Alle Fakten zum Mercedes-Benz eActros 600

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Mercedes-Benz

Wolfgang Gomoll
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  —  Lesedauer 4 min

Der Mercedes-Benz eActros 600 kommt mit einer Batterieladung mehr als 500 Kilometer weit und will so die Reichweitenangst der Transportbranche ins Leere laufen lassen. Allerdings ist dafür auch eine entsprechende Ladeinfrastruktur nötig.

Die Feuertaufe hat ein Prototyp des Mercedes-Benz eActros 600 schon bestanden. Mit 40 Tonnen im Gepäck hat der Elektro-LKW 530 Kilometer von Stuttgart nach Bozen (Südtirol) ohne Ladestopp zurückgelegt. Das ist schon beachtlich genug, wird aber noch imposanter, sobald man sich die Topografie der Strecke vor Augen führt. Denn die führte über die Schwäbische Alb, den berüchtigten Irschenberg und dann auch noch den kompletten Brenner hinauf. Bei dieser Kletterei samt schweren Rucksack schrumpft die Reichweite und die Wärmeentwicklung der Batterie, die Belastung des Antriebsstrangs steigt.

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Diese Belastungsprobe hat der eActros 600 bestanden und zugleich der Reichweitenangst, die bei der Transportbranche allgegenwärtig ist, zumindest zu einem gewissen Grad ad absurdum geführt. Der eActros musste nur einmal laden und legte so über 1000 Kilometer zurück. Eine aerodynamisch gestaltete Fahrerkabine, die den Mercedes-Benz Stromer-Truck auch optisch von seinen Diesel-Brüdern unterscheidet, hilft bei der Reichweite.

Die Energie für diesen Dauereinsatz kommt aus drei Batteriepaketen mit jeweils 207 Kilowattstunden, die eine Gesamtkapazität von 621 kWh bereitstellen. Als Energiespeicher kommen Lithium-Eisenphosphat-(LFP)-Akkus zum Einsatz, die so robust und langlebig sind, um bis zu 1,2 Millionen Kilometer Laufleistung zu gewährleisten und dann noch einen Batteriezustand von über 80 Prozent aufweisen. Was diese Batterien außerdem so geeignet für einen Lkw-Betrieb macht, ist die Tatsache, dass über 95 Prozent der vorhandenen Kapazität ausgeschöpft werden können und so mehr Reichweite möglich ist.

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Aber auch die müssen irgendwann mal gefüllt werden. Aktuell ist es beim eActros möglich, die Energiespeicher mit maximal 400 kW zu füllen. Sobald ein Standard für das Megawattladen etabliert ist, zieht Mercedes-Benz Trucks nach und wird für den eActros ein Nachrüstpaket anbieten. Dann dauert ein Stromtanken von 20 auf 80 Prozent nur noch rund 30 Minuten und passt damit perfekt in die obligatorische Pause. Dazu kommt, dass laut Mercedes-Benz Trucks 60 Prozent der europäischen Kunden bei Langstreckenfahrten weniger als 500 Kilometer zurücklegen. Das hat auch Auswirkungen für die Lade-Infrastruktur, die für den Einsatz der E-Trucks essenziell ist. Oft können die Lkws dann bei Be- und Entladen auf Betriebshöfen oder an Container-Häfen die Akkus für die nächste Tour füllen.

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Für den Vortrieb sorgen zwei Elektromotoren beziehungsweise eine neue E-Achse mit 600 kW / 816 PS Spitzen- und immerhin 400 kW / 544 PS Dauerleistung. Um Energie auch während der Fahrt wieder in die Energiespeicher zu füllen – etwa den Brenner bergab –, stehen fünf Rekuperationsstufen zur Verfügung. Auch das One-Pedal-Fahren ist drin. Die E-Power ist nötig, da der Mercedes-Benz eActros 600 für ein Gesamtgewicht von 44 Tonnen konzipiert ist. Mit einem Standardauflieger beträgt die Nutzlast etwa 22 Tonnen. Falls nötig und gesetzlich erlaubt ist auch mehr Gewicht machbar. „Der eActros 600 zeichnet sich durch eine hochmoderne Antriebstechnologie aus, die sehr hohe Energieeffizienz und damit Profitabilität für unsere Kunden bieten kann. Damit macht er den Einstieg in die E-Mobilität für Flottenbetreiber besonders attraktiv“, jubelt Karin Rådström, CEO von Mercedes-Benz Trucks. Doch bei der Logistikbranche wird mit besonders spitzem Stift gerechnet und jeder Cent zählt.

Der eActros kostet etwa zweieinhalbmal so viel wie die Diesel-Variante. In der Regel beträgt die Einsatzzeit eines Lkw etwa fünf Jahre beziehungsweise 600.000 Kilometer. Damit die Stromer den Preisnachteil gegenüber einem Diesel wettmachen, müssen sie möglichst viel unterwegs sein. Aber auch in der Elektrowelt hat der Tag nur 24 Stunden und die (Lade-)Pausen sind vorgeschrieben. Also sind die Betriebskosten und vor allem der Strompreis sowie eine möglichst niedrige Lkw-Maut entscheidend für die Rentabilität. Man darf auch nicht vergessen, dass die Elektromotoren weniger Wartung benötigen als ein Verbrenner-Antrieb.

