Update zu Sicherheitsmängeln: Easee nimmt Stellung

Cover Image for Update zu Sicherheitsmängeln: Easee nimmt Stellung
Copyright ©

Easee

Felix Katz
Felix Katz
  —  Lesedauer 6 min

Die schwedische Aufsichtsbehörde Elsäkerhetsverket hat die Ladeboxen Home, Charge und Ready des norwegischen Herstellers Easee untersucht – wir berichteten. Dabei kam man zu dem Schluss, dass die Produkte die grundlegenden Sicherheitsanforderungen für den Verkauf auf dem Markt nicht erfüllen sollen. Nun hat der Hersteller Stellung genommen und will damit einige Vorwürfe entkräftet haben.

Der Laderoboter von Easee ist eines von insgesamt sechs Geräten, welches Elsäkerhetsverket genauer unter die Lupe nahm. Dabei sollen einige Sicherheitsmängel aufgefallen sein, die im schlimmsten Fall zu einem Verkaufsverbot in ganz Europa führen können. Unter anderem wurde bemängelt, dass kein FI-Schutzschalter (30mA AC/6mA DC) verbaut sei, obwohl das in der Gebrauchsanweisung (Typ B) angegeben ist. Zudem habe das Produkt bei der Überspannungsprüfung LLLN->CP versagt und auch die EU-Deklaration des Produkts sei „mangelhaft“.

Sicherheitsmängel: Droht Wallbox-Hersteller Easee wirklich ein Verkaufsverbot?
Die Wallbox „Home“ von Easee | Bild: Easee

„Überspannungsprüfung nicht anwendbar“

Bis Mitte Februar hatte Easee Zeit, Stellung zu nehmen. Und hat dies auch getan. Auf der Unternehmens-Webseite ist zudem eine aktualisierte Stellungnahme aufgetaucht: „Wir begrüßen den Dialog mit Elsäkerhetsverket und dessen Arbeit zur Gewährleistung der Sicherheit auf dem Markt für Elektrofahrzeuge. Im Rahmen dieses Projekts forderte Elsäkerhetsverket Unterlagen darüber an, wie ihre Anforderungen von den verschiedenen Herstellern von Ladestationen für Elektroautos eingehalten werden. Die an Easee gerichteten Fragen beziehen sich hauptsächlich auf den Überspannungs- und Erdschlussschutz. In unserer Antwort vom 13. Februar sind wir ausführlich darauf eingegangen, wie diese Sicherheitsanforderungen erfüllt werden, und haben diese Erklärungen mit klaren Unterlagen belegt. Wir sind dankbar für die Gelegenheit, diese Punkte darzulegen und zu erläutern – Sicherheit, Transparenz und Vertrauen sind wichtig für uns bei Easee.“

Darüber hinaus liegt dem Branchendienst Electrive.net das originale 16-seitige Antwortschreiben von Easee an die Behörde vor. Hier nimmt Easee zunächst Stellung zur nicht bestandenen Überspannungsprüfung, „bei der mit 7000 Volt zwischen den drei Phasen (L) und dem Nullleiter (N) zu dem „Control Pilot“-Pin (CP) am unteren Ende der Wallbox gemessen wurde“. Laut des Onlineportals auf Berufung von Hersteller-Aussagen sei diese Überspannungsprüfung gegen den CP-Pin jedoch „bei keiner Spannung anwendbar„. Genauer heißt es: „Der CP-Stift in der Ausgangsbuchse steht weder unter Spannung noch ist er freiliegend. Die Öffnung hat einen Durchmesser von 3,5 Millimeter, die leitenden Teile sind 6,5 Millimeter tief verbaut“, erklärt Knut Arve Johnsen, Vice President Hardware bei Easee, im Gespräch mit electrive.net. Mit der Schutznorm IEC 60529 sei festgelegt, dass der „Test-Finger“ einen Durchmesser von 1,2 Zentimetern und eine Länge von acht Zentimetern haben muss. „Damit könne man keine Teile in einer 3,5 Millimeter großen Öffnung berühren“, wehrt sich das Unternehmen. Somit soll der Test der schwedischen Prüforganisation gar nicht möglich gewesen sein.

Reicht ein integrierter FI-Schutzschalter aus?

