Wasserstoff-Elektrolyse: Wie sich Technologien, Markt und Projekte entwickeln

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Im Projekt H2 Companion begleitet das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) die beiden Modellregionen Grüner Wasserstoff in Baden-Württemberg – H2-Wandel und H2 Genesis – wissenschaftlich und führt ein Monitoring von Elektrolysetechnologien durch. Deren wissenschaftliche, technische und ökonomische Dimensionen stehen dabei im Fokus und die Erkenntnisse sind auf einer Webseite zusammengetragen. In den Modellregionen werden unter anderem Elektrolysekapazitäten aufgebaut und in der Praxis erprobt.

Obwohl die Elektrolyse als chemische Reaktion seit mehreren hundert Jahren bekannt ist, setzte sich die Wasserstoffproduktion aus fossilen Brennstoffen am Markt durch, was vor allem an weit niedrigeren Gestehungskosten liegt. So wurden im Jahr 2022 nur etwa 0,1 Prozent der globalen H2-Erzeugung – das entspricht weniger als 100.000 Tonnen bei einer Gesamtproduktion von 95 Millionen Tonnen – durch die Wasserelektrolyse hergestellt.

Letztere gewinnt aber aktuell deutlich an Bedeutung, weil sie zum einen gewährleistet, dass Wasserstoff zu einem flexiblen Energieträger wird und zum anderen die Elektrolyse durch die Produktion von grünem Wasserstoff einen entscheidenden Beitrag zur Sektorenkopplung und damit zur Transformation des Energiesystems beitragen kann.

Analyse von Elektrolysetechnologien

Das Fraunhofer ISI führte im Projekt H2 Companion, in der es die beiden Modellregionen Grüner Wasserstoff in Baden-Württemberg – H2-Wandel (Mittlere Alb – Donau – Ostwürttemberg) und H2 Genesis (Region Stuttgart) – wissenschaftlich begleitet, eine Analyse von Elektrolysetechnologien durch und bündelt diese in drei Kategorien: Die Alkalische Elektrolyse (AEL), die Protonenaustausch-Membran-Elektrolyse (PEM) sowie die Hochtemperatur-Elektrolyse (HT).

Die alkalische Elektrolyse weist demnach die höchste technische Reife auf und ist die industriell etablierteste Technologie am Markt, arbeitet bei Temperaturen von 70 bis 90 Grad und zeichnet sich durch geringe Investitionskosten und Robustheit aus. Bei der PEM-Elektrolyse werden Protonen (H+) bei der Wasserspaltung durch eine Membran befördert und ihre Vorteile liegen in einer schnellen Reaktionsfähigkeit auf veränderte Stromnachfragen (kurze Start- und Stoppzeiten), wodurch sie sich besonders zur Netzstabilisierung und Anwendungen mit variablen Energielieferungen eignet. Bei der Hochtemperatur-Elektrolyse liegen die Temperaturbereiche dagegen zwischen 650 und 850 Grad, weshalb hier Wasserdampf verwendet wird. Die hohen Betriebstemperaturen bringen eine verbesserte kinetische Effizienz mit sich, wodurch der spezifische Energiebedarf sinkt und die Umwandlung beschleunigt wird. Die dabei entstehende Abwärme lässt sich zudem für andere industrielle Prozesse nutzen.

Darüber hinaus wurde im Projekt H2 Companion untersucht, wie sich Patentanmeldungen zur Elektrolyse im Zeitverlauf und im transnationalen Kontext entwickelt haben. Bis zum Jahr 2015 lag das Niveau für alle Technologiebereiche mehr oder weniger konstant im Bereich von jeweils etwa zehn transnationalen Anmeldungen pro Jahr.

Seither ist laut Fraunhofer ISI eine ansteigende Dynamik zu verzeichnen, angeführt von den AEL- und PEM-Technologien. Zuletzt beschleunigte sich dieser Trend und übertrug sich mit Verzögerung auf die HT-Technologie. Im Jahr 2021 lag die PEM-Elektrolyse mit 93 transnationalen Patentanmeldungen vorn, gefolgt von AEL (68) und HT (37). Was den nationalen Ursprung der Patente anbelangt, führen im internationalen Kontext die USA vor Japan und Deutschland das Ranking der Top 10-Länder an, wobei alle drei eine große Ähnlichkeit der Verteilung zwischen den Technologien aufweisen: Höchste Intensität ist aktuell bei PEM-Patenten auszumachen, gefolgt von AEL und HT-Patenten.

