Opel Mokka GSE Rally: Der nächste Schritt im E-Rallyesport

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Vanessa Lisa Oelmann

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  —  Lesedauer 5 min

Als Opel im Jahr 2021 den Corsa Rally Electric in den „ADAC Opel Electric Rally Cup powered by GSE“ ins Leben rief, war das ein Experiment mit Signalwirkung, denn zum ersten Mal setzte ein Autohersteller konsequent auf ein elektrisches Rallyefahrzeug in einem Markenpokal. Fünf Saisons später lässt sich eine klare Bilanz ziehen: Elektrischer Rallyesport funktioniert – und er hat sich zu einem festen Bestandteil des europäischen Motorsport-Nachwuchsprogramms entwickelt.

Seit der Debütsaison haben nunmehr 61 Fahrer:innen aus 13 Nationen teilgenommen. Der Cup etablierte sich damit als wichtiges Testfeld für Elektrotechnik unter Wettbewerbsbedingungen. Zur Saison 2026 zieht Opel nun den logischen Schlussstrich unter die erste Phase des Projekts. Der Corsa Rally Electric wird abgelöst – nicht aus Mangel an Erfolg, sondern weil es schlichtweg Zeit für eine neue Entwicklungsstufe war.

Vom Kleinwagen zum kompakten Rallye-SUV

Mit dem Mokka GSE Rally verlagert Opel den elektrischen Markenpokal erstmals auf ein größeres Fahrzeugsegment. Die Entscheidung folgt diversen sicherheitstechnischen Überlegungen: Die SUV-Karosserie bietet mehr Reserven für Batterie-Kapselung, Unterfahrschutz und den im Rallyesport geforderten Sicherheitsaufbau. Gleichzeitig können Fahrwerk und Achskinematik gegenüber dem früheren Corsa-Modell breiter ausgelegt werden, ein Vorteil auf schnellen Etappen und rauen Schotterpassagen.

Der Mokka GSE Rally ist übrigens das erste Fahrzeug, das nach dem neuen FIA-Reglement „eRally5“ entwickelt wurde. Damit schafft Opel die Grundlage für einen internationalen Einsatz elektrischer Rallyefahrzeuge, der bisher durch fehlende Regelwerke begrenzt war – also auch für andere Hersteller, die perspektivisch in diesem Feld mitmischen wollen.

Optisch tritt der Mokka GSE Rally deutlich extrovertierter auf als das Serienmodell Mokka GSE. Die auffällige „OMG GSE!“-Folierung zieht sich über die gesamte Fahrzeugflanke und dient nicht nur als Blickfang, sondern als klare Abgrenzung zum Serienfahrzeug. Das Gelb-Schwarz-Thema bleibt typisch für Opels Motorsportauftritt, wirkt hier aber durch kantige, gesprühte Grafikelemente deutlich moderner. Ein cooles Detail sind die kontrastierenden Räder: Vorne fährt das Auto auf schwarzen Felgen, hinten auf gelben. Die verbreiterten Radläufe, der sichtbare Unterfahrschutz und das insgesamt höhere optische Gewicht an Front und Heck verleihen dem Rallye-Mokka zusätzlich eine robuste, funktionsorientierte Präsenz.

Technik, die Rallye-Adrenalin in jeder Kurve erzeugt

Unter der Haube des Rallye-Newcomers arbeitet ein elektrischer Antriebsstrang mit einer Spitzenleistung von 207 kW (281 PS) und 345 Nm Drehmoment, der bereits vom Abarth 600e oder dem Alfa Romeo Junior Veloce bekannt ist. Der Wagen bleibt frontgetrieben, setzt aber auf ein mechanisches Lamellen-Sperrdifferenzial und verstärkte Antriebswellen – beides notwendig, um das hohe und sofort anliegende Drehmoment auf wechselnden Belägen kontrollierbar zu halten.

Die Energie stammt wie im Serienmodell aus einem 54 kWh fassenden NMC-Akku. Für den Rallyeeinsatz wurde hierfür eine spezielle Kapselung entwickelt, die den Akku gegen Bodenkontakt und Schläge schützt. Das Hochvoltsystem besitzt ein eigenes Überwachungsmodul, das im Fehlerfall optisch und akustisch warnt. Vorne nutzt Opel McPherson-Federbeine mit Uniball-Lagern, hinten eine Mehrlenkerachse. Für die Verzögerung kommen TM-Vierkolben-Festsättel mit 355-mm-Scheiben zum Einsatz, die auf hohe thermische Belastbarkeit und wiederholbare Bremsleistung ausgelegt sind. Partner Bilstein war an der Auslegung des Motorsport-Fahrwerks beteiligt. Die Karosserie wurde zudem für den Einbau eines FIA-Überrollkäfigs vorbereitet und mit Unterfahrschutz sowie einer Löschanlage ausgestattet.

