Mercedes-Benz hat in den USA einen vorübergehenden Bestellstopp für mehrere seiner Elektroautos verhängt. Betroffen sind sowohl die Limousinen als auch die SUV-Versionen der EQS- und EQE-Modelle. Das Unternehmen nannte „aktuelle Marktbedingungen“ als Grund für diese Maßnahme, ohne ein konkretes Datum für die Wiederaufnahme des Bestellsystems zu nennen. Diese Bekanntgabe folgt auf den bereits kommunizierten Produktionsstopp der EQ-Modelle für den amerikanischen Markt.
In den letzten zwölf Monaten hat die Nachfrage nach E-Autos in den USA nachgelassen. Laut Prognosen dürfte sich dieser Trend fortsetzen, insbesondere weil steuerliche Anreize für neue und gebrauchte Elektroautos im Laufe des Herbstes auslaufen werden. Mercedes reagierte, wie bereits erwähnt, mit einem Produktionsstopp der betroffenen Modelle für den US-Markt ab dem 1. September. Gebaut werden sie in Vance, Alabama, wo auch herkömmliche Modelle mit Verbrennungsmotor vom Band laufen. Die Produktion für den Export soll an diesem Standort allerdings weitergehen.
Rund 60 Prozent der dort hergestellten Autos liefert Mercedes ins Ausland. Dank eines Handelsabkommens zwischen der EU und den USA entfallen für diese Ausfuhren bestimmte Zölle, was die Exporte wirtschaftlich attraktiv macht.
In den Vereinigten Staaten konnte Mercedes bislang nicht die erhoffte Position im Markt für Elektroautos erreichen. Modelle der EQ-Reihe stehen häufig in der Kritik: Zum einen wegen ihres Designs, zum anderen aufgrund der hohen Einstiegspreise. Diese Faktoren scheinen die Kundennachfrage zu dämpfen. Zusätzlich belastet der lange Lagerumschlag den Absatz – Händler brauchen deutlich mehr Zeit, um die E-Autos zu verkaufen als bei anderen Modellen der Marke.
Mercedes blickt auf rückläufige E-Autoabsatzzahlen in USA
Daten aus dem ersten Halbjahr zeigen rückläufige Verkaufszahlen. Vom EQS SUV wurden knapp ein Drittel weniger Einheiten ausgeliefert als im Vorjahreszeitraum. Auch beim EQE Crossover fiel der Rückgang mit über einem Drittel deutlich aus. Mercedes reagierte darauf mit kräftigen Preisnachlässen. So wurde der EQE in den Monaten April bis Juni um 18 Prozent günstiger angeboten, beim EQS waren es 15 Prozent. Trotz dieser Maßnahmen bleiben die Lagerbestände ein Problem. Die durchschnittliche Standzeit eines EQE im Autohaus liegt derzeit bei 113 Tagen. Beim EQS sind es 87 Tage. Zum Vergleich: Für alle Mercedes-Modelle zusammen liegt der Schnitt im zweiten Quartal bei 72 Tagen. Der Verkaufsdruck scheint somit höher zu sein als bei anderen Produktlinien.
Branchenkenner wie Ivan Drury von Edmunds betrachten diese Entwicklung kritisch. Er betont, dass solche Preisaktionen zwar kurzfristig den Abverkauf ankurbeln können, langfristig jedoch der Markenwahrnehmung schaden. Die Kombination aus hohen Rabatten und geringen Restwerten könne das Vertrauen in den Wiederverkaufswert schwächen. Dies gefährde nicht nur das Image, sondern auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Modellreihe.
Die Entscheidung von Mercedes, sich stärker auf Benzinmodelle und Crossover mit Verbrennungsmotor zu konzentrieren, passt zu den Präferenzen vieler US-Kund:innen. Diese zeigen sich häufig zurückhaltender beim Kauf von Elektroautos – insbesondere dann, wenn die Preisgestaltung nicht mit der Leistung oder Reichweite im Alltag mithalten kann.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Umstellung der Produktion auf Modelle mit höherer Nachfrage nachvollziehbar. Gleichzeitig deutet der Exportfokus auf eine stärkere Gewichtung internationaler Märkte hin, in denen E-Autos möglicherweise besser ankommen. Ob und wann Mercedes in den USA mit der nächsten E-Auto-Offensive startet, bleibt offen. Derzeit richtet sich der Blick des Unternehmens offenbar stärker auf Märkte, in denen sich Elektromobilität schneller etabliert.
Quelle: Automotive News – Mercedes pauses EV orders, production in U.S.