Bereits im vergangenen Herbst war abzusehen, es bewegt sich etwas am Elektroauto-Markt. Denn Volkswagen setzte ein deutliches Zeichen: Der Preis für das Elektroauto ID.3 wurde auf unter 30.000 Euro gesenkt. Zwei Jahre zuvor verlangte VW noch rund 44.000 Euro für dasselbe Modell. Ende Januar folgte ein weiterer Schritt: VW bot den ID.3 für eine monatliche Leasingrate von nur 249 Euro an. Damit wurde das E-Auto günstiger als der VW Golf und sogar preiswerter als gebrauchte ID.3. Damit begann endgültig ein harter Preiswettbewerb bei Elektroautos in Deutschland.
Inzwischen reagieren weitere Hersteller auf diesen Trend. Fiat gewährte bereits Rabatte bis zu 3500 Euro für seinen elektrischen Kleinwagen 500e. Auch Mercedes senkte die Preise für Elektroautos um bis zu elf Prozent. Laut einer aktuellen Studie des CAR-Instituts Duisburg stiegen Preisnachlässe bei Elektroautos im Durchschnitt allein zwischen Dezember und Januar deutlich von 8,8 auf 11,8 Prozent. Die Leiterin des Instituts, Beatrix Keim, bestätigt diesen Trend.
Grund für diese deutlichen Preisnachlässe sind strengere CO₂-Vorgaben der EU, die ab 2025 gelten – mittlerweile ein wenig gestreckt wurden. Einige Automobilhersteller müssen den Anteil elektrischer Autos dennoch deutlich steigern, um teure Strafzahlungen zu umgehen. Eine einfache Lösung: E-Autos müssen preislich attraktiv genug sein, um mit klassischen Verbrenner-Modellen konkurrieren zu können, auch wenn kluge Rechner bereits wissen, dass man mit einem E-Auto langfristig günstiger unterwegs sein kann als mit einem Verbrenner.
Ganz so hart fällt die CO₂-Schranke nicht, weil sich die Industrie ein wenig Luft von politischer Seite verschafft hat. Laut einem neuen Vorschlag könnten die Jahre 2025 bis 2027 als gemeinsamer Zeitraum betrachtet werden. Hersteller könnten dann mögliche Defizite in einem Jahr später wieder ausgleichen. Eine dauerhafte Entwarnung bedeutet das allerdings nicht, denn am Ende zählt weiterhin das Gesamtergebnis.
Thomas Peckruhn, Vizepräsident des ZDK, warnt eindringlich davor, den Druck beim Absatz von Elektroautos zu senken. Hersteller könnten sonst schnell ihre Ziele aus den Augen verlieren. Er glaubt zudem nicht, dass die Industrie ihre hohen Zielvorgaben lockern wird. Daher wird der Preiskampf vermutlich weitergehen.
Besonders Autohändler leiden massiv unter dieser Situation. Denn Hersteller koppeln deren Vergütung stark an den Verkaufserfolg bei Elektroautos. Viele Händler verzichten deshalb auf ihre eigenen Gewinne und geben Rabatte direkt an Kunden weiter. Andere setzen auf Eigenzulassungen, um Quoten zu erfüllen. Peckruhn berichtet, dass Händler wirtschaftlich bereits stark belastet seien. Für 2025 rechnet er mit weiteren deutlichen Gewinnrückgängen.
Gleichzeitig bestehe die Gefahr, dass Hersteller ihre Preise noch aggressiver senken, falls sie ihre festgelegten Ziele nicht erreichen. Chinesische Anbieter und Tesla könnten diese Situation zusätzlich verschärfen. Obwohl die CO₂-Regeln für sie weniger relevant sind, stehen sie ebenfalls unter Verkaufsdruck. Beatrix Keim rechnet damit, dass diese Hersteller die Preise weiter senken werden, um ihre Verkaufszahlen zu erreichen.
Auch politische Unterstützung könnte eine Rolle spielen. Keim erwartet, dass die kommende Bundesregierung die Autobranche unterstützen wird, da viele Arbeitsplätze daran hängen. Sobald klar ist, welche Fördermaßnahmen künftig gelten, könnten auch Autokäufer ihre bisherige Zurückhaltung aufgeben. Eine aktuelle Civey-Umfrage zeigt, dass aktuell rund die Hälfte potenzieller Käufer erst abwarten will, welche Förderungen es für E-Autos geben wird.
Quelle: Automobilwoche – CO2-Ziele entschärft, doch Händler unter Druck: Rabattschlacht geht weiter