Doch Elsäkerhetsverket hat auch den angeblich nicht verbauten FI-Schutzschalter kritisiert. Nach Angaben von Easee haben die Wallboxen Home, Charge und Ready jedoch einen integrierten FI-Schalter. Electrive.net zitiert die Aussagen von Easee wie folgt: „Allerdings hat dieser nicht die Form eines herkömmlichen, auf einer DIN-Schiene montierten Geräts. Tatsächlich ist er kein separates Gerät, sondern in die Gesamtkonstruktion des Ladegeräts integriert.“ Ein Sensor also, der Stromfehler erkennt und dafür sorgen soll, dass die Stromzufuhr unterbrochen wird. Diese Entscheidung habe man aus Sicherheitsgründen getroffen, damit der Schutz nicht übersehen oder gar umgangen werden kann. Hierzu heißt es von Easee: „Ein solcher integrierter FI-Schutzschalter ist in keiner Gerätenorm speziell definiert. Ein manueller Schalter biete keinen Mehrwert, er sei nur eine potenzielle Fehlerquelle“, erklärt der Vice President im weiteren Gespräch.

Der Hersteller hätte die „grundlegenden Sicherheitsanforderungen“ umgesetzt und nimmt Bezug auf geltenden Vorschriften: „Die CE-Kennzeichnung soll den technologischen Fortschritt nicht einschränken, und so geben die Richtlinien und der Kern der Normen eher vor, was erreicht werden soll, als wie es erreicht werden kann“, schreibt das Unternehmen. Easee habe eine automatisch ausgelöste Testfunktion nach IEC 62955 verbaut, die den FI-Schalter zwischen jedem Ladevorgang oder mindestens alle 24 Stunden testen soll. Würde also ein Fehler auftreten, so lasse das Ladegerät gar keine Stromzufuhr zu und würde den Fehler mittels Warnung in der App und visuell über ein rotes Licht an der Wallbox signalisieren. Es gibt zwar keine physische Taste, um den Test zu starten, man gehe einfach einen anderen Weg. Damit sei die Norm erfüllt, ist sich Easee sicher. Jedoch möchte der Hersteller die App nachbessern, in der ein Button angelegt werden soll, mit dem der Elektriker, allerdings nicht der Endkunde, den Test manuell starten könne.

Sicherheitsmängel: Droht Wallbox-Hersteller Easee wirklich ein Verkaufsverbot?
Sicherheitsmängel: Droht Wallbox-Hersteller Easee wirklich ein Verkaufsverbot? | Bild: Easee

Easee: „Unsere Laderoboter erfüllen alle Sicherheitsanforderungen“

Und was ist mit der bemängelten Betriebsanleitung? Die möchte Easee ebenfalls überarbeiten und explizit auflisten, wann dennoch ein separater FI-Schutzschalter vonnöten ist. Darüber hinaus geben die Schweden an, die Declaration of Conformity (DoC) überarbeiten zu wollen, die laut Elsäkerhetsverket ebenfalls Lücken aufwies. Außerdem sei bei der Prüfung aufgefallen, dass jetzt aufgeführte Kennzeichnungsmängel bereits Juni 2021 bemängelt worden seien. Hier geht es quasi um die Interpretation von Normen: Sowohl die EN 61851-1 als auch die EN 61439-1 fordern ein Mittel zur Identifizierung des Herstellungsdatums. Dies sei laut Hersteller aber mit der aufgedruckten Seriennummer und dem Produktionszeitpunkt (Jahr und Monat) abgegolten. Mit jenen Informationen ließen sich alle nötigen Informationen nachvollziehen. Zugeständnisse wurden hingegen bei der Sichtbarkeit der Markierungen gemacht – ein neuer Sticker soll Abhilfe schaffen. 

Elsäkerhetsverket hat angekündigt, dass sie einige Zeit brauchen werden, um die Antwort zu prüfen. Jedoch möchte die schwedische Prüforganisation ihren finalen Bericht und die Testergebnisse noch im Februar veröffentlichen. Für den Hersteller sei an dieser Stelle besonders wichtig, zu betonen, „dass die Laderoboter von Easee alle Sicherheitsanforderungen erfüllen. Wir möchten allen unseren Kunden versichern, dass sie auch weiterhin jeden Tag sicher und geschützt laden können. Sicherheit war und ist für Easee immer das Easee als Unternehmen im Mittelpunkt stehen.“ Easee habe nach eigenen Angaben mehr als eine halbe Million Laderoboter in Europa installiert und verfügt über Daten von bis dato mehr als 57 Millionen abgeschlossenen Ladevorgängen.

