VDA: „Politik muss E-Auto-Wende unterstützen“

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Sebastian Henßler
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Im Interview mit Hildegard Müller, der Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), geführt von Tobias Schmidt von noz.de, wird deutlich, dass die deutsche Autoindustrie fest zur Elektromobilität und zum Pariser Klimaschutzabkommen steht. Allerdings ist es so, dass diese auf wesentliche Unterstützung und Rahmenbedingungen durch die Politik angewiesen ist.

Müller betonte, dass es nicht darum gehe, das Ziel eines Verbrennerverbots ab 2035 in der EU grundsätzlich infrage zu stellen. Wobei wir hier von Seiten EAN einordnen möchten, dass es das „Verbrennerverbot“ an sich nicht gibt. Vielmehr gibt es gibt nur ein Verbot von Verbrenner-Neufahrzeugen, die mit Diesel oder Benzin betankt werden. Ab dann sollen nur noch CO2-neutrale Neufahrzeuge zugelassen werden, etwa indem Verbrenner mit E-Fuels betrieben werden.

Unabhängig davon gibt die Präsidentin des VDA zu verstehen, dass umfangreiche Reviewprozesse klären müssen, welche Maßnahmen von der Industrie und der Politik ergriffen werden müssen, um dieses Ziel tatsächlich zu erreichen. „Wir brauchen keine Ziel-Debatte, sondern eine Zielerreichungs-Debatte“, betonte Müller. Die deutschen Autohersteller investieren massiv in die Forschung und Entwicklung neuer Antriebe, insbesondere in die Elektromobilität. Müller sprach von rund 280 Milliarden Euro, die innerhalb weniger Jahre in diesen Bereich fließen, zusätzlich zu 130 Milliarden Euro, die in den Umbau der Werke investiert werden. Diese Investitionen sollen die Anzahl der verfügbaren E-Auto-Modelle steigern und durch Skaleneffekte die Kosten für Elektroautos senken, sodass sie perspektivisch günstiger als Diesel oder Benziner werden, was bereits in wenigen Jahren eintreffen dürfte.

Ein zentrales Problem sieht Müller in der laut ihr unzureichenden Infrastruktur und der unsicheren Versorgung mit Rohstoffen und CO₂-freiem Strom. Sie kritisiert den Mangel an Ladesäulen und betont die Notwendigkeit stabiler Stromnetze. „Das Allerwichtigste, um die E-Mobilität hierzulande wieder in Schwung zu bringen, sind Ladesäulen, Ladesäulen, Ladesäulen und Netze, Netze, Netze!“ forderte Müller nachdrücklich im Interview mit Schmidt. Ohne einen schnelleren und vorausschauenden Ausbau der Ladeinfrastruktur drohe ein Chaos, bevor die Zielmarke der Bundesregierung von 15 Millionen E-Autos erreicht werden könne. Wobei dieses Ziel mittlerweile, begründet durch Zahlen, Daten und Fakten in Frage gestellt wird.

Engagierte europäische Energiepolitik macht künftig den Unterschied

Auch auf die Energiepolitik und internationale Partnerschaften ging Müller ein. Sie sieht die Notwendigkeit einer engagierten europäischen Energiepolitik und fordert die EU auf, Verträge mit Regionen wie Afrika und Lateinamerika abzuschließen, um die Versorgung mit günstigem Grünstrom zu sichern. „Deutschland und Europa brauchen eine engagierte Energiepolitik“, betonte sie. Sie kritisierte zudem den mangelnden Fortschritt bei wichtigen Freihandelsabkommen, die für die Automobilindustrie entscheidend sind, und forderte mehr Druck auf Brüssel, um diese Abkommen voranzutreiben. Sie beklagte, dass sich die EU zu oft in Details verliere oder durch Eigeninteressen einzelner Länder blockiert werde.

Ein weiteres Problem sieht Müller in den steigenden Produktionskosten in Deutschland. Sie warnt vor einer schleichenden Deindustrialisierung, da Deutschland bei den Produktionskosten nicht mithalten könne. Die Bürokratie türme immer neue Hürden auf, und es sei an der Zeit, dass die Politik endlich die richtigen Maßnahmen ergreife, um Deutschland für Unternehmen wieder attraktiver zu machen. „Nur ein Prozent der mittelständischen Unternehmen unserer Industrie sieht sich in der Lage, seine Investitionen in Deutschland zu erhöhen, ein klares Warnsignal!“, betonte Müller.

Auch auf das Thema Strafzölle auf E-Autos aus China ging Müller ein. Sie hält diese nicht für ein geeignetes Mittel zum Schutz der deutschen Automobilbranche und warnte vor Gegenmaßnahmen Chinas, die Deutschland als Exportnation hart treffen könnten. Sie plädierte für intensivere Gespräche zwischen Brüssel und Peking, um eine faire und WTO-konforme Handelspartnerschaft zu erreichen.

Zum Ende der Lichtblick: Denn trotz der zahlreichen Herausforderungen glaubt Müller fest an die Zukunft der deutschen Autoindustrie. Sie betonte, dass die deutsche Autoindustrie technologisch und innovativ international wettbewerbsfähig sei und gute Autos baue. „Es geht allein um die Rahmenbedingungen. Aber nur, wenn die Politik endlich das Richtige tut, sind die Jobs in Deutschland auf Dauer zu halten“, sagte sie abschließend.

Quelle: noz.de – Auto-Präsidentin: „Deutsche reagieren allergisch auf Verbote“

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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