Seit mehr als einem halben Jahrhundert schon steht das Kürzel RS bei Škoda für besondere Leistung. Die Tradition begründete 1974 der legendäre 130 „Rally Sport“, seit mittlerweile 25 Jahren adeln die Tschechen mit den beiden Buchstaben auch besonders potente Serienautos. Über die Jahre waren das selbstverständlich Benziner, aber auch Diesel und Plug-in-Hybride. Mittlerweile stellen E-Autos mit drei Modellen die Hälfte der Familie mit dem Gütesiegel – und hängen die anderen bei Power und Beschleunigung locker ab. So ändern sich die Zeiten.
Enyaq und Enyaq Coupé waren einst die ersten Kolbenlosen im illustren RS-Kreis. In zweiter Generation nun haben die Škoda-Ingenieure den 4,66 Meter langen Stark-Stromern stolze 250 kW (340 PS) mitgegeben – verteilt auf zwei Achsen. Das ist das Maximum dessen, was bislang aus Mladá Boleslav auf normale Straßen kam. Die dritte Stelle auf der Tachoanzeige schaffen beide aus dem Stand in 5,4 Sekunden, rauf geht’s bis zu abgeregelten 180. Im Großen und Ganzen also noch vernünftig, aber eben auch fit für die gelegentliche Kurvenhatz.

Vorne thront man bei beiden Modellen wie Gott in Tschechien – ist aber eben dank der gut geschnittenen Sportsitze bestens für schnellere Bogenfahrten gerüstet. Auch hinten hat man reichlich Platz und wegen des serienmäßigen Glasdachs den Kopf frei. Nur der Einstieg erfordert beim Coupé eine kurze Verbeugung vor dem schick abfallenden Dach. Hinter der Bestuhlung packt der normale RS 585 Liter weg, bei geklappten Lehnen sind es gut 1,7 Kubikmeter, das Coupé schluckt 570 Liter (1,6). Falls der Gepäckraum dennoch knapp wird: Die neuen Enyaq-Modelle dürfen statt 1,4 Tonnen nun sogar 1,8 an den Haken nehmen.
Mit seinen beiden Motoren (210 kW/285 PS hinten und 80 kW/109 PS vorne) machen die Top-Modelle trotz 2,3 Tonnen Gewicht ordentlich Meter. Offiziell kommt der Enyaq RS auf mehr als 550 Kilometer (WLTP), das Coupé bietet dank besserer Aerodynamik zehn Kilometer mehr – und sieht obendrein deutlich schicker aus. Allerdings gilt Buch eins der Batterie-Bibel: Dynamik kostet Distanz. Wer nur in die Nähe der maximalen Reichweite kommen will, darf dem 79-kWh-Akku (netto) nicht ständig Volllast abverlangen. Gut 400 Kilometer indes schafft man mit durchschnittlicher Fahrweise locker.

Zwar sorgen kluge Kreisläufe dafür, dass es Zellen, E-Motor und Elektronik wohltemperiert haben. Doch egal, wie sparsam man surrt und säuselt, irgendwann ist der Akku eben leer. Am Schnellader saugt der Enyaq RS der zweiten Generation nun mit 185 kW und regeneriert sich in 26 Minuten von zehn auf 80 Prozent, an der Wallbox dauert es von null auf 100 Prozent achteinhalb Stunden.
Wie stets bei sportlichen E-Autos ist man gegen die Sünde Stromfraß nur schwer gefeit. Der Enyaq RS lenkt einen Hauch dynamischer ein als die zivilen Geschwister und sorgt hinter dem Kurvenscheitel mit klug verteilter Kraft für maximale Traktion. Auf Bodenwellen reagiert das Fahrwerk mit seinen bis zu 21 Zoll großen Rädern mittlerweile robuster als in der ersten Auflage. Vermutlich haben die Fahrwerks-Ingenieure noch mal kurz mit ihren Kollegen aus der Rallyesport-Abteilung geplaudert. Bei derart schönem Handling fällt es schwer, sparsam im Verbrauch zu bleiben.

