Porsche-Vorstand Khan über Deutschlands Software-Rückstand

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Sajjad Khan, IT-Vorstand von Porsche, beleuchtet im Interview mit dem Manager-Magazin die Situation der deutschen Automobilindustrie im Bereich Digitalisierung und Software. Während Konkurrenten wie Tesla, Nio und XPeng im internationalen Vergleich in der Spitzenposition stehen, wird der beste deutsche Hersteller, BMW, erst auf Platz zehn gelistet. Für Khan ist die Herausforderung klar: „Die deutsche Autoindustrie ist in einer herausfordernden Phase; insbesondere bei Digitalisierung und Software gibt es tatsächlich Nachholbedarf.“

Internationale Wettbewerber haben ihre Entwicklungsprozesse schneller an die Anforderungen der digitalen Transformation angepasst und einen bedeutenden Vorsprung erlangt. Er sieht einen zentralen Grund im Mangel an Tech-Unternehmen in Deutschland, die auf Software, Chips und neue Technologien spezialisiert sind – eine Lücke, die in den USA und China längst durch Unternehmen wie Nvidia oder Huawei gefüllt ist.

Dennoch betont Khan, dass Deutschland durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) eine neue Chance habe, verlorenen Boden gutzumachen. „Mit KI schaffen wir in kurzer Zeit, wofür wir früher zwei bis drei Jahre gebraucht hätten“, erklärt er und verweist auf das Potenzial von Small und Large Language Models, die die Entwicklungszeiten signifikant verkürzen können. Khan sieht hier die Möglichkeit, in kurzer Zeit mit den führenden Nationen mitzuhalten und möglicherweise sogar einige von ihnen zu überholen.

Für ihn ist es entscheidend, dass deutsche Automobilhersteller den Übergang vom traditionellen Hardware- zum Software-first-Ansatz schaffen, um die Softwareentwicklung von Anfang an in die Fahrzeugentwicklung zu integrieren. Dies sei der Weg, den Porsche eingeschlagen habe, so Khan, um den technologischen Rückstand wettzumachen und die Effizienz der Entwicklung zu steigern.

Khan: Deutsche Autoindustrie braucht Software-Umdenken

Um dieses Ziel zu erreichen, setzt Khan auf eine flexible Arbeitsweise, die er als „Liquid Organization“ beschreibt. Statt in festgelegten Abteilungen arbeiten die Teams bereichsübergreifend und hierarchiefrei zusammen, was zu einer deutlich schnelleren Entscheidungsfindung und höherer Flexibilität führe. „Im Gegenteil. Wir bündeln Kräfte, entscheiden schneller, arbeiten Themen flexibler ab“, so Porsches IT-Vorstand, und beschreibt diesen Ansatz als eine Art „Turbomodell“, das die Time-to-Market erheblich verkürze und den Innovationsprozess beschleunige. Für ihn ist diese Arbeitsweise ein wesentlicher Schlüssel, um die Herausforderungen der Digitalisierung erfolgreich zu bewältigen, insbesondere in einer Branche, in der Software kontinuierlich aktualisiert und angepasst wird.

In Bezug auf die Zusammenarbeit innerhalb des Volkswagen-Konzerns und darüber hinaus betont Khan, dass Partnerschaften unerlässlich sind, um die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern. Die Kooperationen von Volkswagen mit Unternehmen wie XPeng in China oder Rivian in den USA sind für Khan ein pragmatischer Weg, um auf das Know-how anderer zuzugreifen und den Entwicklungsprozess zu beschleunigen. „Collaborate and compete“ lautet Khans Strategie. Der Kunde erwarte letztlich ein erstklassiges Produkt, das alle Anforderungen an moderne Software erfüllt – unabhängig davon, wer die Software entwickelt hat.

