bus vorerst keine ökonomische Rentabilität darin, von Diesel auf Wasserstoff umzusteigen – vor allem, wenn eine nachhaltige Energiequelle nicht gewährleistet ist.
MAN werde die Brennstoffzellentechnologie weiter erforschen und entwickeln, jedoch “nur, um die Hypothese zu testen“. Er betont, dass die Nutzung von Wasserstoff im Verkehr erst ab 2035 in Betracht gezogen wird. Dann müsse allerdings ausreichend grüner Wasserstoff zu einem angemessenen Preis verfügbar und die erforderliche Infrastruktur vorhanden sein. Dabei stellt Vlaskamp klar, dass die Entscheidung nicht auf Glauben basiert, sondern auf wirtschaftlichen Überlegungen. Es sei unmöglich, mit der batterieelektrischen Technologie zu konkurrieren, da die Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership, TCO) für Elektrofahrzeuge immer wirtschaftlicher sein werden.
Quellen: Expansión – MAN apuesta por los camiones eléctricos: “El hidrógeno no es viable” (übersetzt) / MAN – Pressemitteilungen vom 23.1.2024 und 9.11.2023