Durchschnittliche Wachstumsrate von etwa 25 Prozent

Ein weiterer im Projekt erforschter Aspekt dreht sich um die künftige Marktentwicklung: Dazu wurden zahlreiche Marktstudien ausgewertet, die sich mit dem Themenbereich Wasserstoff, seiner Erzeugung und Nutzung befassen – oft unter der Bezeichnung „grüner Wasserstoff“. Einige Studien widmen sich explizit dem Elektrolyseur-Markt als Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft. Die Meta-Markt-Analyse prognostiziert auf Basis der ausgewerteten Markstudien eine durchschnittliche Wachstumsrate des zukünftigen Elektrolyseur-Marktes von etwa 25 Prozent (Median-Wert).

Was den jährlichen globalen Umsatz anbelangt, lag dieser im Jahr 2023 laut Studien zwischen 217 Millionen und 10,8 Milliarden US-Dollar, der Median-Wert über alle Studien hinweg bei etwa 505 Millionen US-Dollar. Für das Jahr 2030 werden jährliche Umsatzzahlen zwischen 651 Millionen und 90,4 Milliarden US-Dollar prognostiziert (Median liegt bei 17,9 Milliarden US-Dollar). Die enorme Spannbreite der Angaben weist sowohl auf methodische Unterschiede zwischen den Anbietern hin als auch auf substanzielle Unsicherheiten im sich gerade erst entwickelndem Markt für Elektrolyseure.

Richtet man den Blick auf die in den Marktstudien erwähnten Unternehmen und weist diese nach Ländern aus, so tauchen dort vor allem Unternehmen aus den USA (20 Prozent), Deutschland (14 Prozent), China (13 Prozent), Frankreich (10 Prozent) und Italien (10 Prozent) auf, die den globalen Wasserstoff-Elektrolyseur-Markt aktuell prägen.

„Im Zuge der Energiewende gewinnt Wasserstoff an Bedeutung“

Dr. Henning Döscher, der die Forschungsarbeiten am Fraunhofer ISI innerhalb von H2 Companion koordiniert, weist zudem auf die Schlüsselrolle von Stadtwerken bei der breiten Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte hin: „Im Zuge der Energiewende gewinnt die Integration von Wasserstoff als umweltfreundlicher Energieträger an Bedeutung“, so der Wissenschaftler. Stadtwerke seien hier zentrale Akteure, weil sie ihre Infrastruktur, Erfahrung und regionale Präsenz nutzen können, um Wasserstofftechnologien vor Ort zu etablieren. „Daher haben wir auch die Rolle deutscher Stadtwerke und regionaler Energieversorger in geplanten und bereits umgesetzten Elektrolyseprojekten untersucht. Es zeigt sich, dass sich die Vorhaben in ähnlichem Umfang auf den Westen, Süden und Norden Deutschlands verteilen und nur die ostdeutschen Bundesländer mit lediglich zwei Projekten zwischen 2013 bis 2026 noch Nachholpotenzial haben“, so Döscher.

Im Gespräch mit Stadtwerken, die im Bereich von 20 bis 200 Mitarbeitenden und einem Umsatz zwischen 10 und 100 Millionen Euro jährlich agieren, habe das Fraunhofer ISI herausgefunden, „dass durchschnittliche Elektrolyseprojekte, also von der Idee bis zur Inbetriebnahme, etwa 3,5 Jahre Zeit benötigen. Die geplanten Leistungsdaten der Elektrolyseure in den H2-Projekten weichen dabei zum Teil stark voneinander ab und variieren zwischen 0,25 und 30 MW“, so Döscher, der abschließend darauf verweist, dass die Elektrolyse-Erkenntnisse aus dem Projekt H2 Companion neben vielen anderen Akteuren auch für noch nicht aktive Stadtwerke wichtiges Know-how böten, um künftige Elektrolyseprojekte anzustoßen.

