Rüffel aus Brüssel: Sonderabschreibungsmöglichkeit für E-Lastenfahrräder EU-rechtswidrig

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Iris Martinz
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Gut gemeint, schlecht umgesetzt: Die als Fördermaßnahme für die sanfte Mobilität gedachte Sonderabschreibungsmöglichkeit für Elektronutzfahrzeuge und elektrisch betriebene Lastenfahrräder hat die EU-Prüfung nicht bestanden. Sie wurde von der europäischen Kommission als verbotene Beihilfe eingestuft und muss rückgängig gemacht werden. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage der WirtschaftsWoche mit.

Sie war ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität, das die abgewählte Große Koalition Ende 2019 auf den Weg brachte. Mit der Sonderabschreibemöglichkeit wollte man Unternehmen unterstützen, indem 50 Prozent des Kaufpreises von Elektronutzfahrzeugen und E-Lastenfahrrädern im Jahr der Anschaffung sofort von der Steuer abgesetzt werden konnten. Diesen steuerlichen Vorteil wurde nun nach eingehender Prüfung in Brüssel als verbotene Beihilfe eingestuft. Jegliche Zuwendung an oder Vorteil für ein Unternehmen – sei es ein nicht rückzahlbarer Zuschuss, eine kostenlose Beratungsleistung oder eben ein steuerlicher Vorteil – muss von der EU-Kommission genehmigt werden. Das erfolgt entweder im Rahmen eines Jahresförderprogramms, das die Ministerien der EU zur Freigabe einmal im Jahr schicken, oder als Einzelnotifizierung bei großen Förderprogrammen. Alle nicht genehmigten Zuwendungen gelten als wettbewerbsverzerrende Beihilfe und sind demnach verboten. Öffentliche Stellen können also nicht nach eigenem Ermessen und Gutdünken Geld und Vorteile an Unternehmen vergeben.

Das Prozedere ist eigentlich bekannt. Entsprechend heftig fällt die Kritik am damaligen Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) aus. CSU-Finanzpolitiker Sebastian Brehm ortet eine „schlechte Vorbereitung“ der Förderaktion und ärgert sich zudem darüber, dass die schlechte Nachricht erst auf Anfrage der Medien bekannt wurde. Um die Aktion noch zu retten wären eine Reihe von Nachweis-, Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten zu erfüllen. Diesen bürokratischen Aufwand – eigentlich üblich bei Förderprogrammen – will man den Unternehmen und Finanzämtern offenbar nicht antun. Stattdessen hofft man auf eine Lockerung der EU-Beihilfevorschriften, man hätte „Verfahrensvereinfachungen für steuerliche Beihilfen angeregt„, erklärt das Bundesfinanzministerium. Es bleibt abzuwarten, ob die EU-Kommission sich wegen einer deutschen Einzelmaßnahme darauf einlässt, zumal das EU-Beihilfenrecht ja im gesamten EU-Raum gilt.

Kritik kommt auch von den Grünen, diesmal aber an der EU. Deren Vorschläge im Bereich Mobilität könnten durchaus robuser sein, bemerkt der grüne Bundestagsabgeordnete Sascha Müller. Es sei wichtig, auch weiterhin Anreize für sparsame und ressourcenschonende E-Fahrzeuge zu setzen. Nur sollten die in Zukunft mit dem EU-Beihilfenrecht kompatibel sein.

Quelle: WirtschaftsWoche – Brüssel untersagt Deutschland Sonderabschreibungen für E-Lastenfahrräder

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Iris Martinz

Iris Martinz

Iris Martinz ist Unternehmens- und E-Mobilitätsberaterin in Österreich, mit langjähriger Erfahrung im Recycling und Second Life von E-Mobilitätsbatterien. Fährt sowohl rein elektrisch, als auch V8, und möchte die beiden Welten etwas näher zusammenbringen. Nachzulesen unter www.mustangsontour.com.

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