Öko-Institut fordert mehr Impulse für Verkehrswende auf dem Land

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Michael Neißendorfer
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Der private Pkw ist in vielen ländlichen Regionen bislang unabdingbar, um verlässlich zur Arbeit, zur Schule, zum Arzt oder zum Einkaufen zu kommen. Doch um Mobilität nachhaltiger und gleichzeitig sozial gerecht zu gestalten, brauche es entsprechende Maßnahmen gegen steigende Emissionen, gegen eingeschränkte Mobilität für Menschen ohne Auto und gegen hohe Kosten für Haushalte, so das Öko-Institut in einer aktuellen Mitteilung. Auf dem Land sei ein Mix aus Elektromobilität, mehr Angeboten im öffentlichen Verkehr und von privaten Dienstleistern sowie besserer Infrastruktur für Fahrrad und zu Fuß nötig.

Ein Fünftel der Bevölkerung in Deutschland lebt auf dem Land, das etwa zwei Drittel der Gesamtlandesfläche ausmacht. Im Gegensatz zur Stadt fehlt es häufig an Mobilitätsangeboten oder diese entsprechen nicht den Bedarfen vor Ort, etwa weil nur zweimal am Tag ein Bus fährt. Daneben besteht weiterhin die Notwendigkeit die CO2-Emissionen des Verkehrssektors insgesamt zu verringern, auch in ländlichen Regionen.

Es brauche also entsprechende Maßnahmen, so das Öko-Institut, doch wie können die auf dem Land aussehen? Ein multimodaler Ansatz umfasse alternative Konzepte sowie den Ausbau der E-Mobilität.

Individuelle Lösungen auf kommunaler Ebene

Mobilitätsbedarfe in Kommunen seien so individuell wie die Umstände vor Ort – je nach Landformen, Wetterbedingungen, Altersstruktur und mehr. Dafür gelte es, die passenden Mobilitätsangebote wie etwa Carsharing, Lastenrad-Sharing oder den Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu finden.

Nelly Unger, Expertin für nachhaltige Mobilität am Öko-Institut, sieht die Vorteile partizipativer Prozesse: „Im besten Fall gibt es einen Prozess, in dem die Bürgerinnen und Bürger mitgenommen werden.“ Es biete sich zudem an, verschiedene Optionen zu testen. So können beispielsweise im sogenannten Reallabor Kommunen und Bürger:innen unter Hilfestellung von Wissenschaftler:innen transdisziplinär zusammenarbeiten und adäquate Lösungen entwickeln.

Es gebe bereits Erfolgsbeispiele, wie etwa der Aufbau eines sozialen Fahrdienstes und eines Lastenrad-Sharings in Waldburg (Baden-Württemberg), der im Rahmen des Forschungsprojekts MobiQ entstanden ist. Auch in Wunsiedel (Bayern) gibt es gleich mehrere Angebote, darunter das „Fichtelcar“ Carsharing oder den „Night Liner“ – ein Busverkehr, der zu ausgewählten Veranstaltungen auf individuellen Routen eingesetzt wird.

Um den Bedarfen zu begegnen und nachhaltige Mobilität zu fördern, müssen die Angebote allerdings auch beständig sein. Denn nur dann sei die Transformation hin zu nachhaltiger Mobilität möglich.

E-Mobilität sozialgerecht fördern

Der Zugang sowohl zum Auto als auch zu alternativen Mobilitätsangeboten sei für einkommensschwache Haushalte häufig eingeschränkt, da das eigene Auto und auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ein hoher Kostenfaktor sein können. Der Zeitfaktor spielt ebenfalls eine Rolle bei der Frage nach sozial gerechter Mobilität, da das tägliche Pendeln viel Zeit in Anspruch nehmen kann.

„Es braucht Angebote, die die Leute da abholen, wo sie stehen. Beispielsweise ist es für eine Großfamilie nicht immer einfach und attraktiv auf den Zug umzusteigen, wenn es mit dem Auto günstiger und zeitsparender wäre“, merkt Nelly Unger an.

Elektroautos seien auch auf dem Land ein zentraler Baustein für die Verkehrswende, zumal für viele die Einrichtung einer eigenen Lademöglichkeit einfacher ist als für Bewohner urbaner Gebiete. Doch die Anschaffungskosten von Neuwagen seien aktuell noch hoch, zudem gebe es noch keinen ausreichenden Gebrauchtwarenmarkt für günstige E-Autos, findet das Öko-Institut.

Das Social Leasing könnte eine Lösungsoption sein. Frankreich bietet diese Option bereits für Menschen mit mittlerem und unterem Einkommen sowie einem Arbeitsweg von mindestens 15 Kilometern an. Beim Social Leasing subventioniert der Staat Leasingverträge für E-Autos, wodurch die Leasingraten auf 100 bis 150 Euro monatlich verringert werden können. Die Wissenschaftler:innen des Öko-Instituts betrachten in einem laufenden Projekt Social Leasing Programme für fünf europäische Länder, darunter auch Deutschland.

Quelle: Öko-Institut – Pressemitteilung vom 25.03.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Peter Bigge von Berlin:

Das Land benötigt prinzipiell mehr Impulse, um der Verstädterung entgegenzuwirken, nicht nur bei der Mobilität.
Ein Leben auf dem Land bietet viele kreative Möglichkeiten.
Selbst Kuhdung ist angenehmer als urinöser Geruch im Berliner ÖPNV oder manchen Kiezen.
Baut in jedes Dorf ausreichend Ladestationen, AC reicht an zentralen Stellen, bietet faire Ladekosten an, und niemand benötigt eine teure Wallbox.
Die Elektromobilität folgt von alleine, siehe Dänemark, Holland, etc. .

Mku:

Wäre ein wichtiger Schritt. Gerade auch für ältere Personen, die aus gesundheitlichen Gründen eigentlich auf das eigene Auto verzichten sollten, aber es weiter nutzen, um sich selber zu versorgen und am Gesellschaftsleben teilnehmen zu können.
Auch Kinder wären dann weniger auf das Elterntaxi angewiesen.

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