Quelle: Fraunhofer ISI – Pressemitteilung vom 03.06.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Hiker:

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Ihr zwei überhaupt über dasselbe Diskutiert? Wasserstoff wird es in Zukunft für die unterschiedlichsten Anwendungen benötigen. Immer dann, wenn es keine Alternativen zu Fossilen Energieträgern gibt.

Beispielsweise bei der Stahlproduktion. Wo Wasserstoff absolut keinen Sinn macht ist bei PWs oder LKWs. Hier ist klar der Akku die richtige Wahl. Der Trend ist bereits heute unübersehbar.

Das Für oder Gegen Wasserstoff dass Ihr zwei hier diskutiert, ist höchstens die Frage für welche Anwendungen und für welche eher nicht.

Hiker:

Windkraft und PV werden nicht abgeschaltet weil sie zu viel Energie produzieren. Das Problem sind Atom, Kohle und Gaskraftwerke. Weil die nur Bandstrom liefern können und möglichst nicht reguliert werden können oder aus Kostengründen sollten.

Dazu kommt die teilw. fehlende Infrastruktur. Es macht wenig Sinn diese Kraftwerke weiterlaufen zu lassen, damit man stattdessen Regenerative Kraftwerke Wasserstoff produzieren lässt.

Das ist der falsche Weg. Wasserstoff wird für Anwendungen benötigt wo keine anderen Alternativen zu Fossilen Energieträgern bestehen. Und schon gar nicht für den MIV.

Smartino:

Wie Du sehe ich das pragmatisch. Ich bin zwar kein Fan von Wasserstoff für BEVs.
Aber bei Stromüberfluss Windkraft und PV abzuschalten ist unnötige Verschwendung.

Entweder finden wir einen sinnvollen Verwendungszweck oder Speicherlösungen.
Und wenn sich Wasserstoff als Speicher am besten rechnet, produzieren wir halt Wasserstoff. Ist doch immer noch besser als nichts.

Jakob Sperling:

Der Ioniq 5 ist ein tolles Auto und von einer Firma, die sehr stark in Wasserstofftechnologie ist.
Eine tolle Firma, von der ich vor ein paar Jahren glücklicherweise ein Paket Aktien gekauft habe.

Jakob Sperling:

Es gibt zahlreiche H2-Fähren.
Du kannst Dir mal überlegen, wie es dazu kommt, dass du nichts davon weisst.
Wenn ich sage warum, wird es von der Redaktion als beleidigend gestrichen.

Peter:

Komisch hab die oben gesagten 6kWh Bluetti B300 mit und 6 Platten auf Wohnanhänger und keinerlei Probleme mit der Stromversorgung, ich muss ein Magier sein…aber hey zur Not nehm ich halt den Strom ausm Ioniq 5

Peter:

Und trotzdem fahren schon BEV Fähren und Cointainerschiffe aktiv Fracht, z.B. Norwegen/Schweden wo gi ts ne H2 Fähre?

Peter:

Na wo gibts denn jetzt nen günstiges System für zu Hause…nein Picea für min. 100k ist nicht günstig.
Verlink doch mal deine Märchen, Hausspeicher gibts wie Sand am Meer zu kaufen, GW Speicher existieren auch schon aber H2 Großspeicher hab ich noch keine in praktischer Anwendung gesehen.

Captain Ahab:

Kann bei der Rechnung nachhelfen. **************.

Ein Haus braucht für einen Winter inkl. Heizung ca. 4’000 kWh. Nehmen wir 1’000 von der PV, dann bleiben 3’000.

Dafür braucht man eine Mini-Brennstoffzelle von etwa 5kW und ca. 200 kg Wasserstoff.

Oder eine Batterie für 3’000 kWh, die etwa 1/2 bis 1 Mio. kosten wird.

[Edit: Passage gelöscht, bitte unsere Netiquette beachten und sowas künftig anders formulieren, ohne beleidigend zu werden, danke / Die Redaktion]

Captain Ahab:

Kleine, mobile Brennstoffzellen gibt es reihenweise. Frag mal einen Segler oder einen Camper. Z.B. von sfc, cts, lavo, doosan, Bosch, Panasonic, etc.
Schon lange mit Methanol, inzwischen auch mit H2. Die alle haben aber deutlich mehr Energie als dein bisschen Batterie.

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