Mit dem E-Auto nach Osten: So dicht ist das Ladenetz 2025

Mit dem E-Auto nach Osten: So dicht ist das Ladenetz 2025
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Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
  —  Lesedauer 6 min

In Deutschland ist das Netz an Ladestationen schon ziemlich dicht. Doch wie schaut es bei den östlichen Nachbarn aus? Wie gut sind Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien heute wirklich angebunden?

Mal eben an den Plattensee oder nach Istrien. Solche Ausflüge sind nach wie vor bei den Deutschen beliebt. Bei Fahrern von Elektromobilen sieht das allerdings ganz anders aus. Die Urangst, ohne Strom 50 Kilometer vor Budapest im Nirgendwo liegenzubleiben, lässt viele vor solchen Trips zurückschrecken. „Die Reichweitenangst ist weg“, sagt Peter Sevce, der bei Ionity für Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien zuständig ist. Der slowenische Ladexperte weiß, wovon er redet. Er ist seit 2018 im Unternehmen und hat die Entwicklung mitverfolgt.

Osteuropas Ausbau nimmt Fahrt auf: Große Fortschritte bei Schnellladern entlang der Autobahnen

„Damals gab es in diesem Gebiet noch keine Schnellladestation. Eine Ladeleistung von 50 kW galt als schnell. Jetzt hat Ionity 56 Standorte in den sechs Ländern mit einer Ladeleistung von mindestens 350 kW. Das zieht sich von Danzig bis nach Dubrovnik.“ Auch EnBW ist durch Roamingverträge mit Partnern im Ausland aktiv und ermöglicht E-Autofahrern Zugang zu mehr als 900.000 Ladepunkten in ganz Europa. „Auch dieses Netzwerk wird ständig erweitert“, lässt ein Sprecher verlauten.

Der Aufschwung kommt nicht von ungefähr. Seit April 2024 gilt in der EU die AFIR-Verordnung. Das Kürzel steht für „Alternative Fuels Infrastructure Regulation“ und ist so etwas wie der Bauplan für das europäische Schnellladenetz. Die AFIR schreibt vor, dass entlang der TEN-T-Kernnetze (Trans-European Transport Network, TEN-T) – also den wichtigsten Autobahnachsen – spätestens Ende dieses Jahres in jeder Fahrtrichtung alle 60 Kilometer ein Schnelllade-Hub mit einer Gesamtleistung von mindestens 400 Kilowatt und wenigstens einem Ladepunkt mit 150 Kilowatt stehen muss.

Bis Ende 2027 werden aus 400 dann 600 Kilowatt und aus einem 150-kW-Anschluss werden mindestens zwei Ladepunkte. Anders als bisher ist das keine bloße politische Absicht mehr, sondern enthält verbindliche, einklagbare Pflichten mit konkreten Fristen, an die sich die Mitgliedstaaten halten müssen.

Situation vor Ort: Wo stehen Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien wirklich?

Doch wie schaut es in der Realität aus? Spannend wird es dort, wo viele deutsche Elektroautofahrer noch immer weiße Flecken vermuten. Wie dicht ist das Netz heute in Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien? Und wie stressig wäre so eine Tour im Moment tatsächlich?

Polen hat in den vergangenen zwei Jahren einen bemerkenswerten Sprint bei der Ladeinfrastruktur hingelegt. Nach jüngsten Daten des European Alternative Fuels Observatory (EAFO) und des Nationalen Elektromobilitätsindex existierten im Spätsommer 2025 rund 10.700 öffentliche Ladepunkte – davon waren ein Drittel DC-Lader. Polnischen Quellen zufolge, stehen bereits an etwa 350 Standorten Schnellladesäulen (High-Power-Charging, HPC) mit 150 Kilowatt und mehr.

Das bedeutet: Entlang der großen Transitachsen von Deutschland über Wrocław und Poznań in Richtung Warschau oder Danzig trifft man somit im Abstand von 60 bis 80 Kilometern zuverlässig auf Schnelllade-Hubs. Die Dichte der leistungsfähigen Stromtankstellen erreicht zwar noch nicht das Niveau westdeutscher Autobahnen, reicht aber aus, um mit einem Elektroauto entspannt von Ladestopp zu Ladestopp zu fahren.

In Tschechien zeigt sich ein ähnliches Bild: So verzeichnete das nationale Register im Oktober rund 5623 öffentlich zugängliche Ladepunkte an 3190 Stationen, darunter 2030 DC-Anschlüsse mit einer Leistung von über 22 Kilowatt. Größere Ladehubs befinden sich vor allem entlang der D1 (Prag – Brno – Ostrava), der D5 (Prag – Pilsen – Grenze zu Deutschland) sowie zunehmend auch an der D8 Richtung Dresden und an wichtigen Zubringern. Die Ausstattung ist in Ordnung: Typisch sind vier bis acht DC-Säulen mit 150 bis 300 Kilowatt. Das bedeutet: Wer von Bayern oder Sachsen aus nach Prag startet, sieht in der Routenplanung längst mehr als nur eine Handvoll grüner Punkte, sondern alle 50 bis 70 Kilometer mindestens einen Schnellladestandort mit mehreren HPC-Säulen.