Porsches IT-Vorstand sieht auch die Möglichkeit nationaler Allianzen, beispielsweise mit anderen deutschen Autoherstellern, für ein gemeinsames Betriebssystem und berichtet, dass er bereits mehrere Anläufe in diese Richtung unternommen habe. Ein derartiges Bündnis könnte helfen, die Softwarekompetenz im deutschen Automobilsektor zu stärken und die Abhängigkeit von ausländischen Technologiekonzernen zu verringern.

Khan äußert sich auch zu den langfristigen Perspektiven und möglichen Risiken. Er betont, dass die deutsche Automobilindustrie künftig nicht den Fehler machen dürfe, bei neuen Technologien zu zögern. Die aktuellen Entwicklungen im Bereich System-on-a-Chip und High-Performance-Computing müssten von der Branche frühzeitig aufgegriffen werden, um 2028 oder 2029 nicht überrascht auf verpasste Chancen zu blicken. Er zeigt sich optimistisch und ist überzeugt, dass die Industrie mit der nötigen Entschlossenheit den technologischen Wandel bewältigen kann: „Wir dürfen 2028 oder 2029 nicht sagen: ‚Oh, was ist jetzt passiert?‘ Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir unsere Chance nutzen werden.“

Quelle: manager-magazin – Wie der Porsche-Vorstand mit KI die Konkurrenz überholen will

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Pedro G.:

Wer in einer altbacken Blase lebt und die Zukunft vergisst hat leider keine mehr !

Stylianos K.:

Indem er all dies sagt, sagt er diplomatisch genau das, was Sie hier ansprechen. In seiner Position kann er nicht sagen: VW hat uns cariad gebracht, Milliarden für was unbrauchbares verschwendet, noch schlimmer – es hat uns den Anschluss verlieren lassen und wir sehen jetzt alt aus. Blödes VW! Er lässt das aus, setzt als gegeben, dass es so ist, ohne auf die Gründe einzugehen und sagt wie sie aufholen wollen. Darum geht es ja auch.

Hätte ich an seiner Stelle genau so gemacht.

MiMaTu:

Ja ist in der Tat so. Was die Cariad da verbrochen hat und aber auch die Machtspiele im Konzern, da müsste man sich an die eigene Nase packen.

Wenn KI die Lösung sein soll, dann können das auch die anderen. Das ist ist kein ArbeitsSieg, oder nur ein MitnahmeEffekt.

Auch das ausschließliche Konditional im seinen Sätzen deuten nichts guten an. Eine wirkliche Lösung hat man nicht, man probiert halt einfach bissl aus….

Ob das uns im Internationalen Wettbewerb hilft?

Wolfbrecht Gösebert:

Wenn IT-Vorstand Khan den Rückstand in der deutschen Softwareentwicklung beklagt und als bestes(!) Beispiel BMW nennt, die im weltweiten Vergleich auf Platz 10 stünden, dann vermeidet er vor allem zu sagen, *wie weit* der VW-Konzern zurückliegt!

Das, was er NICHT sagt, zieht sich im übrigen fast durch den ganzen Artikel:
Stattdessen spricht er bedeutungsvoll von

• einer »herausfordernden Phase in der deutschen Autoindustrie« und dabei insbesondere von »tatsächlichem Nachholbedarf bei Digitalisierung und Software«,

• »Kooperationen von Volkswagen mit Unternehmen wie XPeng in China oder Rivian in den USA«,

• von »Fehlern, die man KÜNFTIG nicht machen dürfe, bei neuen Technologien zu zögern«,

• aktuellen »Entwicklungen im Bereich System-on-a-Chip und High-Performance-Computing«, die von der Branche frühzeitig aufgegriffen werden« müssten, um 2028 oder 2029 nicht überrascht auf verpasste Chancen zu blicken,

sagt aber praktisch NICHT, dass er speziell den VW-Konzern meint und nennt vor allem NICHT das mit viellen Milliarden „aus dem Boden gestampfte“ Software-Unternehmen Cariad des Konzerns, dessen Aufgabe das alles wäre … für mich ein vielsagendes NICHTsagen :)

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