Citroen e-Berlingo im Test: Familienkutsche ohne Fernweh

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer
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  —  Lesedauer 5 min

Mit dem Citroen e-Berlingo hat ein besonders für Familien interessantes Elektroauto für einen zweiwöchigen Test bei uns vorbeigeschaut. Als Testwagen vorgefahren ist die kürzere M-Version in der höchsten Ausstattungslinie Shine. Während die 4,40 Meter lange M-Version fünf Personen Platz bietet, gibt es in der 4,75 Meter langen XL-Variante sieben Sitze.

Angetrieben wird der Elektro-Berlingo vom Stellantis-Klassiker aus dem Konzernregal, dem Elektromotor mit 100 kW (136 PS) Leistung sowie dem altbekannten 50-kWh-Akku. Die Höchstgeschwindigkeit des Familien-Vans ist auf 135 Stundenkilometer (137 am Tacho) limitiert.

Folgende Dinge sind uns während des Tests besonders aufgefallen:

Daniel Krenzer

Die Pluspunkte des Citroen e-Berlingo

Die Geräumigkeit: Schon die kleinere M-Variante des e-Berlingo bietet trotz an sich noch kompakter Ausmaße reichlich Stauraum für Gepäck. Das liegt zum einen natürlich am Van-typischen hohen Dach bis zum Fahrzeugheck. Mehr als ordentliche 775 Liter Fassungsvermögen hat der Kofferraum im Normalzustand, bis zu 3000 Liter beim Umlegen der Sitze. Beispielsweise ein handelsüblicher Laufstall für Kinder passt aufgebaut in den Kofferraum, ohne dass die Sitze umgeklappt werden müssten.

Hinzu kommen aber auch viele praktische Verstaumöglichkeiten im Innenraum. So gibt es eine Klappe in der Armatur oberhalb des Lenkrads, zusätzlichen Stauraum oberhalb der Sonnenblenden sowie in der hinteren Sitzreihe kleine Staufächer am Fahrzeughimmel. Da das Heck nicht abfällt, sitzt es sich als großer Mensch vorne wie hinten sehr angenehm, auch die Beinfreiheit geht in Ordnung.

Die Pfiffigkeit: Die vielen Verstaumöglichkeiten wurden bereits erwähnt, doch der e-Berlingo weiß noch mit anderen Pfiffigkeiten aufzuwarten. So befindet sich im Testwagen unter dem großen Panoramadach eine durchgehende Lichtleiste, die im Innenraum für ein angenehmes Licht sorgt und weiteren Stauraum bietet. Zudem ist es sehr angenehm, dass die Rückbank aus drei vollwertigen Sitzen besteht, sodass es sich auch in der Mitte ohne Komfortverlust sitzen lässt.

Vor allem mit Kindern an Bord immer praktisch sind die Schiebetüren hinten, womit beim Ein- und Aussteigen Türrempler bei den Parknachbarn zumindest hinten ausgeschlossen sind. Kleiner Haken: Die Schiebetür hinter dem Fahrer lässt sich während des Ladevorgangs nicht öffnen, da hinten links der Stecker im Weg ist. Die Tür lässt sich zwar einen winzigen Spalt öffnen, der Ein- und Ausstieg auf der linken Seite ist hinten mit eingestecktem Kabel jedoch nicht möglich.

Zudem gibt es einige ordentlich arbeitende Assistenzsysteme von Licht- und Scheibenwischerautomatik über Abstandstempomaten bis hin zum Parkassistenten. Sitzheizung und beheizbare Windschutzscheibe sind für 400 Euro Aufpreis ebenfalls erhältlich. Besondere Design-Elemente bringt zudem das XTR-Paket mit sich, mit dem auch unser Testwagen vorgefahren war.

Die Unaufgeregtheit: Der e-Berlingo ist ein unaufgeregtes Arbeitstier. Bis zur Höchstgeschwindigkeit von 135 Stundenkilometern schwimmt er auch auf der Autobahn agil mit und liegt vermutlich auch dank des Batteriegewichts für einen Van stabil auf der Straße. Optisch ist ein Kastenwagen schwerlich ein Hingucker, doch Citroen gelingt es beim Berlingo, einige nette Akzente zu setzen, ohne dabei zu übertreiben. Damit wird der Familienvan zu einem gefälligen Helden des Alltags, ohne dabei die Blicke auf sich zu ziehen. Die Farbe Nacht-Blau des Testwagens ist auf jeden Fall eine Überlegung wert.