Auf dem legendären Circuito de Jamara unweit von Madrid, wo insgesamt neunmal der Große Preis von Spanien ausgetragen wurde, dürfen wir dann den Profis über die Schulter schauen. Also Balaclava auf, Helm drüber – und schon hocke ich auf dem Beifahrersitz des Mokka GSE Rally. Neben mir am Steuer sitzt Timo Schulz, der Rally-Cup-Gewinner von 2022, der mich eine Runde über einen speziell abgesperrten Abschnitt der Strecke mitnimmt. Schulz ist sichtlich zufrieden mit dem schlechten Wetter. Der Regen hat die Asphaltoberfläche der Rennstrecke gut eingeweicht, und für ihn bedeutet das mehr Möglichkeiten, das Auto im Grenzbereich zu zeigen.

Im Innenraum herrscht typische Rallye-Reduktion. Alles, was nicht benötigt wird, wurde ausgebaut. Anstelle des serienmäßigen Touchscreens befindet sich vor uns ein Panel mit analogen Schaltern. Einer davon trägt die simple Beschriftung „Sound“. Schulz legt ihn um und augenblicklich ertönt ein lauter, künstlicher Motorsound, der an AVAS erinnert, nur deutlich lauter und greller. Die Regeln sind eindeutig: Auch ein Elektroauto muss im Rallyesport ein akustisches Signal liefern. Schade eigentlich, dass Opel diese Idee nicht in einer deutlich leiseren, weniger penetranten Variante ins Serienmodell übernommen hat, der Abarth 600e hat ja schließlich auch einen künstlichen Motorsound verpasst bekommen.

Wenn Rallyephysik und Regen den Magen tanzen lassen

Beim ersten Hütchen zeigt sich, wie leichtfüßig der Wagen auf der nassen Fahrbahn reagiert. Sobald Schulz die manuelle Handbremse zieht – eine schwarz-gelb lackierte Stange, die eher an einen Besenstiel erinnert als an ein Hightech-Bauteil – dreht sich der Mokka GSE Rally ohne jeglichen Widerstand ein. Die Haftung bricht abrupt, fast so, als hätte jemand die Fahrbahn unter uns in eine glitschige Eisplatte verwandelt.

Wir sliden, wir korrigieren, wir driften, und ich ertappe mich immer wieder dabei, laut zu quietschen vor Begeisterung. Auf der Geraden bleibt der große Aha-Moment dagegen aus. Die 207 kW / 281 PS und die 5,9 Sekunden auf 100 pressen mich nicht in den Sitz. Die Querbeschleunigung ist es, die den Unterschied macht. Dort, im Zusammenspiel aus Nässe, Setup und Schulz’ präzisen Eingriffen, kribbelt es dann doch ganz ordentlich im Bauch. Es geht im Rallyesport eben um deutlich mehr als nur brachiale Beschleunigung.

Ein Technologiesprung, der Motorsport und Serie verbindet

Mit dem Mokka GSE Rally setzt Opel seine Pionierarbeit im elektrischen Rallyesport konsequent fort. Die Ablösung des Corsa Rally Electric nach fünf Jahren ist weniger ein Abschied als ein notwendiger Technologiesprung: Mehr Sicherheitsreserven, ein belastbareres Fahrwerk und eine motorsporttaugliche Antriebsauslegung zeigen, dass Opel den elektrischen Markenpokal langfristig weiterentwickeln will.

Bemerkenswert ist die Verknüpfung zur Serie: Der reguläre Mokka GSE übernimmt nach Opel-Angaben mehrere Elemente aus dem Rallyeprogramm, darunter einige Teile aus der Fahrwerksabstimmung. So entsteht eine in der Branche recht seltene technologische Rückkopplung, bei der Motorsport nicht nur profitiert, sondern auch in die Serienfahrzeuge zurückwirkt. Ob der Mokka GSE Rally sportlich hält, was sein technisches Konzept verspricht, wird sich ab 2026 bei den Wertungsprüfungen zeigen.

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Vanessa Lisa Oelmann

Vanessa Lisa Oelmann

Vanessa Lisa Oelmann ist 27 Jahre alt und seit 2019 vollelektrisch mit ihrem BMW i3 unterwegs. Nach ihrem abgeschlossenen International Business Studium ist sie nun als freiberufliche Automobiljournalistin tätig und engagiert sich nebenher im sozialen Bereich. Zudem hat sie ein großes Faible für Luxusgüter und Fotografie. Wenn sie nicht gerade versucht, ihre Freunde und Familie zum Elektromobilistendasein zu konvertieren, ist sie meist in diversen Autohäusern oder auf Meet-Ups mit anderen (elektro)autobegeisterten Leuten anzutreffen.

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