Der Wagen ist ein Statement. Zehn Quadratmeter Edelmetall. Und das, was sich Mercedes unter E-Mobilität im Premium-Segment so vorstellt. Ein Wagen der Beifall ernten wird ob der Ingenieurskunst – und Buhrufe wegen seiner Ausmaße. Das kommt halt heraus, wenn man Entwickler am Rand der Elektro-Plattform suchen lässt. Aber sie wollten in Stuttgart eben auch kein E-SUV schaffen, sondern eine Art gehobene S-Klasse mit Akku-Antrieb.
Das Ergebnis: Mercedes muss die breitesten Fußmatten der Firmengeschichte knüpfen lassen. Wo über Jahrzehnte ein massiger Kardantunnel das Abteil durchtrennte, herrscht in der Akku-Ära jede Menge Freiraum. Für Designer und Passagiere gleichermaßen. Dafür kommt man wohl nur beim Basismodell noch ganz knapp fünfstellig davon.
Trotz allen gestalterischen Feinschliffs aber ist das EQS SUV das, was man einen Wuchtbrummer nennen muss. Stolze 5,12 Meter lang, rund 2,7 Tonnen schwer – und mit 3,21 Metern Achsabstand deutlich ausladender als der gute, alte Smart. Kollateralnutzen der üppigen Dimensionen: Platz in Fülle und auf Wunsch sogar eine dritte Reihe. Mit Sitzheizung, versteht sich.
Hinter voller Bestuhlung findet, zumindest dem Auge nach, immer noch ein Golfbag Platz – eine in der Luxusklasse nach wie vor höchst wichtige Maßeinheit. Wer richtig Stauraum braucht, lässt das Gestühl elektrisch fallen. Das sorgt hinten für einen ebenen Ladeboden, erst wenn man auch noch die zweite Reihe umlegt, steigt der Untergrund leicht an. 600 Liter packt der EQS SUV in der fünfsitzigen Konfiguration weg, 2,1 Kubikmeter sind’s bei umgelegten Lehnen. Und: Achtern dürfen 1,8 Tonnen an den Haken. Ein Edel-Frachter für die ganz große Fuhre.
Die Technik teilt sich der Brummer-Benz mit der Limousine. Die Einstiegsversion drückt 245 kW ins Heck, beim 580 4Matic landen 385 kW per Torque Shift klug verteilt an beiden Achsen. Erwarten darf man wohl auch ein 560 kW starkes AMG-Modell sowie eine Maybach-Variante. Strom liefern zwei optionale Akku-Packs mit 90 und 108 kWh.
Die Reichweite jedenfalls wird – schon wegen Höhe und Gewicht – unter der des EQS liegen, allerdings noch immer deutlich oberhalb von 600 Kilometern, heißt es bei Mercedes. Und vermutlich werden beim Top-Modell weniger als fünf Sekunden vergehen, bis die dritte Ziffer im Tacho erscheint. Ob das tatsächlich nachhaltig ist, muss jeder mit sich selbst abmachen. Die meisten Exemplare werden ohnehin in den USA und China unterwegs sein. Da sieht man das mit dem Weltklima traditionell entspannter.
Am Supercharger zapft der EQS SUV bis zu 200 kW und kommt in rund einer halben Stunde von 10 auf 80 Prozent. Dass es weniger als die im Fahrbetrieb mögliche Rekuperation von 290 kW ist, liegt an der Physik deutscher Ladestationen. 400 Volt mal erlaubte 500 Ampere gibt eben 200 kW Maximum. So ein Benz kann halt mehr.
In Sachen Ambiente ohnehin. Da ist alles, wie man es von einem erklärten Premium-Modell erwartet: opulent und edel. Auch der Hyperscreen wird sich wohl in den meisten Modellen finden. Ein Cockpit im Cinemascope-Format, zu dem drei Bildschirme unter gemeinsamem Glas verschmelzen. Breitwandiger war selten ein Kommandostand. Hübscher Gag: Der Beifahrer kann auf seinem Teil bewegte Bilder schauen, während eine Kamera darüber wacht, dass der Fahrer nicht heimlich den Blick von der Straße wendet und nach drüben schielt. Tut er’s doch, wird rechts automatisch gedimmt. Pech gehabt.
Das Fahrverhalten lässt sich bislang nur vermuten. Hinterachslenkung ist jedenfalls Serie – bei dem Radstand ein Muss, will man irgendwie in ein Parkhaus kommen oder radial ähnlich beschränkte Regionen. Luftfederung gibt’s ebenfalls ab Werk. Verstellbar von zart gen hart – und auch in der Höhe variabel. Um 15 Millimeter geht’s jenseits von Tempo 120 abwärts – und wer wider Erwarten doch mal ins Gelände fährt, kann die Luft nach unten um zweieinhalb Zentimeter erweitern. Es steht allerdings zu vermuten, dass die wenigsten Exemplare jemals mehr unter die bis zu 22 Zoll großen Räder bekommen als eine fein gekieste Landhaus-Auffahrt.
Wer übrigens glaubt, er könne beim EQS SUV noch unter die mächtige Haube schauen: von wegen. Ölstand gibt’s nicht mehr zu prüfen – und der Rest der Technik ist zu kompliziert und damit Sache des Werkstattmeisters. Einzig Wischwasser belässt Mercedes noch in der Verantwortung des Fahrers. Nachgekippt wird über einen ausklappbaren Stutzen im linken Kotflügel. Werden wohl die allerwenigsten Kunden eigenhändig machen. Wo derlei Modelle bewegt werden, hat es in aller Regel Personal.