Für viel Aufsehen hatte in der vergangenen Woche ein Bericht der österreichischen Kronen Zeitung gesorgt, nach dem das europäische Verbrenner-Aus zurückgenommen werden soll. Nun macht der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) aber klar, dass dies fachlich keinesfalls stimme und bei der Berichterstattung einige Dinge durcheinandergeworfen wurden. “Die aktuell kursierenden Berichte bringen einige Thematiken und Zuständigkeiten durcheinander und leiten daraus falsche Schlussfolgerungen ab”, äußerte sich der Verband laut eines Berichts der Automobilwoche.
Das Boulevard-Blatt, das mit der deutschen Bild-Zeitung verglichen werden kann, hatte in der Dienstagsausgabe sowie online von einer Abstimmung im EU-Ausschuss für Umwelt und Transport berichtet. Von einem “Knalleffekt” bei Elektroautos war dort die Rede, und es wurde fast schon begeistert festgestellt: “Das Aus für Verbrenner-Motoren steht vor dem tatsächlichen Aus.” Dem sei aber mitnichten so, führt der VDA nun aus. “Tatsächlich stimmte der EU-Ausschuss lediglich für eine geänderte Erfassung von Treibhausgas-Emissionen bei Transportdienstleistungen ab. Diese soll künftig nach einheitlichen Kriterien für alle Verkehrsträger erfolgen, somit auch für Busse, Bahn und Mikromobilität”, schreibt die Automobilwoche.
Es geht lediglich um eine freiwillige Methodik
Es handele sich also keinesfalls um eine generelle Entscheidung der EU. Es gehe bei der von der Kronen Zeitung behandelten Thematik nicht um die CO2-Flottenregulierung und nicht um die CO2-Grenzwerte von neu zugelassenen Fahrzeugen. “Es geht um eine freiwillige Methodik. Und: Es geht hier nur um die Position des Ausschusses, die Trilogverhandlungen mit dem Rat sind noch ausstehend”, führt der Verband aus.
Auch andere kritisierten die zuletzt von einigen Medien forcierte Stimmung für eine Umkehr des sogenannten Verbrenner-Verbots als äußerst schädlich. Es wäre fatal, wenn die Autobranche auf eine Verlängerung der Verbrenner-Ära in reifen Märkten wie Europa setzen würde, sagte zum Beispiel Maximilian Fichtner, Leiter des Ulmer Batterieforschungszentrums Celest, gegenüber der Automobilwoche. In Asien seien schon jetzt einige Elektromodelle günstiger als die vergleichbaren Verbrenner. Wenn sich die europäischen Autobauer nun an eine aussterbende Nische klammern würden, stünden die Zukunftschancen zunehmend schlecht. “Unsere Autoindustrie wäre dann nicht mehr in der Lage, sich aus dieser Misere zu befreien und feindliche Übernahmen und Werksschließungen wären die Folge”, ist sich Fichtner sicher.
Gesamtbilanz soll berücksichtigt werden
Hintergrund der Diskussion ist die Frage, ob bei der Betrachtung der Klimabilanz eines Fahrzeugs nicht besser die Gesamtbilanz betrachtet werden sollte statt der reinen Betrachtung “am Auspuff”. Derzeit fließen Elektroautos mit 0 Gramm CO2 in die Flottenberechnungen ein – ganz egal, wie der genutzte Strom gewonnen wurde oder welche Emissionen bei der Fahrzeugherstellung entstanden sind. 2026 soll auf EU-Ebene die Entscheidung, ab 2035 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zuzulassen, überprüft werden. Sollte eine Gesamtbilanz betrachtet werden, müsste dies ohnehin abgeändert werden, denn kein Fahrzeug dieser Welt kann in Summe emissionsfrei sein. Allerdings zeigte zuletzt unter anderem eine Studie des Vereins deutscher Ingenieure (VDI), dass selbst unter sehr pessimistischen Annahmen Elektroautos deutlich emissionsärmer sind als Verbrennermodelle.
Daraus eine generelle Umkehr der Entscheidung abzuleiten, erscheint angesichts der Tatsachen schlichtweg absurd. Politisch setzt sich derzeit vor allen die CDU für eine Abkehr der EU-Entscheidung ein, doch offenbar ist dies nicht einmal innerhalb der Europäischen Volksparteien (EEP) Konsens. Es ist nicht auszuschließen, dass trotz vieler Argumente dagegen politisch auch Wasserstoff und E-Fuels Türen für die Zukunft geöffnet bleiben, doch es ist absehbar, dass dies allenfalls Nischen für Besserverdienende bleiben werden. Wenn also die Kronen Zeitung ihren Lesern erklären möchte, dass der Hochlauf der Elektromobilität gestoppt werden soll, dann entspricht dies offensichtlich nicht den Tatsachen.
Quelle: Automobilwoche – “EU-Regulierung: VDA: Kein Zurückdrehen des Verbrenner-Aus”