Press-Inform | Ladepark in Rascane, Kroatien

In der Slowakei gab es im Sommer 2025 insgesamt 2818 öffentliche Ladepunkte an 1117 Standorten. Laut der Slovak Electric Vehicle Association (SEVA) waren davon 1691 (rund 60 Prozent) AC-Lader bis 22 Kilowatt und 1127 (rund 40 Prozent) DC-Schnelllader. Genauer gesagt: 605 DC-Säulen mit 50 Kilowatt, 442 HPC-Ladepunkte mit 150 Kilowatt und 80 Ultra-HPC-Anschlüsse mit 350 Kilowatt. Damit ist aktuell fast jeder zweite DC-Ladepunkt ein echter HPC-Anschluss. Das klingt komfortabel, doch die Landkarte relativiert diese guten Nachrichten. Die leistungsstarken Säulen konzentrieren sich nämlich nach wie vor entlang der Autobahnen D1 (Bratislava – Žilina – Košice) und D2 Richtung Tschechien und Ungarn sowie im Großraum Bratislava.

AFIR-geförderte Vorhaben wie das Projekt Cross-E – mit 838 geplanten 150- bis 350-Kilowatt-Ladepunkten für Pkw und Transporter sowie 73 weiteren 350-Kilowatt-Anschlüssen für Lkw in acht EU-Ländern – darunter auch die Slowakei – sowie das nationale TEN-T-Programm mit 35 geplanten Ladeparks und 251 zusätzlichen HPC-Anschlüssen, davon der Großteil mit 300 Kilowatt und mehr, sollen das Netz bis etwa 2026/2027 spürbar weiter verdichten. Wer heute quer durch das Land in die Ostslowakei fährt, sollte trotzdem genau hinschauen, ob die gewählten Stationen tatsächlich Ladeleistungen ab 150 Kilowatt bieten.

Ungarn auf Wachstumskurs: Schnellladepunkte entlang der wichtigsten Verkehrsachsen

In Ungarn ist es ähnlich. Österreichs Nachbar verfügte vor einem Jahr laut der damaligen Auswertung der Regierung und der EAFO über 4175 öffentliche Ladepunkte. Davon sind rund 3170 AC-Anschlüsse und 1005 DC-Schnelllader. Die AC-Ladepunkte sind vor allem in Städten, an Einkaufszentren und Hotels platziert. Also ideal für längere Stopps oder Übernachtungen. Die meisten DC-Lader schaffen 50 bis 150 Kilowatt. Die gute Nachricht: Der Anteil der HPC-Stromtankstellen mit mindestens 150 und bis zu 300 Kilowatt wächst, da lokale Anbieter wie MVM Mobiliti, MOL Plugee, DrivE.On, Ionity und Tesla entlang der TEN-T-Achsen (M1, M3, M7) und an großen Knotenpunkten den Ausbau vorantreiben. Wer also mit einem Stromer mit realistischer Autobahnreichweite von etwa 250 bis 300 Kilometern unterwegs ist, hat auf der Route Wien – Bratislava – Budapest – Balaton kein Ladeproblem.

Slowenien gilt als kleines, aber gut erschlossenes E-Auto-Land. Laut EAFO und aktuellen Auswertungen stehen seit Herbst 2025 rund 2500 öffentlich zugängliche Ladepunkte zur Verfügung. Aufgeschlüsselt sind das knapp 2000 AC-Anschlüsse bis 22 Kilowatt und gut 500 DC-Schnelllader. Allerdings bilden derzeit die überwiegend AC-basierten Netze das Rückgrat. Doch das soll sich schon bald ändern. Zunächst an den TEN-T-Autobahnkorridoren.

Im EU-Projekt Multi-E hat Petrol bereits mehrere Dutzend Ultraschnelllader mit mindestens 150 Kilowatt sowie zusätzliche AC-Punkte in Slowenien und Kroatien aufgebaut und will im Folgeprojekt Cross-E spätestens Ende 2026 bis zu 105 weitere HPC-Ladepunkte an den Hauptverkehrsadern beider Länder installieren. Wer also in einem Elektroauto von Österreich über Ljubljana in Richtung der Adria-Küste oder Kroatien unterwegs ist und auf den Autobahnen bleibt, kommt ans Ziel.

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Wolfgang Gomoll

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Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

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