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Der eActros kann noch dieses Jahr bestellt werden, Ende 2024 laufen die ersten Modelle sowohl als Sattelzugmaschine als auch als Pritschenfahrgestell-Variante vom Band. Damit sind verschiedene Einsatzmöglichkeiten realisierbar. Deswegen hat Mercedes-Benz Trucks für den eActros 600 zwei unterschiedliche Nebenabtriebe entwickelt. Der elektrische Gleich- oder Wechselstrom-Nebenabtrieb, bei dem ein Wechselrichter den Gleichstrom des Hochvoltnetzes in Wechselstrom umwandelt. So können Kühlkoffer oder Kühlauflieger betrieben werden. Der elektrisch-mechanische Nebenabtrieb ist ideal für hydraulische beziehungsweise mechanische Ausrüstungen wie etwa Kippsattel-, Schubboden- oder Siloauflieger.

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Wolfgang Gomoll

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Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

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Frank:

Ein Fahrzeug bei dem der Markt ganz schnell entscheiden wird ob es Erfolg hat oder nicht.

Wenn jemand auf die gesamten Lebenskosten eines LKWs schaut, dann sind es Speditionen.

Da zählt keine Ideologie, Technik oder schönes Design — wenn es Ware von A nach B transportiert und es billiger wird als mit ein althergebrachter LKW dann wird der gekauft und genutzt.

Ich denke das ist für die Mehrheit der Spediteure die Zukunft !

Frank:

Ja da hast Du recht, sehe ich auch aus meinen Büro, wir haben über 2000 LKWs am Tag.
Wir haben schon vor über 10 Jahre angefangen die Container elektrisch zu transportieren und die Akkus wiegen jetzt nur noch die hälfte. Aber z.B. für die Kühlcontainer, Tankcontainer usw. alle die 30t und mehr haben, gibt es noch keine Lösung, leider.

chaos_user:

Die obligatorische Pause von 45 Minuten nach 4 Stunden und 11h nach weiteren 4 Stunden bleibt!

Was soll also die Schwurbelei?

Peter:

Schön wie hier versucht wird die heile Welt aus dem letzten Jahrhundert schön zu reden
und auf jeden Fall fahren die LKW mit zwei Fahren
sehen wir jeden Tag
keine Angst Jungs die E Geschichte läuft

Frank:

Das funktioniert nur wenn die LKWs fahren, wenn die stehen brennt sich der Abnehmer ein, die Leitung kann auch nicht mehr abgesichert werden, weil man die Stromaufteilung und die Anzahl der Verbraucher nicht kennt. Die Abrechnung ist nicht mehr so einfach und die Kommunikation zwischen der Ladestation und den LKWs ist komplizierter, alle LKWs müssten die gleiche Spannung haben…..

Die zwei mal 600mm² Kabel mit Steckerkühlung sind das einfachste und wenn man unter 1000Volt bleibt braucht der LKW Fahrer auch keine Schaltberechtigung. Das größere Problem ist, dass ein größerer Rastplätze mit einer 110kV Schaltanlage ausgestattet werden muss, die Transformatoren mit Mittelspannung und auch die Umrichter mit 3,75 MW für jeden LKW sind nicht so klein.

Daniel W.:

Ein Ladekabel ist sicherer, nicht dass da ein Lkw-Fahrer auf die Idee kommt und auf das Lkw-Dach steigt, um einen durch Schmutz verklemmten Stromabnehmer zu lösen.

Mich würde ein Preis- und Kostenvergleich zwischen BEV und FCEV interessieren, da es bei FCEV noch viel Geheimniskrämerei gibt – vermutlich nicht ohne Grund.

Ansonsten gibt es nicht viel zu schreiben – BEV-Lkws sind auch für den Fernverkehr in der EU die erste Wahl, wenn es um Klimaschutz und geringe Kosten geht.

Wolfbrecht Gösebert:

„… mehrere LKWs gleichzeitig mittels Stromabnehmern an die Stromleitungen/Schienen andocken …“

Halte ich für wenig realistisch: Erstens ist so ein klassischer Typ-„Fahrdraht‘ gar nicht leistungsfähig genug und zweitens: Wie soll das aussehen, wenn doch (mind.) 3 Phasen + Masse benötigt werden und zudem die Lkws oft wie „Kraut und Rüben“ und nicht „auf den Zentimeter“ stehen :) … nee, das MCS-Sytem mit Kabel und Stecker [Ziel: Bis zu 1.250 Volt Ladespannung und 3.000 Ampere Stromstärke] wirkt auf mich bei der Vielzahl der notwendigen Installationen und wg. der Skalier- und Erweiterbarkeit – v.a. auch aus Kostensicht – eher realisierbar!

brainDotExe:

Klar ist das nicht der Regelfall und auch eher für priorisierte Eillieferungen, aber auch die gibt es und müssen in Zukunft CO2 neutral abgewickelt werden.

Leser:

Eine Frage wäre für mich auch, ob bei LKWs und Bussen die Ladestationen zwangsläufig allein mit Ladekabel gelöst sein müssen, oder ob zum Beispiel Ladestationen, unter denen sich eventuell mehrere LKWs gleichzeitig mittels Stromabnehmern an die Stromleitungen/Schienen andocken können, nicht auch eine elegante Lösung wären.

Ähnlich eben dem Straßenbahnprinzip nur als Ladestation für mehrere LKWs gleichzeitig.

Frank:

Natürlich ist das gut mit den 621kWh und deck schon eine menge an fällen ab und wenn die Akkus noch größer werden und leichter kann man noch mehr Fälle abdecken.
Finde ich gut, man muss nur schnellstens an die Lademöglichkeit für LKW’s und Fernbusse arbeiten, damit die nicht mit den PKW’s um die Ladesäulen streiten, einige Hersteller arbeiten schon an 3,75MW Ladeleistung. Parkplätze braucht man natürlich auch, nicht das die Kabel bis auf den Standstreifen liegen.
Es gibt viel zutun und die Welt ist groß.

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