Diese Zahlen sollen zeigen, dass Easees Technologie und Funktionalität ein sicheres und effizientes Laden ermöglicht. Der Laderoboter prüfe kontinuierlich auf Fehler, sowohl beim Laden als auch im Standby-Modus. Ermöglicht wird dies durch über vierzig Sensoren im Inneren der Wallbox. Diese überprüfen ständig, ob anormale Strom-, Spannungs-, Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen auftreten und ob die Erdschlusserkennung funktioniert, wie sie soll. Wir sind gespannt, wie es weitergeht und warten auf die finalen Ergebnisse.

Quellen: electrive.net – Easee entkräftet Vorwürfe von schwedischer Behörde, Easee.com – Aktualisierte Stellungnahme 

worthy pixel img
Felix Katz

Felix Katz

Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


oscarwilde:

Der Elektriker kann jetzt auch prüfen. Er muss nur eine Ladevorgang starten. Dann wird automatisch geprüft. Der Box müsste es nur mitels ein Lichtsignal am Box anzeigen das der Prüfung erfolgt ist und vielelicht noch ein Prüfbericht im App hinterlegen.
Der 7000 V Überspannungschutz klingt ziemlich absurd.

Viel skandalöser ist, dass der Chef von JuiceBox Schweden sich als Teil des Kommittees sich einmischt. Er sollte als nicht unabhängiger in diesem Fall komplett sich komplett enthalten, nicht mittstimmen bei Sitzungen und sich gar nicht dazu öffentlich äußern. Da müsste man Strafanzeige wegen Bestechung stellen.

Maddin:

Die Normvorgaben stammen von Juristen, die sich von Lobbytechnikern haben beraten lassen. So generiert man Normen die den Aufwand erhöhen, aber keine zusätzliche Sicherheit bringen. Es geht letztlich darum möglichst viele Möglichkeiten zu generieren, damit irgendwer Geld verdienen kann. Die Easee ist sicher… keine Panik. Normverletzungen erkenne ich nur in Bereichen die die Funktionssicherheit „NULL“ einschränken. Prüftaste wird für den Installateur jetzt per Software nachgereicht. Die Easee testet alle 24h automatisch, oder mit dem Ladevorgang den FI. Das ist tatsächlich weit besser als die Taste, und wird dem Benutzer in der App auch angezeigt (Box LED wir ROT, App ebenfalls). Der Ladevorgang startet so erst gar nicht. Die Vorgaben (30mA) AC und (6mA) DC wurden in allen Tests erfüllt (ADAC etc.). Was aber nicht bei allen Boxen der Fall war… nur so zur Anmerkung. Vielleicht sollte man sich mehr auf diese konzentrieren.

Max Falb-Forsthuber:

Der AC-Schutz (30 mA) bringt gar nichts, selbst wenn der (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorhandene) Fehlerschutz in der Wallbox versagen würde.
Ein erlaubter DC-Ableitstrom des Laders im Fzg. könnte langfristig den Wandlerkern im vorgeschaltenen AC-Fehlerschutz vormagnetisieren, so dass dieser auch keine AC-Fehlerströme erkennen würde. Das wird öfter als „Erblinden“ des FI-Fehlerschutzes bezeichnet.

Andreas Jordan:

Bei den Test mit den hohen Spannung geht es oft um sicherzustellen das die Sicherheit immer gewährleistet ist.
Z.b. durch Verschmutzung kann sich die Leitfähigkeit ändern.
Als ich in der Produktentwicklung tätig war haben wir z.b. kriech und Luftstrecken durch Lack bzw. Silikon verlängert.
Verguss kann auch eine Möglichkeit das ein.

Ich denke das aufschrauben der wallbox kein Mittel ist um den fi Test durch Leihen suchtzuführen.
Oft sind Werkzeug gebundene Gehäuse notwendig um den Berührungsschutz sicher zu stellen.

Marcel:

Nun ja, erstmal Frage ich mich als Elektriker, warum prüft man auf eine Spannungsfestigkeit von 7000 Volt? Im AC Netz in Deutschland wird im normal Fall mit 500V eine Isolationsmessung gemacht.In Ausnahmefällen auch mit 1000V. Da die Wallbox nur AC zum Auto weiter gibt, sollte keine Prüfung darüber nötig sein. Bitte korrigiert mich, falls das im Bezug und Zusammenhang mit den DC Akku eine abweichende Meßspannung in irgendeiner Norm festgelegt ist. Zum Thema DC Erkennung: Ja hat die Easee Wallbox und auch eine die wirklich und meßbar korrekt auslöst. ( Sofern sie korrekt installiert ist.) Den DC Schutz kann und sollte vom Errichter im Inbetriebnahme Protokoll notiert werden. Wallbox die nicht bei 6mA DC auslösen, werden von mir nicht in Betrieb genommen. Und davon gibt es einige. Die Easee und auch die Heidelberg Boxen sind da unauffällige Kandidaten. Hier im Bericht ist der Fokus auf die wohl fehlende Auslösetaste des AC FI(RCD). Ja, das muss ein FI laut Norm haben. Laut Norm muss die je nach Hersteller und Einsatzort des FI’s in bestimmten Perioden auch gedrückt werden. Hand aufs Herz. Wann habt ihr euren FI mit der Prüftaste gedrückt? Nun ja aller halbe Jahre ist mindestens Pflicht. Und Easee möchte die virtuelle Taste für Installateur in der App nachreichen. Leider sind wir in Deutschland.Easee,ich glaube das wird nicht reichen. Allerdings finde ich diese Norm mit der Prüftaste im Fall für Wallbox bei FI Schaltern nicht praktikabel. Beispiel: Wallbox von der Firma Mennekes: Um die vom Leihen auszulösende Prüftaste (alle 6 Monate) , muss der Leihe(User) die Wallbox unter Spannung erst einmal auf schrauben. Das macht NIEMAND. Kann somit Easee verstehe. Wünsche das sich diese Dinge der Bürokratie,der Norm Auslegung usw.für Easee in Luft auflösen.

Rolf:

Ich habe eine Frage: unseren beiden Wallboxen von Easee Home ist ein Hutschinen Fi (30 mA AC) vorgeschaltet.Bin ich da auf der sicheren Seite oder fehlt nun noch der DC Schutz? Bei der Vorgänger Wallbox von ABB war der DC Schutz in der Wallbox, was nun bei der Easee offensichtlich fehlt

Johannes:

Eigentlich ist der FI Schalter genau so in jedem Ladeziegel konstruiert (L und N gehen gemeinsam durch einen Stromsensor) und die haben ja auch keinen Testknopf. Auch in unserer Heidelberg Wallbox ist kein Hutschienen-FI-Schalter drin wie man ihn aus dem Sicherungskasten kennt. Wäre auch Platzverschwendung.

Ähnliche Artikel

Cover Image for MG zündet nächste E-Auto-Stufe: IM5 und IM6 setzen auf 800-Volt-Technik

MG zündet nächste E-Auto-Stufe: IM5 und IM6 setzen auf 800-Volt-Technik

Michael Neißendorfer  —  

Auf einer 800-Volt-Plattform aufbauend, versprechen die Elektroautos nicht nur flotte Ladezeiten sondern auch hohe Reichweiten und viel Leistung.

Cover Image for Munro Series M startet mit 20 Millionen Euro Auftragsvolumen

Munro Series M startet mit 20 Millionen Euro Auftragsvolumen

Sebastian Henßler  —  

Für härteste Einsätze gemacht: Munros elektrischer 4×4 bietet Nutzlast, Zugkraft und drei Aufbauformen – wartungsarm, geländetauglich und alltagstauglich.

Cover Image for Mit V2G und Heimladen bares Geld sparen: Ford zeigt, wie sich Elektromobilität rechnet

Mit V2G und Heimladen bares Geld sparen: Ford zeigt, wie sich Elektromobilität rechnet

Michael Neißendorfer  —  

Ein entscheidender Gamechanger in der Elektromobilität spielt sich nicht auf der Straße ab – sondern in der Einfahrt, wie Zahlen von Ford zeigen.

Cover Image for Rivian: Quad-Motor mit 754 kW Leistung für R1S und R1T

Rivian: Quad-Motor mit 754 kW Leistung für R1S und R1T

Sebastian Henßler  —  

Vier Motoren, 1625 Nm Drehmoment und Launch Cam: Rivian stattet R1T und R1S mit verbesserter Technik für Alltag und Offroad aus.

Cover Image for Wie Accumotive die Batterien für den Mercedes-Benz CLA fertigt

Wie Accumotive die Batterien für den Mercedes-Benz CLA fertigt

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Serienproduktion der Batterien für den vollelektrischen CLA setzt die Mercedes-Benz Tochter Accumotive in Kamenz einen großen Meilenstein.

Cover Image for Nur 1990 Stück: VW bringt ID.3 GTX Fire + Ice

Nur 1990 Stück: VW bringt ID.3 GTX Fire + Ice

Sebastian Henßler  —  

Ultra Violet trifft auf Flaming Red: Der ID.3 GTX Fire + Ice erinnert an den Golf-Klassiker von 1990 – jetzt mit Elektroantrieb, Design von Bogner und 240 kW Power.