Sie galt lange Zeit als Auslaufmodell, bestenfalls noch in günstigen Kleinwägen verbaut: die Trommelbremse. Mit der Elektromobilität feiert das Relikt alter Zeiten aber offenbar ein Revival, als „Notbremse“, wenn das Rekuperieren des Elektromotors für die notwendige Verzögerung nicht ausreicht. Aber auch an den Scheibenbremsen in Elektroautos wird weiterentwickelt.
Elektroautos bremsen anders. Die meiste Zeit sorgt der Elektromotor für die Verzögerung – und so auch für die Rückgewinnung der begehrten Energie. Elektroautofahrern wird deswegen auch empfohlen, alle paar Tage mal eine Vollbremsung hinzulegen, damit die Scheibenbremsen nicht Rost ansetzen und dann im entscheidenden Moment eine verminderte Leistung zeigen. Bei Trommelbremsen hingegen sind die korrosionsgefährdenden Teile in einem Gehäuse verpackt, das Schmutz und Feuchtigkeit fernhält.
„Aktuell erleben wir ein Comeback der Trommelbremse„, erklärt demnach auch Manfred Meyer, Leiter Entwicklung Brems- und Lenkungssysteme beim Zulieferer ZF. Gerade für die wenig belastete Hinterachse können so Kosten eingespart werden – so geschehen beispielsweise im neuen VW ID.5, wo an der Hinterachse bereits eine Trommelbremse arbeitet.
Dass jetzt in allen Elektroautos plötzlich wieder Trommelbremsen verbaut werden, sieht Meyer jedoch nicht. Die Scheibenbremse hätte wichtige Vorteile, wie die höhere thermische Belastbarkeit und die bessere Abführung der Wärme durch die offene Bauweise. Im Porsche Taycan wird man sie daher wohl eher nicht finden. Um dem Problem der Korrosion der wenig genutzten Scheibenbremsen Herr zu werden, setzt ZF etwa auf einen sogenannten „Scheibenwischer“. Eine Software lässt die Bremsbeläge in regelmäßigen Abständen kurz zugreifen, um die Scheibe freizurubbeln. Davon solle der Fahrer aber nichts merken, da der Vorgang in eine Beschleunigungsfahrt eingebaut wird. Auch andere Materialien können die Rostbildung vermindern, sind dann aber wieder deutlich teurer als der normale Grauguss.
Scheibenbremsen können auch die Reichweite erhöhen: der Zulieferer Continental arbeitet an einem „Green Calliper“ genannten Modell, das ein geringeres Restschleifmoment aufweist als herkömmliche Bremssättel. Damit soll die Reichweite um etwa ein Prozent gesteigert werden können – bei 400 Kilometern also etwa vier Kilometer. Die wiederbelebten Trommelbremsen werden wohl vorwiegend in elektrisch betriebenen Kleinwägen zum Einsatz kommen, wo der Verzögerungsbedarf aufgrund des geringeren Gewichts niedriger ist. Vielleicht sind sie aber einer der Bausteine zum oft angepriesenen Elektroauto unter 25.000 Euro.
Quelle: welt.de – Elektro-Mobilität