Daniel Krenzer

Die Minuspunkte des Citroen e-Berlingo

Die Reisetauglichkeit: Die Kritik am typischen Stellantis-Technikpaket ist immer dieselbe: Der Akku ist ein wenig zu klein, die Ladeperformance deutlich zu schwach. Offiziell kann der e-Berlingo zwar bis zu 100 kW DC-Ladeleistung aufnehmen, doch mehr als 74 kW haben wir wie schon beim Test des Jeep Avenger im Testzeitraum auch mit nur noch zu einem Viertel vollem Akku nicht zu Gesicht bekommen. Zudem fällt die Ladeleistung mit zunehmendem Akkustand meist stark ab. Bei kühlen bis kalten Temperaturen im Testzeitraum wird da ein Ladestopp schnell mal zur einstündigen Pause.

Selbst wenn man mit Kindern viele Pausen macht und diese vielleicht auch mal länger dauern, wird sich da jeder sehr genau überlegen, wie weit er sich mit dem e-Berlingo von zuhause weg wagt. Als kastiges Elektroauto ist schließlich auch der Verbrauch kein Effizienzknaller, wobei knapp 21 kWh kombiniert ganz ordentlich waren. Nach wenig mehr als 200 Kilometern wird da jedoch die erste längere Ladepause notwendig, wenn man mit dem Luxus von 100 Prozent im Akku gestartet ist.

Das Infotainment: Das im e-Berlingo selbst verfügbare Infotainment ist eher spärlich. Zwar ist die Bedienung intuitiv und das Wichtigste schnell gefunden. Eine Ladeplanung integriert Stellantis aber auch in den Familien-Van nicht. Abhilfe soll da jedoch eine eigene App liefern, die wir jedoch nicht getestet haben.

Die Emotionen: Am Ende ist ein Familien-Van immer ein recht trockenes Brötchen. Wer Fahrfreude, Dynamik und ein emotional ansprechendes Auto sucht, der wird auch mit Familie im Rücken am Ende eher bei einem der vielen größeren Elektro-SUV landen.

Daniel Krenzer

Fazit

Der e-Berlingo ist ein auch schon im kleineren M-Format ein gelungener und praktischer Lastenesel für Familien bis zu drei Kindern. Unaufgeregt verrichtet er seine Arbeit, durch die schwache Ladeperformance allerdings eher im Umkreis von maximal 200 Kilometern von zuhause. Dafür ist der Familien-Van auch deutlich günstiger als viele vergleichbar geräumige E-SUV mit besseren Reisetugenden. Die Basisversion startet bei 38.590 Euro, die höchste Ausstattungslinie Shine bei 43.240 Euro. Unser üppig mit Zusatzausstattung versehene Testwagen kommt auf etwa 48.000 Euro. Die XL-Variante ist 1200 Euro teurer.

Transparenz-Hinweis: Der Testwagen wurde uns von Stellantis für zwei Wochen kostenlos zur Verfügung gestellt. Dies hat keinen Einfluss auf unsere hier geschilderte ehrliche Meinung.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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Jn L:

Ich fahre den neuen E-Berlingo und bin im November für eine Reise knapp 500 km zum Ziel gefahren. Dass die 100 kW Ladeleistung nicht erreicht wird kann ich nicht bestätigen, ich habe 2 Stopps zum Laden ca. 25 min an der Autobahn gemacht. Die Ionity Schnelllader sind nach kurzer Anlaufzeit sofort auf 100 kW hochgegangen. Auch am Ziel an einer Allego-Säule gings sofort auf 100 kW, obwohl der Wagen schon den Abend über bei kalten Außentemperaturen stand.
Die App ist allerdings wirklich mangelhaft. Ein etwas höhere Akkukapazität und am besten 150 kW Ladeleistung wären schön gewesen, aber alles in allem ist es ein deutlich reisetauglicheres Auto als der Vorgänger. Man muss definitiv längere Reisen etwas vorplanen und dann vorher auch mal auf 100% laden, die maximale Ladeleistung bekomme ich auch nur bei Autobahnfahrten. Trotzdem ist es aus unser Sicht für Familien aktuell das beste e-Fahrzeug wenn man Schiebetüren und die Geräumigkeit haben möchte.

Broesel:

‚Wenn ich für jeden kleinen Ausflug eine Stunde mehr Fahrtzeit einrechnen muss, ‚
Sorry, aber ein ‚kleiner Ausflugs ist das, was bis eine Std. dauert! — und das ist eben auch eine Frage der ausufernden Ansprüche … da vertrete ich Annelieses Position!

Philipp:

Sag sowas nicht einem Teslafahrer, der meint sein Anforderungsprofil ist das einzig gültige.

