Polestar: „Unsicherheit bremst, wir brauchen Planbarkeit“

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Polestar

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Willem Baudewijns leitet das Deutschland-Geschäft der schwedisch-chinesischen Elektroauto-Marke Polestar. In einem Interview mit Edison sprach er ausführlich über die neue Strategie, die nun endlich zum Erfolg führen soll, wie sich die neuen Modelle 3 und 4 behaupten und was er sich von der neuen Regierung in Deutschland wünscht.

Baudewijns geht davon aus, dass Polestar nach mehreren enttäuschenden Jahren 2025 ein „deutliches Wachstum“ hinlegen kann, so wie es auch CEO Michael Lohscheller bei der Präsentation der neuen Strategie angekündigt hatte. Mit neuen Modellen und einem neuen Vertriebskonzept und dem Eintritt in neue Märkte wie etwa Frankreich soll Polestar weltweit wachsen.

Auf den Finger in der Wunde – Edison verwies auf das schlechte Jahr 2024, in dem Polestar nur die Hälfte seines Absatzziels erreicht hat – führte Baudewijns unter anderem die kleine Modellpalette mit nur einem Modell und die generell schwierigen Rahmenbedingungen als Gründe für den Misserfolg auf. Nun habe Polestar seit Ende des vergangenen Jahres drei Modelle im Portfolio, mit bereits positiven Auswirkungen: „Schon im vierten Quartal des vergangenen Jahres haben wir mit der Ankunft von Polestar 3 und Polestar 4 eine Belebung des Geschäfts erlebt“, so der Deutschlandchef der Geely-Tochter. Die positive Tendenz habe sich im aktuellen Jahr weiter fortgesetzt, mit einem Absatzplus von 35 Prozent in Deutschland und 76 Prozent weltweit.

Mit einem Marktanteil von 1 Prozent stehe Polestar in Deutschland „gut da, wenn man bedenkt, dass wir nicht auf dem Massenmarkt agieren, sondern uns klar im Premiumsegment positionieren“, so Baudewijns. Das SUV-Coupé Polestar 4 verkaufe sich beinahe so oft wie die Limousine Polestar 2, manche Konfigurationen seien für das Modelljahr 2025 bereits ausverkauft. Der Elektro-SUV Polestar 3 spiele jedoch „mit einem Basispreis um die 75.000 Euro in einer anderen Preisregion“ und werde sicherlich „nie ein Volumenauto werden“. Polestar 2 und 4 seien vor allem als Flottenfahrzeuge bei gewerblichen Kunden gefragt, der Polestar 3 spreche „eher selbständige Unternehmer an, Rechtsanwälte, Agenturbesitzer und Mediziner.“

Die Strafzölle für E-Autos aus China sieht Polestar gelassen, da die Autos der Marke – obwohl mit Geely eine chinesische Muttermarke am Ruder sitzt – auch in Südkorea (Polestar 4) und den USA (Polestar 3) produziert werden. „Glücklicherweise haben wir frühzeitig entschieden, unsere Produktion zu diversifizieren“, sagt Baudewijns hierzu. Der Polestar 5 hingegen, ein wohl mehr als 100.000 Euro teurer Elektro-GT, der im kommenden Jahr auf die Straße kommen soll, werde aus China kommen. Der neue Kompakt-SUV Polestar 7 wiederum soll sogar in Europa montiert werden.

„Das alles wird uns Wachstum nicht nur in Deutschland bringen“

Den Vertrieb will Polestar künftig ausbauen, neben den Markeneigenen Spaces in attraktiven Innenstadtlagen soll es die Modelle des Herstellers künftig auch bei Volvo-Händlern geben, zudem soll es aber auch weitere Spaces in größeren Städten geben. „Wir halten es für wichtig, dass wir verschiedene Zugänge zur Marke haben“, so Baudewijns hierzu. Zudem will Polestar auch das Angebot an Gebrauchtwagen ausbauen: „Käufer sind damit auf der sicheren Seite. Und Gebrauchtwagen sind für viele Menschen eine preiswerte Möglichkeit, auf ein Elektroauto zu wechseln. Das alles wird uns Wachstum nicht nur in Deutschland bringen.“

In verschiedenen europäischen Märkten hat das Unternehmen zudem Polestar Energy eingeführt, beispielsweise um das bidirektionale Laden zu fördern, was der Polestar 3 bereits beherrscht. „Es fehlen in Deutschland nur noch die Regularien, um die Technik nutzen zu können. Für uns macht das absolut Sinn – erst recht bei Elektroautos mit einem 100 kWh-Akku wie dem Polestar 3“, so Baudewijns.

Am Schluss richtet Polestars Deutschland-Chef noch ein Wort an die Politik, von der er sich „Planbarkeit“ wünscht: „Nicht nur für die Autohersteller, sondern auch für unsere Kunden ist das wichtig. Sie wollen wissen, wie die Rahmenbedingungen – was die Gesetzgebung, die Förderung von Elektroautos und die Energiepreise – nicht nur in diesem Jahr, sondern in den kommenden Jahren aussehen.“ Noch sei vieles davon unklar. „Und Unsicherheit und Unklarheit bremsen die Autokäufe und auch langfristige Investitionen durch Unternehmen. Das muss sich schnell ändern.“

Quelle: Edison – Polestar: „Wir sind gut in der Spur“

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Richard:

Und deine Ärztenachbarn sind mit Punto (!) und Skoda irgendwie repräsentativ? Meine Ärzte fahren ganz was anderes

Richard:

„Ständig ausgewechselte Bosse“? Nicht übertreiben – es wurde EINMAL gewechselt!!!

Matthias Geiger:

Ob die Hochpreisstrategie aufgehen wird zeigt der Markt. Da gibt es Andere die mehr fürs Geld bieten. Polestar sollte eher die chinesischen Preise in Europa durchsetzen.

Voltaire:

Seit Polestar hier in Deutschland erhältlich ist, höre bzw. lese ich in schöner Regelmäßigkeit von einem der ständig ausgewechselten Bosse, dass es aber spätestens in den nächsten ein, zwei Quartalen mit dem Verkauf der Fahrzeuge aber sowas von aufwärts geht, dass es garantiert zu Lieferengpässen kommen wird. Jetzt muss sich nur noch die Realität an die Ankündigungen anpassen.

Bingo:

Also meine zwei Ärztenachbarn fahren Skoda Kombi und Fiat Punto. Mein Anwalt BMW Touring. Wer kauft solche Autos tatsächlich?

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