Über mehrere Monate hatte die US-Regierung um Präsident Donald Trump ein 5 Milliarden US-Dollar (rund 4,3 Milliarden Euro) schweres Förderprogramm zum Ausbau der Ladeinfrastruktur auf Eis gelegt – nun werden die Mittel wieder freigegeben.
Das US-Verkehrsministerium hatte das Förderprogramm National Electric Vehicle Infrastructure (NEVI) kurz nach Trumps Amtsantritt praktisch eingefroren, indem es die Richtlinien widerrief, die die einzelnen Bundesstaaten befolgen müssen, wenn sie ihre Pläne zur konkreten Verwendung der Fördergelder einreichen. Die Behörde erklärte, man wolle das Programm aktualisieren, um es „an die aktuelle Politik und die aktuellen Prioritäten des US-Verkehrsministeriums anzupassen”. Projekte, die bereits eine Förderbewilligung erhalten hatten, konnten zwar fortgesetzt werden, die Bundesstaaten durften in den vergangenen Monaten jedoch keine neuen Verträge vergeben.
Mehrere Bundesstaaten hatten die Regierung wegen der Aussetzung der Förderung bereits im Mai verklagt. Die klageführenden Bundesstaaten argumentieren, dass der Förderstopp rechtswidrig sei – im Juni ordnete ein Bundesrichter dann an, dass die Regierung die Gelder freigeben müsse, und erklärte, dass die Bundesstaaten in der Sache wahrscheinlich Recht bekommen würden. Am Montag veröffentlichte das Verkehrsministerium nun die neuen, überarbeiteten Leitlinien, die den Bundesstaaten einen Weg eröffnen, wieder Fördermittel zu beantragen. Die aktualisierten vorläufigen Leitlinien zielen auf Maßnahmen ab, die von der aktuellen US-Regierung zuvor als bürokratisch bezeichnet wurden und die die Zahlung von Fördermitteln behindert haben sollen.
US-Verkehrsministerium gibt Ladesäulen-Fördermittel wieder frei – trotz anhaltender Bedenken
„Unsere überarbeiteten NEVI-Leitlinien reduzieren den bürokratischen Aufwand und erleichtern es den Bundesstaaten, diese Infrastruktur effizient auszubauen”, so US-Verkehrsminister Sean Duffy in einer Stellungnahme. „Ich bin zwar nicht mit der Subventionierung grüner Energie einverstanden, aber wir werden den Willen des Kongresses respektieren und sicherstellen, dass dieses Programm die Bundesmittel effizient nutzt.”
In den neuen Leitlinien entfallen mehrere Anforderungen, darunter die, dass die antragsstellenden Bundesstaaten in ihren Plänen zum Ausbau von E-Auto-Ladestationen „Verbraucherschutz, Notfall-Evakuierungspläne, Umweltaspekte, Resilienz und Geländebedingungen” berücksichtigen müssen. Die neuen Leitlinien verlangen außerdem nicht mehr, dass die Bundesstaaten benachteiligte Gemeinden in ihre Pläne einbeziehen oder Resilienzstrategien für extreme Wetterbedingungen beschreiben müssen.
Nach den neuen Förderrichtlinien können die Bundesstaaten nun selbst entscheiden, in welchem Abstand zueinander die vom Bund finanzierten Schnellladestationen entlang der Highways errichtet werden sollen. Bisher mussten die Schnellladesäulen in einem Abstand von maximal 50 Meilen oder rund 80 Kilometern voneinander aufgestellt werden, damit ein Verkehrskorridor als „ausgebaut“ galt. Erst im Anschluss daran konnten die Bundesstaaten die Fördermittel für die Ladeinfrastruktur abseits der großen Highways verwenden.
Ausbau des Ladenetzes: Bedeutende Unterschiede zwischen USA und Europa
Das NEVI-Programm war schon während Trumps Wahlkampfs ein gern angeführter Kritikpunkt. Trump kritisierte die Bemühungen der Biden-Regierung im Bereich der Elektroauto-Ladetechnik, indem er fälschlicherweise behauptete, dass die Regierung 9 Milliarden Dollar für acht Ladesäulen ausgegeben habe. Aktuell sind die USA auf dem besten Weg, im laufenden Jahr einen Rekord bei der Installation neuer Schnellladestationen zu erreichen.
Es gibt teils bedeutende Unterschiede zwischen dem Stand der öffentlichen Ladeinfrastruktur in den USA und Europa: In vielen europäischen Ländern gibt es eine höhere Dichte an öffentlichen Ladesäulen, gerade in urbanen Ballungsräumen und entlang der wichtigsten Verkehrsachsen. Auch in den USA existiert in Ballungsräumen wie den großen kalifornischen Metropolen ein ausreichend dichtes Ladenetz, allerdings ist die Ladeinfrastruktur gerade entlang der wichtigen Highways in den ländlicheren Bundesstaaten deutlich lückenhafter. In Europa müssen sich somit im Schnitt weniger E-Autos einen öffentlichen Ladepunkt teilen als in den USA. Das dürfte aber zumindest teilweise auch daran liegen, dass in vielen europäischen Ländern ein größerer Anteil der Menschen in Mietwohnungen lebt.
Während in Deutschland eine Mischung aus Energieversorgern, Stadtwerken, Tankstellenketten und Ladedienstleistern für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zuständig ist und nationale sowie EU-Zielvorgaben eine große Rolle spielen, hängt der Ausbau der Ladeinfrastruktur in den USA von wenigen privaten Akteuren und Autoherstellern ab, allen voran vom E-Autobauer Tesla, der mit seinem Supercharger-Netzwerk auch heute noch mehr als 50 Prozent aller öffentlichen Schnellladesäulen in den USA betreibt. Mit dem NEVI-Programm zielte der ehemalige US-Präsident Joe Biden auch darauf ab, diese bestehenden Lücken in der Ladeinfrastruktur zu schließen. Die Bewilligung der Fördermittel und der anschließende Bau neuer Ladesäulen ging bislang jedoch langsamer vonstatten, als man zunächst angenommen hatte.
Quelle: InsideEVs – America’s Federal EV Charger Funding Isn’t Dead After All