Raphael:

Ja, die Verbindung zum Berlingo/Rifter/Combo/Proace ist wirklich unterirdisch langsam!

Raphael:

Wenn ich für jeden kleinen Ausflug eine Stunde mehr Fahrtzeit einrechnen muss, dann fehlt einfach eine Stunde im Erlebnispark oder sonst wo. Oder man muss halt noch früher los fahren und noch später heim kommen, was wiederum weniger Schlaf und Nerven für alle beteiligten bedeutet.
Sonst haben wir 5,5 Stunden an die Adria gebraucht. Jetzt sind es 7. Das ist ja noch akzeptabel. Aber mehr als 700-800km geht halt nicht mehr. Mit dem Rifter/Berlingo/Combo/Proace kann man die erste Etappe mit 160-180 km planen (Akku 100%-10/20%) und dann nur noch 120-140 km (80%-10/20%) hoppser.

Raphael:

Keine Schiebetüren
Keine brauchbare 3. Sitzreihe (nicht tief und nicht hoch genug)
Keine 3 Kindersitze nebeneinander in der 2. Reihe
Keine Werkstatt in meiner Nähe
AHK für 750kg reicht, mehr darf ich eh nicht mit meinem Führerschein.

Stefan:

Nicht nur wegen der APP ist Stellantis mit Vorsicht zu genießen. Im Störungsfall auf der Elektrischen Seite sind sie sehr Reparatur unfreundlich. Einfach mal die ev-clinic besuchen. Stellantis scheint hier die Apple Methode einzusetzen.

ev-clinic-experten-schaeden-an-gebrauchten-elektroautos/

Stefan:

Für den Preis holen sie sich einfach ein Model Y. Dann sind alle ihre „Probleme“ gelöst und das hat auch eine echte Anhänger Kupplung, mit dem auch was gezogen werden kann.

Stefan:

Wir fahren den e Berlingo mit langem Radstand Baujahr 23 und haben auch schon längere Reisen mit Dachzelt unternommen. Grundsätzlich ist die Reichweite und die Ladegeschwindigkeit für uns kein Problem, wobei im Unterboden noch reichlich Platz wäre und damit ein größerer Akku verbaut werden könnte. Aus Preisgründen wäre da wohl auch ein LFP Akku sinnvoll. Was bis zum 23er Baujahr sicherlich zu empfehlen ist, ist eine Lademöglichkeit zu Hause. Denn im Winter geht der Verbrauch, aufgrund der fehlenden Wärmepumpe extrem in die Höhe und die Reichweite entsprechend nach unten. Ab 2024 soll nun eine Wärmepumpe grundsätzlich verbaut sein, aber auch damit könnte die Reichweite im Winter zu gering für Nutzer ohne eigene Lademöglichkeit sein. Das allergrößte Manko an den Stellantis Fahrzeugen dieser Baureihen aber ist, ist die extrem unterirdische Konnektivität der Fahrzeug App. Obwohl die Funktionalität dieser App sich auf die Ladestandsanzeige und Vorklimatisierung beschränkt, ist die Funktion dieser ein reines Glücksspiel und meist kommt gar keine Verbindung zum Fahrzeug zustande. Gerade die Vorklimatisierung ist ein enormer Komfortfaktor von Elektroautos und sollte zuverlässig funktionieren. Was also das Auto als solches betrifft, könnte man es mit gewissen Einschränkungen empfehlen. Aber allein aufgrund der komplett unbrauchbaren App würde ich jedem der mich fragt von einem Elektroauto aus dem Stellantis Konzern abraten!

Barry:

SUVs wecken bei uns tatsächlich Emotionen – wenn auch garantiert keine positiven. So ein Berlingo hingegen schon, optimalerweise als Kastenwagen-Dreisitzer. Dann kann man nämlich völlig problemlos hinten übernachten, sogar ohne jeglichen Umbau.
Mit einer realen Ladeleistung von max. 75KW würde eine Vollladung keine Stunde dauern – also bei gut 600km am Tag vielleicht zweimal eine Kaffee- und Toilettenpause von 45min. Und dann nochmal abends am Hotel, Camping- oder sonstigen Stellplatz. Bzw. dreimal wenn es eher 700-800km pro Tag sein sollen. Finde ich überhaupt kein Problem – wir reisen regelmäßig über 2200km am Stück mit Erdgasauto – das stellt einen vor ganz andere Herausforderungen.
Was mich interessieren würde: Wieviel kWh verbraucht man tatsächlich bei 90/100/110km/h Reisegeschwindigkeit und einem entspannten Fahrstil ohne aggressive Manöver aber viel Segeln sowie Rekuperation am Gefälle?

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