Second Life oder Recycling? Wie eine neue Software gebrauchte E-Auto-Akkus bewertet

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Audi

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Diese Frage interessiert viele, die sich mit E-Mobilität beschäftigen: Was passiert mit der Batterie, wenn das Elektroauto am Ende seiner Lebenszeit angekommen ist? Die Antwort soll eine neue Analyse-Software von Audi liefern: Die BattMAN ReLife genannte Software prüft den Gesundheitszustand („State of Health“) des Akkus innerhalb von wenigen Minuten. Der Schnellcheck als Erstdiagnose werde ab sofort in der Pilotanlage für Batterie-Recycling genutzt, die Volkswagen Group Components seit Anfang des Jahres am Standort Salzgitter betreibt, so Audi in einer aktuellen Mitteilung.

Je nach der Leistungsfähigkeit, die das Prüfsystem feststellt, kann die Hochvolt-Batterie zukünftig ganz oder in Teilen wieder in einem Fahrzeug eingesetzt werden, ein zweites Leben als mobiler oder stationärer Energiespeicher bekommen, oder das Material kann durch einen innovativen Recyclingprozess zurück in die Zellproduktion geführt werden. Die erste Version der Software BattMAN (Battery Monitoring Analysis Necessity) wurde von der Qualitätssicherung von Audi Brüssel für die schnelle und genaue Analyse der Hochvoltbatterie des Audi e-tron entwickelt. Sie wird bereits von mehreren Marken des Volkswagen Konzerns als Diagnose-Tool genutzt.

Zur Eröffnung der Pilotanlage für Batterie-Recycling am Standort Salzgitter Anfang des Jahres wurde BattMAN in Zusammenarbeit mit Recycling-Experten von Volkswagen Group Components weiterentwickelt. Nach mehreren Monaten des Programmierens und Testens war BattMAN ReLife die neue Analyse-Lösung, die nach wenigen Minuten eine belastbare Ersteinschätzung für das weitere Vorgehen liefert. Vorher hatte der Vorgang mehrere Stunden gedauert.

Nach dem Anschließen von Niedervoltsteckern prüft das Gerät, ob die Batterie überhaupt kommunikationsfähig ist und Daten übermittelt. Danach können Fehlermeldungen, Isolationswiderstand, Kapazität, Temperaturen und Zellspannungen festgestellt und angezeigt werden. „Wir können alle wichtigen Parameter Zelle für Zelle messen. Dann zeigt ein Ampelsystem den jeweiligen Zustand auf Zellebene an“, erklärt Axel Vanden Branden, Qualitätsingenieur bei Audi Brüssel: „Bei grün ist sie in Ordnung, bei gelb muss sie näher geprüft werden und bei rot ist sie nicht in Ordnung.“ Daraus ergibt sich der Gesamtzustand der Batterie. Jetzt kommen drei Möglichkeiten ins Spiel.

  • Erstens: Das sogenannte „Remanufacturing“. Das bedeutet, dass die Batterie aufgrund ihres guten bis sehr guten Leistungszustands wiederaufbereitet und danach im Rahmen einer zeitwertgerechten Reparatur als Austauschteil weiterhin in einem Elektroauto eingesetzt wird. Entsprechende Konzepte sind derzeit in Prüfung und Erarbeitung.
  • Zweitens: Das sogenannte „Second Life“. Das bedeutet, dass die Batterie noch einen mittleren bis guten Leistungsstand hat und dadurch noch jahrelang in einem „zweiten Leben“ außerhalb eines E-Autos genutzt werden kann. Das kann zum Beispiel in einer flexiblen Schnellladesäule, einem mobilen Laderoboter, einem fahrerlosen Transportsystem, einem Flurförderfahrzeug, einem Heimspeicher oder einem Notstrom-Sicherungs-System der Fall sein.
  • Drittens: Recycling in der Pilotanlage von Volkswagen Group Components in Salzgitter, wo nur die wirklich ausgedienten Akkus durch mechanische Verfahren schonend in einzelne Fraktionen wie Aluminium, Kupfer, Kunststoffe und „Schwarzes Pulver“ zerlegt werden. Das „Schwarze Pulver“ enthält die wertvollen Batterie-Rohstoffe Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt sowie Graphit, die durch spezialisierte Partner mit hydrometallurgischen Verfahren sortenrein getrennt und danach erneut zu Kathodenmaterial verarbeitet werden können.

Wir wissen, dass recycelte Batterie-Rohstoffe genauso effektiv sind wie neue. Mit dem zurückgewonnenen Material können wir in Zukunft die Versorgung unserer Zellproduktion unterstützen“, so Frank Blome, Leiter Batteriezelle und -system Volkswagen Group Components, über einen der Vorzüge der neuen Software.

Quelle: Audi – Pressemitteilung vom 30.09.2021

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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David:

Ich weiß zumindest, warum Tesla so eine Software nicht zur Verfügung stellt. Schau dir mal den letzten End of Warranty Check von Ove auf YouTube an. Da liest er eine sehr hohe Degradation bei einem recht neuen Fahrzeug aus. Neben einem Horrorverbrauch, aber das ist bekannt, dass die Bordanzeige lügt.

KleinFritzchen:

Das ist eine Pressemitteilung von Audi. Was erwartest du?

Das ist ja einfach: Dass Audi sich nicht lächerlich macht! :)

Jens:

Das ist eine Pressemitteilung von Audi. Was erwartest du?

David:

Darauf wird es hinaus laufen.

David:

Was für Selbstverständlichkeiten? Dass es das standardisiert und selbstverständlich als Service geben muss, ist klar. Aber Pionier Tesla hat so etwas seit 10 Jahren nicht, so dass man auf Fähigkeiten von Bastlern angewiesen ist. Also gut, dass jetzt mal ein Hersteller anfängt.

Daniel W.:

Wenn die E-Autos nicht nur für 5.000 Betriebsstunden, wie bei Verbrennern, sondern für 10.000 Stunden ausgelegt wären, dann könnten die Batterien auch ihr „Second Life“ im E-Auto verbringen oder nicht?

Gebrauchte E-Autos mit weniger Leistung und Reichweite für kleines Geld dürften auch Käufer finden oder?

Falls das gebrauchte E-Auto mit seiner Batterie nicht mehr zum Fahren reicht, dann doch als Hausspeicher, wenn die Anschlüsse und die Software bidirektionales Laden erlauben, danach dann Recycling.

KleinFritzchen:

Was für ein Bohei um Selbstverständlichkeiten!

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