VW ID.3 – Der Klingelton des Akku-Autos

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Volkswagen AG

Wolfgang Plank
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Es ist eine seltsame Welt: Da klagen alle über dauerhafte Beschallung, kaum jemand geht ohne Kopfhörer aus dem Haus – und dann wäre da endlich Stille, aber es gibt ein Gesetz sie zu übertönen…

Einen gewissen Sinn indes macht das schon. Das Gesetz ist eine EU-Verordnung, wonach E-Mobile seit Mitte dieses Jahres ein „Acoustic Vehicle Alerting System“ (AVAS) an Bord haben müssen – eine hörbare Warnung für Fußgänger und Radfahrer. Wir sind schließlich seit jeher daran gewöhnt, dass ein fahrendes Auto brummt und sich Gefahr also ankündigt. Treiben den Motor aber Wicklungen statt Kolben, brummt nichts. Doch die Ruhe ist in höchstem Maße trügerisch. Denn kein Lärm bedeutet eben ganz und gar nicht, dass kein Auto kommt.

Jenseits von Tempo 30 sorgen Abrollgeräusche für übliche Erkennbarkeit. Bis dahin aber muss auch das E-Auto von sich hören lassen. Die Lautstärke ist vorgeschrieben, der Sound hingegen weitgehend frei. „Motorenähnlich“ lautet die Empfehlung – was immer man darunter verstehen mag.

Klaus Bischoff nennt es „stille Revolution“. Volkswagens oberster Design-Chef schwört auf Klänge, die er als „rauschfrei und schwebend“ bezeichnet. Etwas, das nach Zukunft klingt – und das trotzdem typisch für die Marke sein muss. Prägende Geräusche seien ja nicht verwerflich. Im Gegenteil: Ein Porsche klinge eben nun mal wie ein Porsche. Scharen von Ingenieuren und Akustikern seien schließlich genau zu derlei Zwecken engagiert.

Jetzt aber herrscht plötzlich Ruhe im Motorraum. Doch Bischoff sieht darin die große Chance, manches neu zu inszenieren. Und das gerade nicht mit dem Imitat eines Zwölfzylinders. „Wir wollen den Zugewinn an Ruhe nicht übertönen.“, verspricht er. Und also dürfe zum Beispiel der Klang des neuen ID.3 keinesfalls etwas sein, das im ohnehin lärmenden Alltag zusätzlich auf die Nerven geht. Fahrzeuge seien „Freiheitsmaschinen“. Darum soll der ID.3 nach Leichtigkeit klingen.

Ein Prozess, der schwer war. Mehr als 400 Kreativ-Köpfe aus 30 Ländern hat Bischoff in seinem Team. Und dennoch haben sie sich noch Hilfe von außen geholt. Unter anderem beim durch „Dschingis Khan“ bekannt gewordenen Komponisten Leslie Mandoki. Schließlich galt es, eine ganz neue Sinnesebene zu erschließen. Klar sollte eine Tür schon sehr lange satt ins Schloss fallen und ein Auspuff sonor klingen – aber ein Motorengeräusch? Wozu? Es war ja da, seit es Motoren gibt.

Beim E-Auto mit seiner tiefgehenden digitalen Architektur ist alles anders. Man braucht ein akustisches Signal, wenn der Wagen startet. Und eines, wenn man die Fahrstufe einlegt. Weil nicht mehr ausreichend Mechanik da ist, die selbst Geräusche machen könnte. Sogar das Tick-Tack des Blinkers darf gedimmt sein – welches Brummen hätte es noch zu bezwingen?

Und so klingt der ID.3 wie das fein modulierte Surren eines Elektromotors. Beim Beschleunigen wird der Ton höher, beim Bremsen tiefer. Stets im mittleren Frequenzbereich. Was nicht verwundert: Hohe Töne sind für ältere Menschen schlecht zu hören, für tiefe braucht man große und teure Lautsprecher.

Das Ergebnis hat durchaus etwas Dynamisches. Ob es der Klang der Zukunft sein wird – wer weiß? Wenn wir erst alle autonom fahren, braucht es ohnehin keine Warnung mehr. Bis dahin aber werden wir auch Akku-Autos an ihrem speziellen Sound erkennen – er wird einfach nur anders sein. Und vielleicht kann man irgendwann sogar wählen. Wie bei einem Klingelton.

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Wolfgang Plank

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.

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