Verfügbar in Sachen Assistenz ist alles, was man in dieser Klasse erwarten darf. Ebenfalls an Bord sind ein 5,3 Zoll großes Digital Cockpit sowie ein 13 Zoll großer Touchscreen – und serienmäßig projiziert ein Head up Display Richtungspfeile virtuell vors Auto. Das ist im Wortsinn großes Kino. Die Tür zum Enyaq RS öffnet sich ab 58.600 Euro, das Coupé kostet 2250 Euro mehr. Für das adaptive Fahrwerk und anderen technischen Feinschliff kommen auf Wunsch noch mal knapp 1500 Euro obendrauf. Fahrvergnügen hatte halt schon immer seinen Preis. Daran ändert auch ein Akku nichts.
Škoda Elroq RS die kompakte Alternative
Wer den üppigen Platz des Enyaq nicht braucht, ist mit dem 16 Zentimeter kürzeren Elroq RS womöglich besser, weil nochmals etwas sportlicher bedient. Auch den haben sie in Mladá Boleslav als Allradler auf 250 kW (340 PS) ertüchtigt und auf imposante 21-Zöller gestellt. Spurtfähigkeit und Ladeleistung sind ebenso identisch wie die giftgrelle Farb-Option „Mamba-Green“. Entscheidender Vorteil neben den kürzeren Abmessungen und dem gut zwei Zentner geringeren Gewicht: Der Elroq RS ist mit 53.050 Euro nicht nur günstiger, sondern hat obendrein das adaptive Fahrwerk ohne Aufpreis an Bord.

Derart gerüstet ist der Elroq selbst bei flottem Geschlängel kaum aus dem Lot zu bringen. Zumindest, wenn man den Fahrmodus auf Stellung „Sport“ gelegt hat. RS verpflichtet schließlich. Und ja: Sänfte samt Massagefunktion im Schalensitz ist zwar nicht unbedingt artgerecht, geht aber auch. Ab und an will man es womöglich trotz Edelstahl-Pedalerie, Carbon-Optik und Microfaser-Interieur ein bisschen kommod haben. Dass sich der Elroq RS mit 470 Litern Laderaum (umgeklappt 1580) bescheiden muss und dank des etwas schlechteren cw-Werts gegenüber dem Enyaq „nur“ 540 Kilometer weit kommt – geschenkt.

Und ob nun Enyaq oder Elroq – die tschechischen E-Autos sorgen jedenfalls für mächtig Spannung beim Absatz. 22.370 Neuzulassungen zur Jahresmitte bedeuten eine Steigerung um 132 Prozent. Aktuell fährt mehr als jeder fünfte neue Škoda vollelektrisch. Und das gerne auch flott. Auf dem deutschen Markt sehen die Tschechen bei Elroq und Enyaq einen RS-Anteil von 15 Prozent – beim Enyaq Coupé sind es sogar 35.


Škoda Enyaq RS Race – leider nur ein Einzelstück
Leider rein gar nichts für die Verkaufsstatistik kann der Enyaq RS Race tun – ein auf 1,9 Tonnen abgespecktes Einzelstück mit dicken Backen, Keramik-Bremse und mechanischen Differenzialsperren vorne und hinten. Das Innere ist ausgeräumt, die Fahrgast-Zelle eine im Wortsinn. Mehr als Überrollkäfig, Schalensitze, Feuerlöscher und Sechspunkt-Gurte sind nicht zu finden. Performance rangiert eindeutig vor Gemütlichkeit. Das Teil soll einfach nur zeigen, was mit Serientechnik so alles geht.

Kleiner Trost für alle, die sich stattdessen mit einem Serien-Enyaq bescheiden müssen: So ein RS Race ist in Sachen Verbrauch kein Vorbild, hat null Kofferraum und kommt ohne hydraulische Handbremse nur schwer ums Eck. Wofür er indes richtig taugt, ist eine Reise an der Seite von Ex-Rallye-Europameister Jan Kopecký ins Niemandsland der Fahrphysik.