Ende Februar überraschte der Marketingchef von Skoda Polska Tomasz Pyzałka die polnische Fachpresse mit einer Pressemitteilung. „Skoda Citigo-e iV traf auf Zustimmung auf dem polnischen Markt, die zu einer großen Anzahl von Kaufbestellungen geführt hatte. Zur gleichen Zeit hat der Hersteller die Verfügbarkeit von Batterien für dieses Modell beschränkt. Aus diesen beiden Gründen haben wir uns für einen Stopp der Annahme von Bestellungen für dieses Auto entschieden.“ Die von Pyzałka angesprochene große Anzahl an Bestellungen wird zumindest durch die Verkaufsstatistiken für das Jahr 2019 nicht bestätigt.
Die Marke Skoda, die zur Volkswagengruppe gehört, ist im Ranking der registrierten E-Autos des Jahres 2019 nicht einmal unter den ersten 10. Im Jahr 2019 wurden 4.322 zusätzliche Registrierungen in dieser Kategorie verzeichnet. Dies entspricht fast einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Ende Januar 2020 waren in Polen 10.232 E-PKWs und Hybridfahrzeuge des Types Plug-In erfasst.
Polnischer E-Auto Absatz nicht durch VW-Konzern geprägt
Unter den 1.490 neu registrierten E-Autos im Jahr 2019 finden sich aber kaum Fahrzeuge der Volkswagengruppe. Rund ¾ aller neuen E-Autos, die in Polen 2019 gekauft wurden, entfielen auf Carsharinganbieter und Firmenfuhrparks, die fast vollständig auf BMW i3 und Nissan Leaf setzten. Am deutlichsten wirkte sich hier die Bestellung von 700 BMW i3 für den Carsharer InnogyGo aus.
Der polnische Branchenexperte und Redakteur des Onlinemagazins www.elektrowoz.pl Łukasz Bigo ist allerdings der Meinung, dass der Citigo-e sehr gute Chancen auf dem polnischen Markt hat, da die soliden Leistungen mit einer Reichweite von rund 200 km und der gute Preis überzeugend sind. Der Redakteur verwies darauf, dass viele Leser seines Magazins das Auto bestellen wollten. Allerdings wäre der Kauf an die Auszahlung der von der Regierung 2019 angekündigten Kaufprämie gebunden. Doch dazu kam es nicht.
Dabei hat Volkswagen im Jahr 2020 in Polen Großes vor. Die Marketingchefin von Volkswagen in Polen Daria Zielaskiewicz und der Vorstandsvorsitzende Mikołaj Woźniak haben noch im Januar bekannt gegeben, dass sie im laufenden Jahr 1.400 E-Autos der Modelle Citigo-e und ID.3 in Polen verkaufen werden. Diese ehrgeizigen Pläne dürften aber inzwischen Makulatur sein, was wohl damit zusammenhängt, dass sich Volkswagen in Bezug auf die Marktstrukturen in Polen massiv verschätzt hatte.
Fehlendes Förderprogramm bremst E-Auto-Verkäufe massiv aus
Ende des letzten Jahres sollte ein Förderprogramm für private Käufer von E-Autos starten. Dabei sollten batterieangetriebene Autos mit einer Kaufprämie von bis zu 8.500 Euro gefördert werden, deren Kaufpreis nicht über 29.000 Euro liegt. Der Skoda Citigo-e iV war zu diesem Zeitpunkt mit einem Kaufpreis von unter 19 000 Euro das günstigste E-Auto in Polen. Daher erhofften sich die Volkswagengruppe, wie auch viele Experten, einen Kaufboom. Allerdings wurden daraufhin auch die Preise anderer beliebter Modelle, wie des Nissan Leaf, des Opel Corsa-e und des Kangoo ZOE nach unten angepasst, um gegebenenfalls von der Kaufprämie profitieren zu können.
Das Förderprogramm wurde aber kurz vor dem Start der Antragsannahme im Dezember 2019 auf Eis gelegt. Es ist ungewiss, ob und wann die Förderung von E-Autos in Polen startet. Experten erwarten, dass in der Neufassung des Förderprogramms die Kaufprämie massiv gekürzt wird. Maciej Mazur vom Polnischen Verband für alternative Kraftstoffe (Polskie Stowarzyszenie Paliw Alternatywnych) schätzt, dass Polen ein ähnliches Problem, wie es in der Slowakei bei der Förderung gab, vermeiden möchte. Die slowakischen Fördermittel waren nach vier Minuten weg, da der dafür vorgesehene Posten im Staatshaushalt zu niedrig war.
Skoda sieht eCitigo-e immer noch als Erfolgsgarant für Polen
Die Volkswagengruppe bekräftigt weiterhin, dass der Absatz des Skoda eCitigo-e in Polen in den nächsten Monaten um mehrere Hundert Stück zunehmen wird. Dies dürfte kaum möglich sein, wenn im Januar die gesamte Anzahl neuer Registrierungen von E-Autos und Hybridfahrzeugen nur 462 betrug. Erfahrungsgemäß entspricht in Polen die Anzahl von Neufahrzeugen etwa ¼ der Registrierungen, was bedeuten könnte, dass in Polen überhaupt nur etwas mehr als 110 E-Autos im Januar neu gekauft wurden und davon lediglich 23 Stück von privaten Nutzern registriert wurden.
Der Skoda Citigo-e hat in Polen starke Konkurrenten und viele Nachteile. Das Auto ist bei Carsharingfirmen, die die wichtigsten Kunden auf den polnischen Markt sind, unbeliebt. Andere Modelle werden stärker nachgefragt. Das gilt besonders für den Marktführer in seinem Segment, den Nissan Leaf. Nissan bietet das Modell inzwischen für weit unter 29.000 Euro an und steht damit in den Startlöchern, sofern das staatliche Förderprogramm wieder starten sollte.
Aleksandra Fedorska ist polnisch-deutsche Politologin und Publizistin. Sie arbeitet als Korrespondentin für polnische und deutsche Medien in den Fachbereichen Energiepolitik und E-Mobilität. Fedorska lebt und arbeitet im schleswig-holsteinischen Jagel und in der polnischen Stadt Poznań.